Afrikaner auf dem Wiener Wohnungsmarkt

Die Wohnsituation afrikanischer Zuwanderer in Wien

Tabelle 83: Afrikanische Wohnbezirke[1]

Wohnbezirk Anzahl
1. Bezirk 22
2. Bezirk 246
3. Bezirk 236
4. Bezirk 89
5. Bezirk 146
6. Bezirk 74
7. Bezirk 75
8. Bezirk 58
9. Bezirk 211
10. Bezirk 428
11. Bezirk 177
12. Bezirk 215
13. Bezirk 78
14. Bezirk 135
15. Bezirk 263
16. Bezirk 228
17. Bezirk 289
18. Bezirk 95
19. Bezirk 172
20. Bezirk 314
21. Bezirk 225
22. Bezirk 257
23. Bezirk 49

Der Großteil der Afrikaner lebt in Bezirken mit niedrigerer Wohnqualität und dementsprechend niedrigeren Mieten, die von einem höheren Zuwandereranteil geprägt sind (wie z.B. im 2., 10., 15., 17., 20. Bezirk). Je nobler die Wohngegend, um so geringer fällt die Anzahl der afrikanischen Bewohner aus (z.B. 1., 8., 13., 18., 19. und 23. Bezirk). Häufig wohnen Zuwanderer des gleichen Landes auch verstärkt im gleichen Bezirk. Damit werden soziale Netzwerke aufgebaut, die gegenseitiger Unterstützung dienen: ein Drittel aller Guineaner lebt im 10. Bezirk, 1/5 der Zairois im 11. Bezirk, ¼ der Zuwanderer aus der Côte-d’Ivoire im 9. Bezirk, Ghanaer sind im 2. und 15. Bezirk deutlich überdurchschnittlich vertreten, Nigerianer im 10. Bezirk. Afrikaner wohnen zumindest anfangs häufig bei Mitbürgern ihres Heimatlandes. Suchen sie später eine Wohnung, wissen diese besser über freie Wohnungen im näheren Umfeld Bescheid.

In ähnlicher Weise finden sich in einigen Bezirken Häufungen von Afrikanern mit gleicher Nationalsprache: 81,7% der Zuwanderer des 17. Bezirks sind anglophon, aber nur 51,4% des 11. Bezirks. Im 8. Bezirk sind 40% (genau 39,7%) der Afrikaner frankophon, im 17. Bezirk jedoch nur 8,0%.

Während bei unserer Studie 1991-93 afrikanische Zuwanderer relativ gleichmäßig über Wien verteilt waren (also in guten Wohngegenden fast genauso häufig wie in schlechten Wohngegenden vorkamen), scheinen Afrikaner nun zunehmend an den Rand der Gesellschaft und in billige Wohngegenden gedrängt zu werden. Dies ist vermutlich auch durch die Veränderung der afrikanischen Zuwanderung bedingt, da in den letzten Jahren ein starker Zuzug aus Bürgerkriegsgebieten zu verzeichnen war. Vor einem Jahrzehnt schien ein größerer Prozentsatz der hier lebenden Afrikaner aus wohlhabenden Familien zu kommen, der sich die hohen Mieten in guten Wohngegenden eher leisten konnte.

Tabelle 84: Wohnungsgrößen afrik. Zuwanderer

Wohnungsgröße Häufigkeit In %
bis 40m2 105 68,6
41-70 m2 30 19,6
71-100 m2 14 9,2
mehr als 100m2 4 2,6
Gesamt 153 100,0

Mehr als 2/3 der in Wien lebenden Afrikaner leben in kleinen Wohnungen mit weniger als 40m2 Größe.

Die Akzeptanz am Wohnungsmarkt

„Für wen suchen Sie die Wohnung? Für einen Afrikaner? Bedaure. Aber wir nehmen keine Afrikaner. Ich persönlich hätte ja nichts gegen Afrikaner, aber die Hausgemeinschaft hat sich dagegen ausgesprochen, weil es einmal Probleme mit Afrikanern gab.“

Nur ein Beispiel aus einer langen Kette negativer Reaktionen bei einer kleinen Feldstudie über die Schwierigkeiten von Afrikanern auf dem Wohnungsmarkt… Diese Studie wurde unternommen, weil wir von vielen  Klagen von bei der Wohnungssuche abgewiesenen Afrikanern hörten:

Tabelle 85: Relative Zurückweisung am Wohnungsmarkt

X von 10 Wienern vermieten keine Wohnungen an Afrikaner  In %
0 2,9
1-3 30,1
4-6 33,1
7-9 19,9
10 14,0
Gesamt 100,0

154 befragte Afrikaner (Ebermann 2000)

Einer von zwei Wienern soll somit nach Ansicht der interviewten Afrikaner keine Wohnungen an Afrikaner vergeben. Ein Drittel der Befragten nimmt  eine hochgradige Afrikanerfeindlichkeit am Wohnungsmarkt an (Zurückweisung durch mindestens 7 von 10 Wienern bei der Wohnungssuche). Folgende Faktoren spielen dabei eine wesentliche Rolle:

Die sprachliche Integration: Afrikaner mit besseren Sprachkenntnissen scheinen bessere Erfahrungen am Wiener Wohnungsmarkt zu machen und halten deutlich weniger Wiener für Afrikaner-feindlich[2].

Die Nationalsprache: Französischsprachige Afrikaner fühlen sich am Wohnungsmarkt weniger zurückgewiesen als Englischsprachige[3], was vermutlich mit ihrer meist besseren Beherrschung der deutschen Sprache zusammenhängt.

Das Einkommen: Afrikaner mit höherem Einkommen werden nach Eigeneinschätzung leichter am Wohnungsmarkt akzeptiert. Dies hängt wahrscheinlich eng mit anderen Wohngegenden und einem größeren Vertrauen der Vermieter in ihre Zahlungsfähigkeit zusammen[4].

Das Alter: Ältere fühlen sich am Wohnungsmarkt weniger diskriminiert. Dies mag damit zusammenhängen, daß sie häufig über ein höheres Einkommen verfügen bzw. inzwischen auch bereits häufiger eine akzeptable Wohnmöglichkeit gefunden haben. Am meisten diskriminiert fühlt sich die Altersgruppe, die mit dem Aufbau ihrer Existenzgrundlagen beschäftigt ist (26-35 Jahre)[5].

