Schwarze Vorurteile gegen Weiße

Österreicher im Denken der Afrikaner

(hier als PDF)

In diesem Abschnitt werden Einstellungen afrikanischer Zuwanderer zur neuen Heimat beschrieben. Diese wurden u.a. ermittelt durch

  • Assoziationstests, bei welchen Afrikaner ersucht wurden, ihre erste spontane Gedankenverbindung zu Österreichern und Afrikanern zu nennen;
  • Umfragen, bei welchen Afrikaner Übereinstimmungen und Unterschiede zur lokalen Bevölkerung ausdrückten
  • Umfragen, in denen Afrikaner über ihre positiven wie negativen Erfahrungen mit der neuen „Heimat“ berichteten.

Assoziationen von Afrikanern mit Wienern/Österreichern

Was fällt in Wien lebenden Afrikanern spontan ein, wenn ihnen das Stichwort „Österreicher“ vorgegeben wird?

Tabelle 35: Schwarze Assoziationen mit „Österreichern“

Assoziationsgruppen Subgruppen Absolut In % Teilsummen
  mag Österreicher nicht 2 1,53  
  Rassismus 30 22,90  
  Nationalismus 2 1,53  
negativ Probleme 4 3,05  
  Negative Eigenschaften 49 37,40  
  Unwissen über Afrika 2 1,53 67,94
  Eigenschaften 6 4,58  
  Mensch 2 1,53  
neutral Geographie 1 0,76  
  Wetter 6 4,58 11,45
  positive Eigenschaften 7 5,34  
  Entwicklung 1 0,76  
  Geschichte 7 5,34  
positiv Kultur 4 3,05  
  Organisation 3 2,29  
  Reichtum 5 3,82 20,6
  N= 131 100,00 100%

Das Urteil könnte kaum negativer ausfallen und spricht für eine äußerst gestörte Beziehung.

1. Negative Assoziationen

Mehr als 2/3 der antwortenden Afrikaner verbanden mit Österreichern spontan negative Gedanken. Fast ein Viertel denkt bei Österreichern augenblicklich an gelebten Rassismus[1] (und zu einem geringeren Teil an Nationalismus) sowie an Ablehnung von Afrikanern und anderen Zuwanderern.

Die größte Gruppe (37,4% aller Antworten) assoziiert mit Österreichern negative Eigenschaften. Dabei wurden bevorzugt genannt:

  • Die menschliche Unzugänglichkeit der Österreicher (20 Nennungen). Dazu zählten Assoziationen wie verschlossen, unzugänglich, zurückhaltend, menschlich kalt, aber auch introvertiert (2 Nennungen).
  • Asoziale Einstellungen: Österreicher (12 Nennungen) werden als extrem egoistisch und nur an sich selbst interessiert wahrgenommen. Dazu gerechnet wurden Assoziationen wie asozial, egoistisch usw.
  • Der Rest der Nennungen umfaßt eine Reihe sehr unterschiedlicher Assoziationen wie faul, Angst vor Menschen, hektisch, kompliziert u.a.

2. Neutrale Assoziationen

11,45% aller Antworten waren neutral und drückten weder Nähe noch Distanz zum Österreicher aus. Dazu zählen Antworten wie etwa Schnitzel, Wien, Angaben zum Klima.

3. Positive Assoziationen

Nur ein Fünftel der antwortenden Afrikaner verbindet eher positive Gedanken mit Österreich.

  • Geschichte: Interessanterweise wurde am häufigsten auf historische Gegebenheiten oder Persönlichkeiten eingegangen, wie z.B. die Österreich-Ungarische Monarchie, Sissy oder die alte Kultur.
  • Gleich häufig wurden verschiedene als positiv empfundene Eigenschaften assoziiert: gemütlich, humorvoll, hart arbeitend wurden u.a. genannt.
  • Dahinter  kamen Assoziationen mit dem Entwicklungsstand Österreichs: Reichtum, Entwicklung und Organisation.

Die meisten Afrikaner assoziieren daher mit Österreichern fremden- und besonders afrikanerfeindliche Menschen, die Kontakten mit anderen Kulturen gegenüber verschlossen sind und als weniger sozial, wenn nicht sogar als asozial eingeschätzt werden. Positive Assoziationen haben eher mit der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung der neuen Heimat zu tun.

