Afrikanische Tanzmeisterschaften im AAI-Wien 1997
Motiv und Idee des Buches

Ich hatte zwischen 1992-1999 als Leiter der Bildungsabteilung des damaligen Afro-Asiatischen Instituts Wiens die einmalige Chance, viele Hunderte von Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund kennenzulernen, ihre Überlegungen, Anregungen und Probleme und mit ihnen gemeinsam in ca. 1000 Veranstaltungen Ansätze für ein besseres Verständnis zwischen den Kulturen zu entwickeln. Zusätzlich verbrachte ich ca. 10 Jahre in afrikanischen Kulturen in mehr als 20 afrikanischen Ländern, was mir tiefere Einblicke in die Sozialisierung unserer afrikanischen Mitmenschen erlaubte. Das Buch und die zugrundeliegende Studie sollten Stand und Barrieren des Austausches zwischen Schwarz und Weiß in Wien und Österreich aufzeigen sowie auch Möglichkeiten zu verbesserter gegenseitiger Akzeptanz (Inhaltsverzeichnis als PDF). Sehr wertvoll und bereichernd war auch das Mitwirken zahlreicher afrikanischer und nichtafrikanischer Persönlichkeiten als Co-Autoren oder Interviewer, wie z.B. der berühmte Schriftsteller Tarek Eltayeb, die Kulturmanagerin Béatrice Achaleke oder die Autorin Ishraga Mustafa Hamid.

Ist das Buch ‚Afrikaner in Wien‘ immer noch aktuell?
Es ist das Jahr 2023 und seit der Erstausgabe des Buches ‚Afrikaner in Wien – zwischen Mystifizierung und Verteufelung‘ sind knapp mehr als 20 Jahre vergangen. Das Buch basierte auf Interviews mit 154 Personen mit afrikanischem Migrationshintergrund sowie auf 712 Interviews mit Mitgliedern der Mehrheitsgesellschaft. Sein Ziel war die Darstellung der Situation von Afrikanern in den wichtigsten Lebensbereichen, ihren Erfahrungen in diesen, aber auch ihren eigenen Vorstellungen von Europa, bevor sie herkamen; ihren eigenen Einstellungen und dem Zusammenhang ihrer Einstellungen bzw. Eigenheiten und  ihrer Integrations- und Partizipationserfolge. Darüber hinaus wurden 712 Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft zu ihren Einstellungen und Erfahrungen mit Menschen mit afrikanischem Migrationshintergrund und weiteren Zuwanderergruppen befragt. 

Ist das Buch noch aktuell und erleichtert es das Buch auch heute noch, aktuelle Vorgänge zu verstehen? 

Ich glaube, dass das Buch in vielen Bereichen noch aktuell ist. Es sind heute etwas mehr Menschen der Mehrheitsgesellschaft aufgeschlossen für Menschen aus fernen Horizonten, aber die Struktur und Art der untersuchten Vorurteile scheint weitgehend gleich geblieben zu sein. Dementsprechend können und werden Schwarze nach wie vor auf Probleme bei z.B. der Wohnungs- und Arbeitssuche stoßen. 

Aber auch die Struktur und Art der Vorurteile von Schwarzen gegenüber Weißen scheint sich nur wenig verändert zu haben. Es war bei der vorliegenden Studie auffallend, dass substantielle Teile der schwarzen Befragten – vielleicht als Reaktion auf weitverbreitende Unterschätzung ihrer mentalen Fähigkeiten – sich selbst als deutlich humaner, als wesentlich weniger rassistisch, als wesentlich weniger egoistisch als Weiße empfanden. Diese Tendenzen dürften sich eher noch verstärkt haben. Moderne bei Schwarzen populäre Theorien wie Critical Whiteness gehen von der kaum belegbaren Annahme aus, dass nur Weiße rassistisch sein können, da nur diese über Macht verfügen würden. 

In gleicher Weise scheinen viele Personen, welche eigentlich optimal geeignet wären, als Brückenbauer Vermittler zwischen Schwarz und Weiß zu sein, nach wie vor die gleichen Fehler zu begehen, auf welche der Autor bereits 2002 hinwies, wie z.B. auf die oft extrem früh erfolgende Vorverurteilung des Anderen bei ersten seichten Ansätzen. Allzuschnell und vielleicht schneller als jemals zuvor werden Personen in die Schublade der Rassisten gesteckt, aus denen ein Entrinnen oft kaum möglich ist und wodurch die Gesprächsbasis mit diesen Personen oft dauerhaft beschädigt ist. Nach wie vor gibt es eine starke Tendenz – auch von Seiten von Engagierten und Sympathisierenden – in Schwarzen ewige Opfer und in Weißen ewige Täter zu sehen und auch öffentlich darzustellen, was Schwarzen bei Bewerbungen um qualifizierte Jobs mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr schadet. In modernen dynamischen Wirtschaften benötigt man starke Persönlichkeiten, welche Probleme bewältigen können, weshalb Personengruppen, welche eher als ständige Opfer der Geschichte dargestellt werden, vermutlich deutlich seltener für hochqualifizierte Managementpositionen in Betracht gezogen werden. Eine aktualisierte Version mit Tipps zum erfolgreichen Scheitern beim Bekämpfen von Vorurteilen finden Sie hier.

Was sich sicherlich gewandelt hat, ist die Zusammensetzung des schwarzen Anteils Wiens: die früher in Wien kaum vorhandene Nationalität der Somalier ist zur dynamischten afrikanischen Zuwanderergruppe geworden und der Anteil von Angehörigen der 2. oder 3. Generation ist stark angestiegen. Die Einstellungen derselben unterscheiden sich häufig von direkten Zuwanderern und können aus der vorliegenden Studie nur teilweise erschlossen werden. 

Ich habe die meisten Bereiche des Buches, welche meiner Ansicht nach noch für die Analyse der heutigen Realität von Nutzen sein können, in der Folge zum Ansehen zur Verfügung gestellt, siehe dazu die Menüs:

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