Die Bereitschaft zur Anpassung an lokale Verhaltensregeln: Afrikaner, die für eine verstärkte Anpassung an lokale Bräuche plädieren, denken wesentlich positiver über ihre Akzeptanz am Wohnungsmarkt. Drei Viertel der Anpassungsverweigerer (70,6%), aber „nur“ 22,8% der Anpassungsbefürworter nehmen eine hochgradige Afrikaner-Feindlichkeit auf dem Wohnungsmarkt an[6].

Tabelle 86: Assimilationsbereischaft und Einschätzung der Wohnungschancen

Zustimmung, daß Afrikaner ihr Verhalten besser anpassen sollten X von 10 Wienern vermieten ..  keine Wohnungen an Afrikaner[7]
  0 1-3 4-6 7-9 10
ja 3,8 39,2 34,2 12,7 10,1
weiß nicht 0,0 22,2 38,9 30,6 8,3
nein 5,9 5,9 17,6 29,4 41,2

Die Bildung der Afrikaner scheint bei ihrer Akzeptanz am Wohnungsmarkt kaum eine Rolle zu spielen, da sie vermutlich kaum bekannt ist. Daher werden vermutlich äußerliche und schnell erkennbare Merkmale wie Sprachbeherrschung oder gutes Einkommen andeutende bessere Kleidung bevorzugt als Selektionskriterien verwendet.

Tabelle 87: Von Afrikanern vermutete Gründe für ihre Ablehnung am Wohnungsmarkt

vermutetes Motiv Prozentsatz
vermutete Zahlungsunfähigkeit 71,4
Rassismus 63,0
Unkenntnis der Afrikaner 61,7
vermutete Anpassungsprobleme 61,0
wirkliche höhere Lautstärke 30,5
wirkliche Anpassungsprobleme 8,4

Afrikaner wissen, daß sie meist als arm eingeschätzt werden und daß dadurch Zweifel auftreten, ob sie die Miete zuverlässig bezahlen könnten. Als zweitwichtigsten Grund ihrer Zurückweisung vermuten sie Rassismus, danach die mangelnde Vertrautheit von Vermietern mit Afrikanern. Sie sind sich bewußt, daß man ihnen eine volle (kulturelle und verhaltensmäßige) Integration in die Wohngemeinschaft nur bedingt zutraut. Etwa ein Drittel der befragten Afrikaner nimmt eine größere Lebensfreude der Afrikaner an, die sich mitunter in einer höheren und von österreichischen Bürgern weitgehend unerwünschten Lautstärke auswirken kann. Wer dies als Problem sieht, neigt deutlich häufiger der Meinung zu, daß sich Afrikaner besser an lokale Bräuche anpassen sollten (75% gegenüber 54%).

Um herauszufinden, inwieweit Afrikaner ihre Ablehnung am Wohnungsmarkt richtig einschätzen, wählten wir zwei Kontrolluntersuchungen:

    • 702 Wiener wurden zur Akzeptanz von Afrikanern als Wohnungsnachbarn befragt;

    • Bernadette Ludwig und ich bewarben uns im Namen von Afrikanern für 190 ausgeschriebene verfügbare Wohnungen.

Einstellungen von Wienern gegenüber afrikanischen Mitbewohnern

Als ersten Schritt untersuchten wir die Einstellungsebene der lokalen Bevölkerung gegenüber afrikanischen Wohnungssuchenden, indem wir 702 Wiener mit Straßeninterviews befragten. In ihr drückten 26,4% der Befragten explizit aus, daß sie über afrikanische Wohnungsnachbarn eher nicht erfreut seien. Weitere 33,4% antworteten neutral. Damit waren Afrikaner die nach Türken (30,7% offene Ablehnung) am wenigsten beliebte Wohnnachbarschaft. Am seltensten der 7 Gruppen wurden Japaner als Wohnungsnachbarn abgelehnt (11,2%).

Japaner werden im direkten Vergleich von 23,6% der Befragten eher als Wohnungsnachbarn akzeptiert als Afrikaner. Zählt man die 11,2% hinzu, die weder Afrikaner noch Japaner als Nachbarn sehen möchten, kommt man auf 34,8%, welche Afrikaner als Wohnungsnachbarn ablehnen bzw. andere Zuwanderer bevorzugen. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Vergleich mit Italienern. Mehr als 1/3 der österreichischen Mieter hat somit deutliche Vorbehalte gegenüber afrikanischen Wohnungsnachbarn.

Diese Vorbehalte korrelieren in unterschiedlichem Maße mit anderen Antworten der Interviewten:

    • Assoziation der Afrikanern mit Drogenhandel und Kriminalität: Nur 11,2% derer, die Afrikaner mit Kriminalität (v.a. Drogen) assoziieren, würden sie als Wohnungsnachbarn akzeptieren. Dementsprechend kann eine positive Aufklärungsarbeit über die Ablehnung des Drogenhandels durch die meisten Afrikaner auch positive Auswirkungen auf ihre Chancen am Wohnungsmarkt haben.

    • Assoziation der Afrikaner mit Not und Elend: Möglicherweise führt auch die primäre Assoziation Afrikas und der Afrikaner mit Not und Elend, ein Bild, mit dem manche Spendenorganisationen werben, zu einer verminderten Akzeptanz am Wohnungsmarkt. Wer in Afrika v.a. einen vom Elend geplagten Kontinent sieht, in Afrikanern v.a. Menschen, die ihrer Probleme nicht Herr werden, sieht seinen eigenen Status durch den Zuzug dieser „gescheiterten“ Existenzen eher in Frage gestellt. (nur 35,6% Akzeptanz afrikanischer Wohnungsnachbarn durch „Mitfühlende“ gegenüber 40,2% Akzeptanz bei allen Interviewten). Das durch derartige Elends-Kampagnen angeregte Mitleid vermag zwar finanzielle Mittel für Menschen in der Ferne loszueisen, verringert aber gleichzeitig möglicherweise die Akzeptanz dieser Menschen in der Nähe (als Wohnungsnachbarn).