Das kontrastive Selbstbild – Schwarze Assoziationen zu Afrikanern und Österreichern

In unserer Umfrage befragten wir die interviewten Afrikaner auch zu ihren Assoziationen mit Afrikanern. Die beiden Assoziationsfragen zu Österreichern und Afrikanern folgten im Fragebogen unmittelbar hintereinander, weshalb viele Afrikaner die Gelegenheit nützten, von ihnen angenommene kulturelle Unterschiede kontrastiv deutlich zu machen:

Tabelle 36: Schwarze kontrastive Assoziationen Schwarz-Weiß

Assoziationstendenzen Detailgruppen absolut in % Tendenzen
  arm 17 12,50  
Afrikaner als Leidende: Opfer und bedauernswert Opfer 11 8,09  
  Problem 23 16,91 37,50
Afrikaner als Menschen mit Gefühl Gefühl 10 7,35  
  Lebensfreude 13 9,56 16,91
Der mitfühlende Afrikaner Sozial 14 10,29 10,29
Afrikaner mit positiver Weltsicht: fröhlich u.a. Positive Eigenschaften 26 19,12 19,12
  Wetter 2 1,47  
  Farbe 1 0,74  
Neutrale Antworten normaler Mensch 2 1,47  
  Geographie 2 1,47  
  Neutrale Eigenschaften 2 1,47 6,62
  Negative Eigenschaften – 4 2,94  
  Heimat 2 1,47  
Diverse Antworten Kultur 5 3,68  
  Nelson Mandela 1 0,74  
  rückständig 1 0,74 9,57
  N=  136 100%  

Die Grundtendenzen der Assoziationen zu Afrikanern sind:

·        Afrikaner als Leidende: Opfer des Schicksals und der Mächtigen

In ihren Assoziationen sehen sich Afrikaner vor allem als Leidende, als vom Schicksal und den (rassistischen) Mächtigen Bestrafte[2], als Menschen, die bis zum Hals in Problemen stecken. Vermutlich ist hierin das Gegenbild zum reichen rassistischen Westen zu sehen.

·        Afrikaner als Menschen mit Gefühl und Lebensfreude

Mehr als ein Fünftel der Befragten sieht in Afrikanern Menschen mit Gefühl, die sich freuen, begeistern und für den Anderen erwärmen können[3]. Dies erfolgt wohl auch als Kontrast zum als reich, aber menschlich als arm und kalt empfundenen Österreicher.

·        Afrikaner als mitfühlende und soziale Wesen

Vermutlich auch als Gegenstück zur fremdenfeindlichen und als nicht hilfsbereit empfundenen österreichischen Umgebung assoziieren sich etwas mehr als 10% der Afrikaner mit sehr sozial denkenden und handelnden Menschen.

·        Weitere zugeschriebene positive Eigenschaften

  • Offenheit (11 Antworten): Afrikaner werden als offener als Österreicher aufgefaßt;
    • Lockerheit (5 Antworten)
    • Unkompliziertheit (4 Antworten)
    • Einzelnennungen wie nicht zeitfixiert, freundlich, nett, gut u.ä.

Neutrale wie negative Assoziationen spielen zahlenmäßig kaum eine Rolle.

In der Gegenüberstellung der Assoziationen der Afrikaner zu Österreichern und Afrikanern werden die von Afrikanern empfundenen Kontraste noch deutlicher. Afrikaner postulieren:

  • afrikanische Menschenfreundlichkeit gegenüber österreichischer Fremde­n­ablehnung;
  • gefühlsintensive Afrikaner gegenüber „kalten“ Österreichern;
  • positiv denkende Afrikaner gegenüber pessimistischen Österreichern
  • arme afrikanische Opfer gegenüber österreichischen Unterdrückern
  • afrikanisches Elend gegenüber österreichischer organisierter Gesellschaft

Interkulturelles Lernen aus afrikanischer Sicht[4]

Das Leben in anderen Kulturen führt häufig zum Aufeinanderprallen unterschiedlicher Normen, Werte und Verhaltensformen. Der Druck und die wirtschaftliche Macht der Aufnahmegesellschaft führen oft zu vermehrten Anpassungsnotwendigkeiten der Zuwanderer. Wenn durch diese Anpassungsprozesse wesentliche identitätsstärkende Gewohnheiten aufgegeben werden müssen, können daraus psychische Konflikte und Identitätsprobleme resultieren.

Was glauben Afrikaner, von Österreich/-ern lernen zu können?