    • Akzeptanz von Afrikanern als Wohnungsnachbarn und als Familienmitglieder: Die Akzeptanz von Afrikanern als Wohnungsnachbarn korreliert am engsten mit der Akzeptanz in Freundschaft (r=0,64) und Familie (r=0,63). Daraus läßt sich schließen, daß die Wohngemeinschaft in erster Linie als ein erweiterter Familien-/Freundschaftsverband aufgefaßt wird. Man möchte prinzipiell mit Wohnungsnachbarn freundschaftliche Entwicklungen nicht ausschließen, die bis zu familiären Banden führen können. Gleichermaßen hängt das Vertrauen in die Afrikaner, lokale Werte zu respektieren, eng mit ihrer Akzeptanz als Wohnungswerber zusammen (r=0,61)..

Wer findet, daß Afrikaner ein Gewinn für Wien sind, steht ihrer Wohnnachbarschaft wesentlich positiver gegenüber (r=0,605); wer sie für vertrauenswürdig hält, genauso (r=0,545). Der eigene Status läßt sich auch durch den Status seiner Wohnungsnachbarn dokumentieren. Der Wohlhabende lebt lieber in reicheren Gegenden, der Intellektuelle in geistig lebendigeren Wohnverhältnissen. Wer Afrikaner als negativ für die Entwicklung Wiens betrachtet, sieht in afrikanischen Nachbarn einen Hinweis für den eigenen sozialen Abstieg.

Wohnakzeptanz und politische Einstellungen: Die Akzeptanz von Afrikanern als Mitbewohner ist bei denjenigen am größten, die die Einwanderungspolitik der Grünen am überzeugendsten finden und bei denen am geringsten, die besondere Sympathie für die Einwanderungspolitik der Freiheitlichen empfinden.

Tabelle 88: Ist es positiv, wenn in Ihrem Haus Afrikaner wohnen? (Zustimmung in %)

bestes Zuwanderungskonzept stimme eher zu weiß nicht stimme eher nicht zu
SPÖ 39,9 37,1 23,1
FPÖ 11,7 25,2 63,1
ÖVP 26,7 35,2 38,1
Grüne 60,7 32,1 7,1

Obwohl die ÖVP-Wien seit Jahren für eine Öffnung der Gemeindebauten für Zuwanderer ist (im Gegensatz zur SPÖ, die erst seit den Wiener Wahlen 2001 für eine sehr zögerliche Öffnung eintritt), sind ÖVP-Sympathisanten zurückhaltender gegenüber afrikanischen Nachbarn.

Akzeptanz und Bezirk. Die Akzeptanz von Afrikanern ist in Bezirken mit größeren Afrikaner-Anteilen (10., 20., 17. Bezirk) und in guten Bezirken mit den kleinsten Afrikaner-Anteilen am geringsten (1. und 23. Bezirk). Sie ist dort deutlich höher, wo eine durchschnittliche afrikanische Zuwanderung mit oft auch jüngerem Wohnpublikum gegeben ist, wie z.B. im 8. Bezirk.

Zusammenhang zwischen afrikanischer Bezirkszuwanderung und Akzeptanz

Tabelle 89: Afrik. Bezirkswohnanteil und Akzeptanz am Wohnungsmarkt

Bezirk Zahl der Afrikaner
in Bezirk
Ich finde es positiv, wenn in meinem Wohnhaus 
Afrikaner wohnen (in %)
    stimme eher zu weiß nicht stimme eher nicht zu
1 22 17,6 52,9 29,4
2 246 47,1 26,5 26,5
3 236 40,7 29,6 29,6
4 89 39,3 32,1 28,6
5 146 56,7 23,3 20,0
6 74 67,6 17,6 14,7
7 75 45,5 42,4 12,1
8 58 68,2 27,3 4,5
9 211 69,2 26,9 3,8
10 428 12,9 38,7 48,4
11 177 44,0 24,0 32,0
12 215 22,7 27,3 50,0
13 78 48,5 30,3 21,2
14 135 39,3 39,3 21,4
15 263 30,8 46,2 23,1
16 228 27,6 37,9 34,5
17 289 18,8 31,3 50,0
18 95 42,3 26,9 30,8
19 172 48,9 37,8 13,3
20 314 26,9 42,3 30,8
21 225 32,4 41,2 26,5
22 257 44,7 23,7 31,6
23 49 30,8 38,5 30,8
Gesamt 4082 40,2 33,4 26,4

Als „Afrikaner“ auf der Wohnungssuche

Erfahrungsbericht einer Feldforschung in Wien von Bernadette Ludwig und Erwin Ebermann

Wir wollten mit einer „Feldforschung“ überprüfen, ob die in den Interviews geäußerten negativen Einstellungen zu afrikanischen Nachbarn auch bei der realen Wohnungssuche auftreten.

Wir bewarben uns für 190 freie Wohnungen, die in großen Zeitungen annonciert wurden. Wir achteten aus Gründen der Repräsentativität auf eine gleichmäßige Streuung der Wohnungen über die 23 Bezirke Wiens, wie auf gleichmäßige Abdeckung von Wohnungen unterschiedlicher Größe, Kosten und Kategorie. Wir riefen zuerst als „ÖsterreicherInnen“ an und vergewisserten uns, daß die Wohnung tatsächlich sofort verfügbar wäre, falls wir den Konditionen zustimmten. Danach erst gaben wir bekannt, daß wir die Wohnung nicht für uns selbst suchten, sondern für einen afrikanischen Bekannten. Wir wollten nun die uns gegebene Zusicherung, daß die Wohnung sofort erhältlich sei, auch für diesen erhalten. Wir notierten die Häufigkeit und Art der darauf folgenden Zurückhaltung oder Ablehnung.

1. Stufe: Auf der Suche nach Mietwohnungen

Erfahrungen aus einer Feldstudie von Bernadette Ludwig

Im Rahmen einer Lehrveranstaltung[8] führte ich im Mai 2000 eine Untersuchung bezüglich eventueller Diskriminierung von Afrikanern und Afrikanerinnen am Wohnungsmarkt durch. Zu diesem Zwecke rief ich potentielle Vermieter von Wohnungen in Wien, die im Kurier und Bazar inseriert hatten, an. Zuerst erkundigte ich mich, ob das angebotene Objekt schon vergeben sei. Falls es noch keine Interessenten gab, holte ich noch einige Erkundigungen bezüglich des Appartements ein. Anschließend machte ich den Anbieter des Objekts darauf aufmerksam, daß nicht ich, sondern mein afrikanischer Bekannter Interesse an der Wohnung habe. Anschließend versuchte ich durch Fragen in Erfahrung zu bringen, ob der oder die VermieterIn etwas gegen einen afrikanischen Mieter[9] einzuwenden hätte.

Die Antworten fielen sehr unterschiedlich aus. Ich möchte auf einige Aussagen im folgenden noch etwas näher eingehen und auch einige Ergebnisse meiner Untersuchung, die auf einem Sample von 100 – im Zeitraum vom 6. bis zum 31. Mai 2000 – angebotenen Wohnungen beruht; kommentieren. Diese Studie basiert auf 48 aus dem Kurier und 52 aus dem Bazar erfolgreich kontaktierten Inseraten.

Vorab möchte ich feststellen, daß mich das Ergebnis etwas überraschte. Meine Hypothese, daß rund die Hälfte der Wiener VermieterInnen ihre Objekte nicht an Afrikaner gegen Bezahlung abgeben würden, erwies sich als unrichtig.

Rund 64 % der Wohnungseigentümer teilten mir mit, daß sie keinerlei Problem hätten, an Afrikaner zu vermieten. Ca. 25 % lehnten Mieter afrikanischer Herkunft kategorisch ab. Dabei sind aber all jene Anzeigen, die dezidiert darauf hinweisen, daß nur Inländer erwünscht sind, nicht inkludiert (Eine Mai-Ausgabe des Bazar enthielt 574 Anzeigen, 8 davon waren mit dem Hinweis versehen, daß nur inländische MieterInnen erwünscht sind.) . Die restlichen 10 % verhielten sich eher zögernd, bzw. hatte ich das Gefühl, daß ihr Angebot an einen Afrikaner zu vermieten, nicht wirklich ernst gemeint war.

Feststellen läßt sich, daß alle ImmoblienmarklerInnen auf meine Wohnungssuche für einen Afrikaner stets positiv antworteten. Warum dies so ist, mag vielleicht mit einer eventuellen Gefahr einer Diskriminierungsklage in Zusammenhang gebracht werden.

Beginnen möchte ich meine Schlußfolgerungen mit den positiven Erlebnissen. Einige der von mir kontaktierten Personen reagierten ganz erstaunt, da sie sich nicht vorstellen konnten, daß es Wiener VermieterInnen gibt, die sich weigern, an einen Afrikaner oder eine Afrikanerin zu vermieten. (Zitat: „Na des glaub’ ich nicht, gibt’s denn so etwas, für mich ist das kein Problem.“, „Na das wäre ja noch schöner, wenn man aus diesem Grund ablehnen würde.“) Viele meinten auch, daß es für sie absolut kein Problem sei, ihre Wohnung an einen Schwarzen weiterzugeben. Manchmal wurde die positive Antwort auch um die Feststellung, daß in dem Haus viele internationale Leute bzw. Ausländer lebten, ergänzt. Weiters hörte ich oft, daß die potentiellen VermieterInnen an jedermann bzw.- frau vermieten würde, solange der Zins regelmäßig bezahlt würde. Ein Mann erzählte er, daß der Vormieter ein Mann aus Ghana gewesen sei, und daß dieser sehr freundlich war. Andere wiederum reagierten auf meine Fragen mit der strikten Feststellung, daß sie (und ihre) Familien nicht ausländerfeindlich wären. Eine Dame meinte, daß ein afrikanischer Mieter in dem Haus überhaupt kein Problem sei, da dort keine alteingesessenen Mieter wohnten, sondern sich die Hausgemeinschaft ständig ändere. Ein anderer bemerkte, daß für den Hausbesitzer, den er vertrete, die Hautfarbe ganz bestimmt keine Rolle spiele, da er selbst im Ausland lebe. Wiederum eine andere Dame entgegnete mir: “Gibt’s denn so etwas? Das ist ja kein Problem. Wer war dagegen, der Makler oder der Vermieter? Gerade Afrika ist schön.“ Zu den ermutigenden Antworten gehören auch folgende: „Für mich zählt der Mensch, nicht die Hautfarbe.“, oder „Kein Problem – herzlich willkommen!“. “Kein Problem, wir machen keinen Unterschied.“

Nun zu den strittigen Kontaktaufnahmen: Oft wurde gezweifelt, ob der afrikanische Wohnungssuchende sich die Unterkunft auch leisten könne. Auch folgende Aussage irritierte mich: „Kein Problem. Ich möchte aber den Menschen kennen lernen, und möchte nicht haben, daß er ein Dealer ist.“ .Wie kann man sagen, man habe keine Schwierigkeiten einen dunkelhäutigen Mieter zu akzeptieren, wenn man die Aussage mit diesem Vorurteil verknüpft? Zu den erwähnenswerten Aussagen gehört für mich auch diese: „Prinzipiell okay. Im Haus wohnt auch ein Schwarzer, allerdings weiß ich nicht, ob das der Freund ist, oder ob die Wohnung auf ihn geht (d.h., ob er das Objekt selbst gemietet hat). Ich habe mich noch nicht damit auseinandergesetzt. Er soll mal kommen und die Wohnung anschauen, wenn sie ihm gefällt können wir dann mit dem Hausverwalter sprechen.“ (Die Dame wollte den Hausverwalter nicht vor eines eventuellen Zustandekommens des Mietvertrags kontaktieren.)

Ich möchte nun näher auf die definitiven Absagen eingehen. Einige Hausherren und Hausfrauen wollten nicht begründen, warum sie Afrikaner als Mieter ablehnen. Die meisten jedoch führten Gründe für ihre ablehnende Einstellung an. Etliche meiner Gesprächspartner meinten, sie persönlich hätten nichts gegen einen Afrikaner in ihrer Wohnung einzuwenden, jedoch der Hauseigentümer wäre damit nicht einverstanden. (Zitate: „Für mich als Vermieter ist das kein Problem, aber ich müßte Sie jetzt anlügen, der Hauseigentümer ist schon ein kleiner Rassist.“ „Ich persönlich würde es sogar bevorzugen, aber es handelt sich ja um eine Untermiete, und der Hausherr will das nicht. – Warum? – Es ist so, es ist macht keinen Sinn, wenn ich da jetzt Diskussionen anfange.“ (jüngere Frau)) Andere wiederum meinten, die bestehende Hausgemeinschaft würde einen Afrikaner als neuen Mieter nicht willkommen heißen. Teilweise wurde diese nicht-hospitable Haltung damit begründet, daß die restlichen Mieter alle ältere Personen bzw. alteingesessene Pächter wären. (Zitate: “Na – keine Ausländer. – Warum nicht? – … Es ist ein Eigentumshaus (d.h. Eigentumswohnungen), dort wohnen nur ältere Leute.“ „Nein, das würde von der Hausgemeinschaft nicht goutiert werden.“). Weitere Vermieter sprachen von ihrer persönlichen Ablehnung von Afrikanern. (Bsp.: „Nein lieber nicht. – Warum nicht? – Ich habe kein Vertrauen.“ Eine andere Frau teilte mir nach Rücksprache mit ihrem Ehegatten folgendes mit, „Ich habe schon mal an Kroaten und Türken vermietet. Die Kroaten waren schlampig, die Türken sehr nett. Aber Afrikaner liegen uns nicht.“)