Durch welche Elemente der lokalen Gesellschaft fühlen sich afrikanische Zuwanderer bereichert? Was glauben sie, von Wien/Österreich ler­nen zu können? Worin empfinden sie vielleicht auch Defizite ihrer eigenen Gesellschaften? Sie lernen von uns spezifisch:

  • Wissen über österreichische Kultur und Tradition (39x). Darunter sind alle Bestandteile österrei­chischen Lebens aufgezählt, wie Lebens- und Ernährungsweise, Lebenseinstellung, Musik, Architektur etc.
  • große Effizienz der Gesellschaft und des Individuums (19x). Als besonders positive Elemente werden hier Pünktlichkeit, vorausschauendes Planen, Zuverlässigkeit, Organisation, wirtschaftliches Denken, Sparsamkeit und Disziplin genannt;
  • nützliche Kenntnisse (12x). Hier werden spezifisch die Möglichkeiten, in Wissenschaft, Technik und Kultur Kenntnisse erlangen zu können, hervorgehoben;
  • Sozialsystem und gesellschaftlicher Aufbau (10x). Dabei wird auf das Sozial- und Bildungssy­stem hingewiesen, aber auch auf die Offenheit zwischen den Generationen sowie auf die relativ gut funktio­nierende Demokratie;
  • Eigenschaften (10x). Hier wird ein Bündel von meist mit Ordnung und Kontrolle zusammenhän­genden Eigenschaften subsummiert wie z.B. Ordnungssinn, Selbständigkeit, Selbstbeherrschung, Vor­sicht, Verantwortung, Sauberkeit etc.

Auffallend ist die nahezu völlige Absenz von Elementen der zwischenmenschlichen Kommunikation und Fürsorge. Offensichtlich wird unsere Gesellschaft trotz all unserer Überlegenheitsgefühle in menschli­cher Hinsicht als sehr arm eingestuft. Unsere als übernehmenswert eingestuften Rosinen liegen eher in der Wis­sensvermittlung und der Organisation.

Was sollten Österreicher von Afrikanern lernen?

Afrikaner sollten beantworten, worin sie Defizite der österreichischen Gesellschaft sehen. Sie erblicken sie in:

  • den Einstellungen zum Mitmenschen (40x). Als besonders defizitär werden die Beziehungen außerhalb der Kernfamilien empfunden. Hier wird insbesonders der Mangel an Offenheit, an Toleranz, an Hilfsbereitschaft, am Sinn für Gemeinschaftsleben, Respekt und Hilfsbereitschaft für ältere Men­schen, Kontaktfreudigkeit hervorgehoben. Häufig erwähnt wurde auch die negative Einstellung dem und den Fremden gegenüber, die durch ungenügende Akzeptanz und Respektierung derselben, vie­len Vorurteilen, Mangel an Interesse für andere Kulturen gekennzeichnet ist. Auch der mangelnde Zu­sam­menhalt innerhalb der Familien wurde als verbesserungsfähig kritisiert;
  • afrikanische Landes- und Menschenkunde (34x). Es wird vielfach die Meinung vertreten, daß zu­wenig Wissen über Kultur und Denkweisen der Afrikaner in Österreich bekannt ist;
  • spezifische Eigenschaften (11x). Als Eigenschaften, die in Österreich eher als fehlend eingestuft werden, werden erwähnt: Sensibilität für Tanz und Musik, Religiösität, Spontaneität, Lust am Leben, In­tegrationsfähigkeit etc.

Die defizitäre Gesellschaft – Erfüllte und enttäuschte Er­wartungen

Meist haben Zuwanderer mehr oder weniger präzise Vorstellungen über das zukünftige Gastland. Ein Vergleich der Vorstellungen mit der späteren Realität gibt Auskünfte über Kulturschocks, die persönliche Bedeutung bestimmter Bereiche und stellt gleichzeitig ein wichtiges Spiegelbild für das ‚Gastgeber‘-Land dar. In welchen Bereichen erlebten die in Öster­reich lebenden Afrikaner ihre größten Enttäuschungen? Wo wurden sie positiv überrascht?

Tabelle 37: Erwartungen vor Migration und Realität

Sind die Österreicher verglichen mit Ihren Erwartungen vor der Ankunft …

  wesentlich mehr mehr wie er­wartet weniger wesentlich weniger Übereinstimmung von Erwartung und Realität[5]
gastfreundlich? 3 6 15 25 7 2,52
reich? 2 11 28 11 3 2,96
rassistisch? 6 16 17 15 5 3,06
informiert über Afrika? 1 5 6 26 20 1,98
hilfsbereit? 2 9 10 30 5 2,51
offen für Neues? 2 9 13 18 14 2,41
Ist – gemessen an Ihren Erwartungen – das Leben hier schwierig? 6 23 18 10 2 3,35

Die folgenden Erwartungshaltungen wurden am meisten enttäuscht:

  • die Österreicher sind wesentlich schlechter über Afrika informiert als gedacht;
  • sie sind wesentlich weniger offen für Neues;
  • sie sind wesentlich weniger gastfreundlich und viel weniger hilfsbereit;
  • das Leben hier ist für die meisten viel schwieriger als vermutet;
  • hingegen entsprach es eher den Erwartungen, daß die Österreicher (wie die anderen Europäer) rassistisch seien, im Durchschnitt machte man sich auch eher richtige Vorstellungen vom österreichischen Wohlstand.

Zur Gastfreundschaft: Die Angst und Abgrenzung des Österreichers vor dem Armen zeigt sich auch darin, daß das Urteil der relativ wohlhabenden Afrikaner[6] über die Gastfreundlichkeit des Österrei­chers deutlich positiver ausfällt als das der ärmeren. Wer der Meinung ist, daß die Österreicher gastfreundlicher als erwartet seien, verfügt im Schnitt über etwa 900 €. Wer Österreicher für weniger gastfreundlich als erwartet hält, lebt von durchschnittlich etwa 650 €  monatlich. Die Angst des Österreichers vor dem Teilen verringert sich, wenn eine auch finanziell ebenbürtige Be­ziehung vorliegt;

Zur Schwierigkeit des Lebens: Mit steigendem Wohlstand nimmt die Einschätzung der Schwierigkeit des Überlebenskampfes in Wien ab. Wer das Leben in Wien leichter als erwartet findet, verfügt im Durchschnitt über etwa 900 €  monatlich, wer es schwerer als erwartet beurteilt, monatlich über etwa 580 €;

Tabelle 38: Schichtzugehörigkeit und Meinung über Hilfsbereitschaft

Sind die Österreicher hilfsbereit? wes. mehr mehr wie erwartet weniger wes. weniger Übereinstim­mung
Unterschicht       9   2,00
Mittelschicht 1 1 3 11 3 2,26
Oberschicht 1 6 6 10 2 2,76

Je höher die soziale Schicht in den Herkunftsländern, umso eher entspricht die erlebte Hilfsbereitschaft der Österreicher den Erwartungen. Dies ließe sich erklären durch: a) die Oberschicht ist durch den leichteren Zugang zu Medien in ihren Heimatländern von vornherein besser über den Westen informiert und erwartet sich dadurch weniger; b) da Mit­glieder der Oberschicht auch in Österreich über wesentlich höhere Mittel als et­wa Mitglieder der Unterschicht verfügen, können sie leichter gleichwertige Beziehungen mit Österreichern führen. Vielleicht fällt es der Oberschicht durch leichteren Zugang zu Ausbildungswegen (Sprache, Selbstdarstellung, Schulbildung etc.) auch leich­ter, sich positiv darzustellen und wird dadurch auch öfters bei ihren Vorhaben unterstützt.

Was fehlt Afrikanern in Wien besonders, um sich heimisch zu füh­len?

  • gewohnte Bezugspersonen aus dem Herkunftsland (31x), insbesonders die Familie, die Eltern, Freunde, Frau und Bekannte;
  • herzliche und intensive zwischenmenschliche Beziehungen (23x). Insbesonders wird der Mangel an Geselligkeit der Österreicher hervorgehoben, ihre Kontaktangst, die fehlende Wärme und Sponta­ni­tät in den Beziehungen;
  • gewohnte kulturelle Elemente der Heimatregion (23x). Dazu zählen insbesonders Traditionen wie Feste, bestimmte Ernährungsarten, Musik, Tanz etc., aber auch eine beschaulichere und ruhigere Lebensweise, geprägt von positiver Weltsicht und größerem Humor;
  • gewohnte Elemente der natürlichen Umgebung (13x). Hierzu zählen insbesonders klimatische Faktoren wie höhere Durchschnittstemperaturen, Sonnentage, aber auch die spezifische Natur der Heimatländer;
  • existentielle Sicherheit (6x): Darunter wird in erster Hinsicht ein stabiler und akzeptabler Arbeits­platz verstanden.