Ein anderer Wohnungseigentümer meinte, er habe nichts gegen afrikanische Angestellte einzuwenden, aber an einen Studenten aus Afrika möchte er nicht vermieten; dies begründete er so: “Die jungen Leute, mit den vielen Freundschaften, wenn dann alle aus und eingehen, – das möchte ich nicht.“.

Zu den erschreckendsten Aussagen gehören folgende, die weitverbreitete Vorurteile über Afrikaner widerspiegeln. „Wenn er gut zivilisiert ist, und kein Lagerfeuer im Wohnzimmer macht, stört es mich nicht.“; „Prinzipiell habe ich nichts dagegen, wenn er in die Hausgemeinschaft hineinpaßt. Ich habe aber schon schlechte Erfahrungen gemacht, weil sie (Anm. ‚die Afrikaner‘) so laut sind, die haben eine andere Geräuschintensität. Ich würde ihn gerne sehen. Sie kennen ihn, wie ist er? Ruhig oder temperamentvoll/laut?“; „Trocken gesagt, hängt vom Zivilisationsgrad ab; das gilt aber für alle, auch für Österreicher.“. Am meisten schockierte mich aber jene Meldung (einer Frau): „Afrikaner? Da brauchen wir gar nicht mehr weiterreden. – Haben Sie schon mal eine schlechte Erfahrung gemacht? – Da brauch‘ ich nur jeden Tag die Zeitung aufschlagen.“ (Ich bin zu tiefst erschüttert, was die österreichischen Medien bewirkt haben; nicht das ich so etwas nicht vorher geahnt habe, aber diese Dame liefert mir (noch) einen Beweis für die Manifestation von Vorurteilen, die durch gewisse Medien vermittelt werden.)

Ein anderer Herr erstaunte mich mit dem Statement, „Kommt darauf an. Wir nehmen auch nicht jeden Österreicher. Es waren auch schon Barbesitzer und Zuhälter da. Ich suche mir die Leute genau aus. Danke. Wiederhören.“ (Er brachte Afrikaner in einen Kontext mit Zuhälter und dgl.! Außerdem ließ er mich gar nicht zu Wort kommen und legte gleich auf.)

Ganz allgemein läßt sich feststellen, daß fast alle den afrikanischen Mieter sehen bzw. kennen lernen wollten. Sehr oft wurden mir Fragen bezüglich seines Aufenthaltszwecks in Österreich gestellt; wobei ich die Erfahrung machte, daß ein afrikanischer Angestellter gegenüber dem afrikanischen Studenten bevorzugt wurde. (Teilweise kamen mir die Fragen auch etwas indiskret vor, z.B. wenn gefragt wurde, wo er arbeite bzw. wo/was er studiere). Auch wollte man wissen, ob er legal in Österreich ist und ob er Deutsch spräche. Ferner erkundigten sich viele WohnungsbesitzerInnen, wie lange er denn gedenke, die Wohnung zu mieten; es wurde oft befürchtet, daß er nur für eine kurze Zeit an dem Appartement interessiert sei. Außerdem wollten viele meiner GesprächspartnerInnen wissen, ob er allein einziehen werde. (Meinen Einschätzungen nach wurde es eher abgelehnt, eine Wohnung an mehrere Menschen afrikanischer Herkunft zu vermieten.) Viele Hausherren/-frauen hätten es gerne gesehen, wenn ich mit ihm in die Wohnung ziehen würde. Zitat: „Wie lange will er die Wohnung? Was macht er? Wie viele Personen? Kann er sich das leisten? … Mir wäre es lieber wenn er mit Ihnen zusammen wohnen würde.“ (Ungarische Wohnungsbesitzerin) In Häusern, in denen schon ausländische bzw. Österreicher mit ausländischer Herkunft leben, scheint es einfacher für einen Afrikaner eine Wohnung zu finden.

Einige freundliche VermieterInnen erzählten mir von ihren persönlichen Kontakten mit Ausländern bzw. Menschen anderer Hautfarben; z.B. „Wir haben auch schon an Türken, Kroaten und ‚Jugoslawen‘ vermietet.“, „Wir haben vor zwei Jahren ein indisches Kind adoptiert, daher ist uns die Wohnung zu klein geworden …“. „Wir haben im Haus ein Ausländer-Ehepaar. Sie wurden in die Gemeinschaft aufgenommen.“ „Habe prinzipiell damit kein Problem, kenne sogar den ehemaligen Sekretär vom AAI aus meiner Jugendzeit. Ich habe nichts gegen Afrikaner, habe aber schon eine schlechte Erfahrung, die Zahlungsgepflogenheiten betreffend, gemacht. Ich möchte ihn gerne kenne lernen; ich habe eine gute Menschenkenntnis.“

2. Stufe: Wohnart & Akzeptanz auf dem Wohnungsmarkt

Ein Erfahrungsbericht von Erwin Ebermann

Bernadette Ludwig ermittelte bei der Bewerbung von Afrikanern um Mietwohnungen eine spontane Ablehnungsrate von 25%. Dieser doch relativ niedrige Prozentsatz, der in krassem Mißverhältnis zu den Aussagen vieler Afrikaner steht, bewog mich, in einer 2. Stufe von 90 Wohnungsbewerbungen zu untersuchen, inwieweit die Bereitschaft, an Afrikaner Wohnungen zu vergeben, mit Einmaligkeit oder Wiederholbarkeit der „Geschäftskontakte“ zusammenhängt. Erhalten Afrikaner leichter Wohnungen, falls der Vergeber mit der Wohnungsvergabe an den Afrikaner gleichzeitig auch den Kontakt mit seiner Wohnung und der restlichen Hausgemeinschaft verliert?