Angesichts der existentiellen Probleme vieler Afrikaner fällt auf, daß nur selten Elemente genannt werden, die zum Bereich des täglichen Existenzkampfes ge­hö­ren, wie Arbeit, sicheres Einkommen etc. Aus den Antworten läßt sich ein großes Maß an Einsamkeit der in Österreich lebenden Afrikaner herauslesen.

Was unterdrücken Afrikaner in Österreich?

Eine bessere Integration setzt oft Kompromisse auf beiden Seiten voraus. Diese bestehen auf Seiten des Zuwanderers zum Ei­nen in der Übernahme wichtiger lokaler Verhaltensformen, zum Anderen im Ablegen mancher gewohnter Verhaltensweisen. Afrikaner verzichten auf folgende Elemente ihrer Kultur und ihres Verhaltensrepertoires, um Konflikte mit Österreichern zu vermeiden:

  • kulturelle Gewohnheiten (43x). Insbesonders wird darunter die Möglichkeit verstanden, seinen Gefühlen und seiner Kreativität zusammen mit Gleichgesinnten Ausdruck geben zu können, wobei un­ter den Anlässen spezifisch Feste und Musikveranstaltungen (Tanz, Gesang) im afrikanischen Sinne verstanden werden. Aber auch Sprache, gewohnte Ernährung, Jagd, Fabeln erzählen nach dem Essen vor dem Feuer, beten mit Freunden und Familie werden erwähnt;
  • gemeinschaftliches Leben (32x)[7]. Hier wird besonders bedauert, daß dem Wunsch nach intensi­vem gegenseitigen Austausch nicht nachgegeben werden kann, nach Kontakten, bei welchen man auch ohne Voranmeldung Besuche abstatten kann, nach Fürsorglichkeit für das Schicksal des An­dern, nach Gastfreundschaft ohne Hintergedanken, nach Einbindung in eine Gemeinschaft;
  • c. respektvoller und herzlicher Umgang mit dem Andern (14x). Die Antwortenden bedauern die man­gelnde Offenheit in den Beziehungen, die Absenz von Wärme und Hilfsbereitschaft, die körperli­che Di­stanz und Zurückhaltung der Österreicher und deren Mangel an Taktgefühl und Höflichkeit;
  • d. Spontaneität (11x). Man kann in Österreich nur schwer seinen Gefühlen freien Lauf lassen, beim Spazierengehen singen, vielleicht auch einmal lauter sprechen; ständig wird man zur Selbstkontrolle angehalten.

Bilder vom Westen in Afrika

Auch in Afrika werden viele Menschen von Vorurteilen gegenüber anderen Kulturen und auch Weißen geprägt. Es sind Bilder, die wie anderswo Medien, Erzählungen, Erfahrungen und Erklärungsversuchen des Unbekannten und Unbewußten entspringen. Manche dieser Vorurteile sind für Weiße positiv, andere eher mit Schattenseiten versehen. Die in Österreich erlebte Geringschätzung der Kulturinhalte und der Fähigkeiten der afrikanischen Mitbürger verstärkt die Tendenz zur mystischen Übersteigerung angenommener Kontraste, in denen Afrikaner als überlegen empfunden und Weiße als defizitär beurteilt werden.

Überschätzung der Weißen – So wird man zum Wunderheiler

Das oft geringe Selbstvertrauen von Afrikanern durch Überschätzung des Westlichen und Unterschätzung afrikanischer Werte und Leistungen ist offenkundig.

Es ist schwülend-heiß im kleinen Dorf Ganhoue im Nordwesten der Côte-d’Ivoire, in dem ich die lokale Sprache beschreibe. Ich liege in meiner Hängematte und analysiere aufgezeichnete Sprachelemente. Plötzlich läuft der Schneider des Ortes aufgeregt auf mich zu, seine 9jährige Tochter auf den Armen: „Lamini, Lamini (so mein örtlicher Name)! Sàa ye n d’yenmuso kin.!  A fee. (Eine Schlange hat meine Tochter gebissen. Schau, da ist sie!“)

            Ich starre ungläubig. Doch ja, meine Vermutung bestätigt sich, er erwartet sich tatsächlich Hilfe von mir. Ich war damals ein 28jähriger Student der Afrikanistik, der sich nie zuvor intensiver mit Medizin auseinandergesetzt hatte, geschweige denn mit Schlangenbissen. Ja, ich solle den Biß behandeln, sagt er deutlich. Ich wehre ab, Schweiß auf der Stirn, protestiere, sage ihm, daß ich überhaupt keine Ahnung davon hätte, noch niemals einen Schlangenbiß behandelt hätte und daher auch nicht kompetent sei. Es gäbe doch einen einheimischen Arzt, der nur ungefähr 15 km von der Ortschaft entfernt wohne. „Ja, aber der ist ein Baoule. Der kann ja nichts. Du aber bist Europäer!!. Du wirst das schon schaffen!!“ So unglaublich es klingt, ich hatte keine Chance, diese „Ehre“ abzulehnen. Mit jeder Minute, die wir diskutierten, verrann wertvolle Zeit für das Mädchen. Im Nu saß eine zuvor aufgeregte, nun aber voll beruhigte, größer werdende Dorfgemeinde um mich und das Mädchen herum. Das Ereignis nahm zunehmend den Charakter eines Volksfestes an. Ich stehe unter Schock, habe große Angst, was Falsches zu machen und denke an Bruno Kreisky und seine Last der Verantwortung bei einem terroristischen Überfall auf einen Zug osteuropäischer Juden in den 70ern. In dieser Gegend gibt es schließlich einige der gefährlichsten Schlangen der Welt wie z.B. Mambas, Speikobras und Puffottern. Was tun? Die Leute reagieren offensichtlich nicht auf meine Proteste. Ich habe das Gefühl, als Einziger in der Runde am Rande eines Nervenzusammenbruchs zu sein, alle Anderen wirken erstaunlich ruhig.

Ich muß handeln. Ich betrachte den gebissenen Fuß des Mädchens, sehe keine Blutstropfen, die ich mir erwartet hätte, aber einen Eindruck oberhalb des Knöchels. Ich ersuche eine Frau um ihr Kopftuch und schnüre den Fuß oberhalb der Bißstelle ab. Gleichzeitig bitte ich eine andere Frau, eine große Kanne Tee zu kochen, damit der Kreislauf des Mädchens gestärkt wird. Ich hole schnell mein großes Buch über Tropenmedizin, welches ich bei jeder längeren Afrika-Reise mitführe, um (eigene) Krankheiten schnell diagnostizieren und weitgehend selbst kurieren zu können, da ich mich oft in entlegenen Gegenden aufhalte. Dazu besaß ich damals ein kleines, in einem Tropengeschäft gekauftes Schlangenbißset, welches sich aus einem kleinen Skalpell und einer Art Absaugpumpe zusammensetzte[8]…. usw. Die Geschichte ging letztendlich gut aus und erwies sich als eine Art Massenhysterie. Für mich war sie ein gutes Lehrbeispiel für den bei vielen Menschen Afrikas vorhandenen Mangel an Vertrauen auf den Wert und die Leistungsfähigkeit eigener Kulturen und Menschen.

Es sind Einstellungen, die ich in auch in anderen Teilen Afrikas oft erlebte, die aber von Staat zu Staat und Volk zu Volk erheblich variieren können. Der nationalistische Stolz der Maasai mit seiner verblüffend großen Resistenz gegenüber fremden Einflüssen, der sich weitgehend religiös und machthistorisch erklären läßt, kontrastiert stark mit der westlichen Ausrichtung benachbarter Kikuyus, wie der Verwendung von Hautbleichmitteln und dem Import von Kunstschnee zu Weihnachten. Die an Dominanz in Großreichen gewohnten Manding wie die Bambara in Mali glauben meist wesentlich mehr an sich als die am Ufer der Flüsse wohnenden und stets dominierten Kelinga-Bozo-Fischer, bei denen ich Aussagen wie diese von mehreren Leuten hörte:

„Wir Afrikaner werden nie das machen können, was Ihr Weißen könnt. Ihr seid uns einfach überlegen“[9] .

Diese Tendenz einer geistigen Kapitulation wurde durch führende Vertreter afrikanischer Kulturrenaissancebewegungen verstärkt, die ihrem Eigenanspruch nach stolze Afrikaner waren, in Worten und Taten aber oft die Überlegenheit des Westens postulierten. Von Léopold Sedar Senghor, einem der Väter der Négritude, stammt z.B. der zitierte bedenkliche Satz, der die intellektuelle Überlegenheit des Westens geradezu als genetisches Merkmal sieht:

« L’émotion est nègre, comme la raison hellène. »