Ich nahm als Arbeitshypothese an, daß Afrikaner auch beim Vorliegen von Vorurteilen leichter Wohnungen erhalten, wenn der zukünftige Kontakt zwischen Vergeber und dem afrikanischen Wohnungsbezieher weitgehend ausgeschlossen werden kann. Dies wäre z.B. beim Verkauf von Eigentumswohnungen der Fall, sofern der Verkäufer keine weiteren Wohnungen im gleichen Haus besitzt. Strukturell häufigere Kontakte lägen vor, wenn ein Hauptmieter einem Untermieter ein Zimmer oder eine Wohnung auf beschränkte Zeit vermietet. Hier sollte die Ablehnungsquote nach der Arbeitshypothese wesentlich stärker sein.

Die 90 Wohnungen waren ebenfalls über alle Bezirke verteilt und wurden in den Monaten Oktober-Jänner 2001 in der Zeitschrift Bazar annonciert.

Differenzierung zwischen Nigerianern und anderen Afrikanern

Ich ging auch der Frage nach, inwieweit zwischen Nigerianern und anderen Afrikanern differenziert wird. Nigerianer scheinen ein noch deutlich schlechteres Image als andere Afrikaner aufzuweisen. In ungefähr 1/7 der Fälle, in denen bereits informelle Zustimmung zum afrikanischen Wohnungswerber erkennbar war, kam es nach Nennung der Nationalität Nigerianer zum offensichtlichen Rückzug des Wohnungsvergebers: „Wow, aus Nigeria?! Die haben aber schon einen sehr schlechten Ruf!!!“[10] Hier scheint die weit verbreitete Assoziation von Nigerianern mit Drogenhandel verheerende Auswirkungen zu zeigen. Diese Assoziation beeinflußt allem Anschein nach auch die Wohnungssuche negativ. Wohnungsvergeber äußerten mehrmals die Befürchtung, daß bei afrikanischen Mietern mit Polizeirazzien zu rechnen sei.

Tabelle 90: Wohnart und Akzeptanz am Wohnungsmarkt

  Abgabe der Wohnung durch
Wohnungen Verkäufer Vergeber: Vormieter Vergeber: Besitzer Gesamt
Typ der Wohnung Eigentum Mietwohnung Mietwohnung  
Ablehnung in % 13,3% 20% 33,3% 22,2%
Anzahl der Ablehnenden absolut 4(1)[11] 6(1) 10(1) 20 (3)
Zögern/Ausweichen 3 6 3 12
Zusage 23 18 17 58
Gesamtzahl der Befragten 30 30 30 90

Die Tabelle zeigt den deutlichen Zusammenhang zwischen der wahrscheinlichen zukünftigen Kontakthäufigkeit zwischen Wohnungsvergeber und afrikanischem Wohnungswerber und der Ablehnung:

    • Miet- bzw. Untermietwohnungen: Vergabe durch Wohnungseigentümer. Diese Form der Vergabe erfolgt meist mit der Hinterlegung einer Kaution. Die Aufnahme eines afrikanischen Mieters führt zu einem längeren Kontakt mit dem Afrikaner, daher werden Kontaktängste bzw. Vorurteile besonders wirksam. Der Vergeber muß besonders viel Vertrauen in den Afrikaner setzen (Mietzahlungen, Instandhaltung des Mobiliars, hausgerechtes Verhalten etc.), demzufolge wirken hier sich eventuelle Vorurteile am stärksten aus. In einem von drei Fällen werden Afrikaner abgelehnt. Vermutete Probleme werden deutlich angesprochen. Der Vergeber hat nur begrenzte Möglichkeiten, sich bei der Abweisung auf die Einstellungen Anderer zu berufen, wie bei: „.. möchte es mir nicht mit anderen Mietern verderben…“

    • Miet- bzw. Untermietwohnungen: Vergabe durch Vormieter. Der Vormieter hätte durch die Vergabe an Afrikaner keinen weiteren persönlichen Kontakt mit diesem, müßte aber mitunter den Widerstand des Eigentümers überwinden. Oft überwiegt trotz spürbarer Abneigung gegenüber Afrikanern das Eigeninteresse, die Wohnung abzusetzen; daher werden nur ca. 20% der Afrikaner vom Vormieter zurückgewiesen. Dazu kommt allerdings eine Reihe von einschränkenden und schwer überprüfbaren Aussagen (in ca. 1/5 der Fälle) wie „Ich habe ja persönlich überhaupt nichts gegen Afrikaner, aber ich muß erst sehen, ob der Eigentümer etwas dagegen hat!“, wodurch eine mögliche eigene Abneigung gegen Afrikaner leichter kaschiert werden kann.

    • Eigentumswohnungen: Mit dem Verkauf von Eigentumswohnungen an Afrikaner endet meist auch schon der Kontakt zwischen Vergeber und afrikanischem Wohnungswerber. Bei hoher Identifikation mit der Hausgemeinschaft und Abneigung gegenüber Afrikanern könnte trotzdem eine Ablehnung des afrikanischen Wohnungssuchenden erfolgen. Zurückhaltend  sind auch Hausbesitzer, welche v.a. in „besseren“ Stadtteilen den Marktwert weiterer eigener Wohnungen in der gleichen Anlage erhalten möchten und die durch Aufnahme eines Afrikaners einen Preisverfall befürchten. Die Ablehnung von Afrikanern ist in diesem Wohnsegment relativ gering. Nur jeder achte Wohnungseigner scheint Afrikaner abzulehnen.