Trotz des verbalen und poetischen Anspruchs der Négritude, also des Stolzes auf „schwarze“ Kulturen, gibt es von Senghor oder Felix Houphouet-Boigny, dem ehemaligen großen Präsidenten der Côte-d’Ivoire, kaum Fotos, die sie ohne Anzug und Krawatte zeigen. Dabei sind gerade in ihren Regionen kunstvolle Boubous (Togen mit oft prachtvollen Stickereien) Teil der Tradition und der hohen Luftfeuchtigkeit viel besser angemessen. Man ist weit entfernt von Gandhi, der auch durch seine Kleidungswahl lokale Industrien stärken wollte[10]. Man möchte eher den Westen bei dessen Stärken beeindrucken, als eigene auszubauen. Westliche Statussymbole sind oft das Kennzeichen des erfolgreichen Mannes: Champagner-Konsum, Luxusfahrzeuge, Anzug, westliche Nahrung, Prunk bei Bauten im westlichen Stil u.a. Was also besonders hochwertig ist, muß „europäisch“ sein. Bei den Mauka der Côte-d’Ivoire erhalten besonders große Feldfrüchte das Adjektiv „twàabú“ (europäische ….). Daher scheitern oft Versuche der Importsubstitution durch lokale Produkte, da afrikanische Waren häufig als minderwertig betrachtet werden.

Diese geistige Kapitulation hält viele Afrikaner davon ab, vorhandenes Potential zum Nutzen der Menschen auszuschöpfen. Ich thematisierte diese Frage 1982 beim Kulturfestival von Ganhoue, für welches ich – aufbauend auf meiner Schlangenbißgeschichte – ein Theaterstück schrieb. Dieses Stück wurde beim Festival in der lokalen Sprache Maukakan aufgeführt. Ich hatte die Ehre, die Hauptrolle spielen zu dürfen. Die Botschaft wurde aber nur von einem kleinen Teil der vielen Zuseher im von mir gewünschten Sinne verstanden[11].

Auch Werbekampagnen innerhalb eines Landes sagen oft viel über den Stolz auf die eigene Kultur und die Einstellung zum Fremden aus. So wurde an der Côte-d’Ivoire Anfang der 80er-Jahre Maggi-Würfel in der Fernsehwerbung als Maßstab für Zivilisation verkauft (siehe auch S. 25ff).

Im oft mangelnden Stolz auf die eigene Kultur liegt ein wesentlicher Unterschied zu fernöstlichen Ländern mit gravierenden sozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen. Wer westliche Kulturimporte als Beweis der Zivilisation sieht, wird vermutlich besonders enttäuscht sein, wenn er durch eben diese Kulturen zurückgewiesen wird.

Weiße Maschinen

Europäer haben keine Gefühle und handeln rein rational und zweckdienlich. Afrikaner sind hingegen extrem menschenfreundlich.

            Ein weiteres Klischee sieht Europäer als computerähnliche Wesen, denen menschliche Gefühle fremd sind und die dementsprechend ohne Rücksicht auf die Gefühle und die Situation von Mitmenschen agieren. Die Schwarz-Weißmalerei des „kalten“ Europäers und des „mitfühlenden“ Afrikaners hörte ich sogar von Afrikanern, die sich selbst bei der Verfolgung von Oppositionellen, beim Verstoßen von Ehefrauen, durch die Nichtübernahme familiärer Verantwortung (wie als Mann gegenüber seinen Kindern) „auszeichneten“. 

            Ganhoue, Nordwest-Elfenbeinküste 1981. Eine Gruppe von Schülern und Studierenden kehrt in der Regenzeit in die Heimatdörfer zurück. Sie sind verblüfft, einen Weißen vorzufinden, der ihre Muttersprache spricht. Sie fragen mich, woher ich komme und wie ich nach Ganhoue gelangte. Mich reitet der Teufel und ich beschließe, die Grenzen ihrer Vorurteile durch Übertreibung auszuloten. Ich erzähle, daß ich aus Österreich komme, was – vom Nationalteam abgesehen – niemandem ein Begriff ist. Ich erzähle, daß Österreich in drei Zonen aufgeteilt sei: einen Norden, in dem die Männer wohnen, einen Süden, in welchem die Frauen leben und einen mittleren Teil, in welchem die Alten zuhause sind. Staunen, aber keine Proteste und Widersprüche… Fragen, warum dies so sei. Ich erzähle, daß sich Mann und Frau durch die Trennung gegenseitig nicht vom Arbeiten abhielten, was den Zuhörern einsichtig ist. Dadurch könne die Wirtschaft besser vorangetrieben werden. Wie komme es aber zu den Kindern? Na, die werden aus den armen östlichen Nachbarländern importiert, um keine Produktionszeit zu verlieren. Ungläubiges Staunen, aber kein Anzweifeln meiner Aussagen… Ich teile schließlich mit, daß ich bewußt übertrieben hatte, korrigiere das Bild, fast Enttäuschung auslösend, weil die erzählten Strukturen so gut zum Bild von Europäern paßten. Nur einer der ca. 20 Zuhörer nimmt mir die Geschichte nicht ab und teilt im darauffolgenden Gespräch meinen Eindruck von der Lebendigkeit der von mir angenommenen Klischees.