Begründung der Ablehnungen: Meist  negative Erfahrungen

Von denjenigen, welche sofort definitiv ablehnten, die Wohnung an Afrikaner zu vergeben, begründete es etwa ein Fünftel damit, schon in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit Afrikanern gemacht zu haben:

Hausbesitzerin, 3. Bezirk, 80m2-Wohnung: „Einen Neger? Nein, Neger nehmen wir keinen. Wir haben die schlechtesten Erfahrungen damit gemacht. Wir hatten das schon einige Male, wir machen das aus prinzipiellen Gründen nicht mehr.“ Frage: „Was ist Ihnen da passiert?“ Antwort: „Alles, von Rauschgift, Betrug, Mord und Totschlag. Alles ! Das ist ganz schlimm ! Telefonbetrug in der Höhe von mehreren 10.000 Schilling. Also das machen wir wirklich nicht mehr, bitte!“

Eigentümer mehrerer Wohnungen, 17. Bezirk, 53m2-Wohnung: „Ich habe im Prinzip nichts gegen Ausländer. Ich habe in einer anderen Wohnung erst heuer einen Afrikaner gehabt. Da hat sich dann herausgestellt, daß es Drogendealer sind. Die sind dann von der Polizei verhaftet worden, ich erfuhr es erst zwei Monate später, weil ich nicht da war. Dann sehe ich eine Information wie Hausdurchsuchungsbefehl. Ich habe ganz viele Wohnungsmieter gehabt aus vielen unterschiedlichen Ländern dieser Welt, aber Afrikaner möchte ich nicht mehr in der Wohnung haben.. Alle Afrikaner sagen, daß sie Geschäftsleute wären. Alle sagen, daß sie aus Sierra Leone sind, dann bekommen sie sogar Flüchtlingsunterstützung. Die Hausdurchsuchung ist so gelaufen, daß sogar ein Bett kaputtgegangen ist. Das schlimmste ist, daß die Polizei annimmt, daß Sie mit den Drogenhändlern unter einer Decke stecken. Darüber hinaus haben sie die Wohnung auch sehr sehr schmutzig hinterlassen, sogar Kakerlaken waren da. Ich wage es gar nicht mehr, meine Wohnung an Afrikaner zu vermieten.“

Eigentümer mehrerer Wohnungen, 9. Bezirk, 46m2-Wohnung: „Ich möchte ordentliche Menschen haben in diesem Haus. Ich habe Kunden gehabt, die eine Wohnung an Afrikaner vermietet haben und nur Probleme damit hatten. Wir haben Mieter gehabt, die keine Miete bezahlten. Ich habe persönlich nichts gegen Afrikaner. Wenn aber andere Mieter zu mir kommen, dann ziehe ich sie vor. Sie waren auch oft zu laut, die Nachbarn haben sich beschwert.“

Eigentümer mehrerer Wohnungen, 20. Bezirk, 61m2-Wohnung: „Afrikaner? Muß ich mir genau ansehen. Wenn ich weiß, wovon er lebt und wo er arbeitet, dann schon. Ich habe immer gesagt, daß nicht alle Afrikaner Drogendealer sind. Das ist ein Blödsinn, habe ich gesagt. Dann bin ich eines Besseren belehrt worden. Eine Sozialhelferin hat mir einen 18jährigen Burschen vermittelt, bei dem hat man dann Rauschgift gefunden. Ich seh mir die Leute jetzt sehr genau an und möchte wissen, wo sie arbeiten. Ich hatte schlechte Erfahrungen gemacht. Ich glaube immer noch nicht, daß alle Schwarzafrikaner mit Drogen handeln. Die Polizei sagt: Er lebt fünf Monate bei Ihnen, arbeitet nicht, wovon, glauben Sie, lebt er? Wenn ich weiß, wo er arbeitet, bekommt er die Wohnung.“

Eigentümer, 19. Bezirk, 77m2-Wohnung: „Ich habe einmal Probleme gehabt mit einem Afrikaner, der hat bei der UNO gearbeitet. Der hatte immer sehr viel Besuch. Das sind Nachtmenschen, haben einen anderen Rhythmus. Alle haben sich über ihn beschwert. Auch wenn Österreicher genau so laut sind, über Afrikaner beschweren sie sich. Alle sind dann ständig zu mir gelaufen, um sich zu beschweren. Ich möchte mir das nicht mehr antun.“

Die geschilderten Erfahrungen mit Afrikanern konnten in dieser Studie nicht überprüft werden. Es ist jedoch angesichts der kleinen Zahl von Afrikanern in Wien auffällig, daß viele Wohnungsvergeber schon Erfahrungen mit ihnen gesammelt haben wollen. Vielleicht möchten manche durch die Konstruktion negativer Erfahrungen dem Vorwurf des Rassismus ausweichen. Durch die  Berufung auf „Erfahrungen“ fällt es dem Gesprächspartner schwerer, die Meinungen als „Vor-Urteile“ (also als Urteile vor der Erfahrung) zu interpretieren.

Zusammenfassung der Ergebnisse von Ludwig und Ebermann

Die folgenden Zahlen entspringen den Feldforschungen von Bernadette Ludwig (n=100) sowie den Daten Ebermanns, die sich auf Mietwohnungen beziehen (n=60). 112 dieser Wohnungen wurden über den Bazar vertrieben, 48 über den Kurier. Wohnungsverge­ber über die Zeitschrift Bazar schienen dabei eine geringfügig höhere Ablehnungsquote von afrikanischen Wohnungswerbern zu zeigen als Vergeber über die Zeitschrift Kurier.

Insgesamt lehnten 41 der 160 Befragten Afrikaner trotz der Verfügbarkeit der Wohnungen ab (=25,6% der Wohnungsvergeber). Es stellt sich die Frage, inwieweit das „Eingreifen“ zweier „weißer“ österreichischen Vermittler das Ergebnis beeinflußte. Wir nehmen an, daß die Diskriminierung ohne unsere Vermittlung noch ein wenig höher ausgefallen wäre, weil wir als in dieser Gesellschaft Festverankerte eine zusätzliche Garantie für die afrikanischen Wohnungswerber darstellten.

Zusammenhang zwischen Bezirks-Zuwanderungsrate und Offenheit für afrikanische Wohnungswerber:

Zu unserer Überraschung zeigten sich keine statistisch abgesicherten Unterschiede zwischen Bezirken mit unterschiedlichem Zuwandereranteil. Wir hätten eigentlich erwartet, daß die sogenannten Nobelbezirke wie z.B. der 13. ein höheres Ausmaß an Ablehnung zeigen („Rassismus ohne Fremde“).

Tabelle 91: Zusammenhang zwischen Wohnungsgröße und Vergabebereitschaft

Vergebe Wohnung an Afrikaner Bis 40m2 41-70m2 ab 71m2
ja 35 28 37
vielleicht 6 6 7
nein 12 20 9
ja in % 66% 51,9% 69,8

Bei mittleren Wohnungsgrößen war die Zurückweisung am größten (37% Zurückweisung gegenüber „normalen“ 25,6%). Diese Wohnungen – zwischen 41 und 70 m2 groß – sind von ihrer Größe her bei Paaren ohne Kinder und Singles besonders gefragt. Je größer die Konkurrenz um die Wohnungen, desto leichter fällt der Verzicht auf den wenig begehrten Mitbewerber Afrikaner. Die Wohnsituation von Afrikanern in Wien scheint dies zu unterstreichen. Nur 19,6% der Afrikaner wohnt in Wohnungen mittlerer Größe, hingegen 68,6% in Wohnungen, die kleiner als 41 m2 sind.

Tabelle 92: Zusammenhang zwischen Mietzins und Vergabebereitschaft an Afrikaner

Vergebe Wohnung bis 400 € Miete 401- 580 € M. über 580 € Miete
ja 33 32 35
vielleicht 7 6 6
nein 13 16 12

Auch hier zeigt sich die größte Verschlossenheit gegenüber Afrikanern im mittleren und überdurchschnittlich begehrten Segment.  Die Chancen von Afrikanern auf Wohnungen sind vermutlich am größten, wo die geringste Nachfrage vorliegt: bei kleinen Substandardwohnungen und bei großen teuren Wohnungen für Besserverdienende wie z.B. afrikanische UNO-Angestellte.

Resumé:

Afrikaner werden am Wohnungsmarkt mit erheblicher Skepsis betrachtet. Alle Untersuchungsergebnisse, ob Interviews oder praktische Wohnungssuche für Afrikaner, zeigen eine spürbare Ablehnung afrikanischer Mieter und Wohnungsnachbarn (zwischen ¼ und 1/3 der Befragten). Die Gründe liegen teilweise in kulturellen Vorurteilen, teilweise in finanziellen Bedenken bezüglich der Zahlungsfähigkeit von oft marginalisierten Afrikanern. Wohnungsvergeber sind v.a. an einer absoluten Sicherheit und Rentabilität ihrer Investitionen interessiert, die sie bei afrikanischen Interessenten häufig bedroht sehen durch:

    • geringe existentielle Absicherung vieler afrikanischer Wohnungswerber: Wohnungswerber ohne festen Arbeitsplatz oder mit niedrigbezahlten und instabilen Tätigkeiten werden wegen des höheren Risikos der Nichtbezahlung der Miete weniger akzeptiert;

    • Bedenken wegen Gesetzesübertretungen und erhöhter Aufmerksamkeit der Polizei, wie bei Asylwerbern etc.

    • große Befürchtungen bezüglich möglicher illegaler Aktivitäten (offizielle einkommensgenerierende Aktivitäten sind untersagt) und möglichen Eingreifens der Exekutive;

    • befürchtete Wertekonflikte wie z.B. mangelnder Respekt gegenüber der Hausordnung (Lärm, Belästigung, Verwüstung, wilde Parties etc.)

    • schlechte Kommunikation durch fehlende Sprachkenntnisse:

    • Wer schlechter Deutsch spricht, scheint auch zu vermitteln, daß sein Verbleib in der lokalen Gesellschaft unsicherer ist und dadurch auch das Mietverhältnis weniger stabil sein könnte mit allen oben genannten Problemen

    • geringe Rekursmöglichkeiten bei Forderungen gegenüber manchen Gruppen von Afrikanern:

    • Botschaftspersonal wird von mehreren Befragten als problematisch betrachtet, da nur beschränkte rechtliche Rekursmöglichkeiten bei Nichtbezahlung der Miete gegeben sind. Eine Person berichtete, daß sie eine Wohnung praktisch verloren hätte, weil der Botschaftsangehörige trotz Nichtbezahlung der Miete nicht zum Verlassen der Wohnung bewogen werden konnte und keine rechtliche Hilfsmöglichkeit gegeben war.


[1] Personen mit Hauptwohnsitz per 31.12.200. Quelle: Bevölkerungsevidenz Wien, MA 14.

[2] 19% der Afrikaner mit besseren Deutschkenntnissen (gute oder sehr gute Deutschkenntnisse) nehmen eine hochgradige Afrikanerfeindlichkeit am Wohnungsmarkt an, aber 53,3% der Afrikaner mit schlechteren Deutschkenntnissen.  Personen mit schlechteren Deutschkenntnissen werden oft schon beim ersten Telefonkontakt abweisend behandelt. Wer besser Deutsch spricht, hat meist auch einen besser bezahlten Arbeitsplatz und dadurch auch größere  finanzielle Möglichkeiten im Wohnungsbereich.

[3] 22,5% der Frankophonen, aber 36% der Anglophonen halten Wiener am Wohnungsmarkt für hochgradig afrikanerfeindlich.

[4] 25,3% der Afrikaner mit mehr als 950 € Monatseinkommen, aber 88,1% der Afrikaner mit weniger als 450  € halten Wiener am Wohnungsmarkt für hochgradig afrikanerfeindlich.

[5] 62,8% der über 35jährigen verfügen über zumindest 950 € monatlich, aber nur 20,8% der unter 35jährigen. 9,7% der über 35jährigen halten Wiener am Wohnungsmarkt für hochgradig afrikanerfeindlich, aber 44% der 26-35jährigen.

[6] Der hohe Grad an vermuteter Ablehnung wurde erreicht, wenn Afrikaner mindestens 7 von 10 Wiener Vermietern für afrikanerfeindlich halten, die ihnen keine Wohnungen geben würden.

[7] Abfrage zu Thema: Was sollte geschehen, damit Afrikaner in Wien besser akzeptiert werden?

[8] Lehrveranstaltung von Dr. Erwin Ebermann über die Integration von Afrikanern in Wien am Institut für Kulturanthropologie der Universität Wien im SS 2000

[9] Ich gab stets an, für einen männlichen Bekannten aus Afrika eine Wohnung zu suchen.

[10] Diese Bemerkung stammte von einer Österreicherin, die nach Eigenangaben 12 Jahre in Afrika lebte. Nach der Information, daß der Wohnungswerber aus Nigeria komme, wäre sie nur unter der Bedingung bereit gewesen, an ihn zu vermieten, wenn er die Miete für volle zwei Jahre im vorhinein bezahlt hätte.

[11] Die Zahlen in Klammern bezeichnen die Zahl der Absagen, die vermutlich nur deshalb gegeben wurden, weil auf die Frage nach der Herkunft Nigerianer genannt wurde

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