Auch in Österreich hatte ich immer wieder mit diesem Klischee zu kämpfen. Bei einem Seminar in Graz attackierte ein afrikanischer Teilnehmer pauschal alle Österreicher der Gefühllosigkeit und Brutalität. Als ich ihm zu verstehen gab, daß ich anderer Meinung bin und persönlich seine Pauschalierung als sehr verletzend empfände, verbessert sich unser vorher schlechtes Gesprächsklima erheblich. Österreicher sollten Afrikanern häufiger zeigen, daß auch sie Gefühle haben, die von Klischees verletzt werden können. Ich habe damit fast ausschließlich gute Erfahrungen gemacht.

Der Reichtum ist bedingungslos weiß

Afrikaner bleiben immer die Armen, Europäer immer die Reichen.

Fast jeder Österreicher ist, verglichen mit den meisten Afrikanern, reich. In Ländern wie Mali oder Burkina Faso verdient ein Volksschullehrer um die 80 €, ein Betrag, den auch die meisten österreichischen Studenten in wenigen Tagen ausgeben können. Durch die generalisierte Armut vieler afrikanischer Länder fällt deren reiche Schicht dem Reisenden noch stärker auf. Geraten Staaten finanziell in die Krise, heben sie normalerweise die Steuersätze für die Besserverdienenden an. In vielen afrikanischen Staaten fehlt oft diese lokale Anstrengung und sie wird auch nicht immer für notwendig erachtet. Mitunter halten es die Reichen für angebrachter, daß der unermeßlich reiche Westen in die Tasche greift. Schon René Dumont kritisierte 1962 in „L’Afrique Noire est mal partie“ die große Zahl von senegalesischen Spitzenpolitikern, die sich auf Staatskosten Luxuskarrossen wie Mercedes kauften. Er wurde dafür von vielen Afrikanern des Rassismus beschuldigt, weil er Afrikanern keine Mercedes gönne. Das Eigentum des Langzeitpräsidenten von Zaire, General Mobutu, war mit ca. 8 Md. $ genauso hoch wie die gesamte Staatsverschuldung des ausgebluteten Landes, welches seine Schulden seit Jahrzehnten nicht begleichen kann. Dennoch hatte ich Anfang der 80er-Jahre bei Gesprächen mit einer Reihe von Zairois den Eindruck, daß sie sogar stolz darauf waren, daß einer der reichsten Männer der Welt aus ihrem Lande kam. Milliardäre wie Houphouet-Boigny, Moussa Traore  oder Henri Konan Bedie sprachen in Wahlreden ungeniert vom Egoismus des Westens, ohne spürbare eigene Beiträge zur Entwicklung ihres Heimatlandes zu leisten. Um die Kapitalflucht zu stoppen, verfügte der Präsident Houphouet-Boigny Mitte der 80er-Jahre, daß ivoiranische Staatsbürger keine ausländischen Bankkonten besitzen dürfen. Sich selbst nahm er davon aus. Er sagte, daß er nicht so verrückt sei, sein Geld im Lande zu lassen.

Europa und seine Menschen sind fast immer um vieles reicher als Afrika und die Afrikaner. Die fixe Zuschreibung von Reichtum aufgrund der Hautfarbe trägt jedoch dazu bei, daß die Reichen Afrikas viel zu wenig in Verantwortung genommen werden, ihren fairen Beitrag zur Entwicklung der afrikanischen Länder zu leisten. Fast alle Afrikaner sind arm, aber Afrika ist nicht arm an Multimillionären.

Weiße verstehen alles, nur nicht Afrika

Man traut den Weißen alles Wissen dieser Welt zu, aber nicht Wissen über Afrika. Afrikaner sind oft stolz auf den kulturellen Reichtum ihrer Länder, auch wenn sich dadurch in der Realität oft ähnliche Probleme wie in Europa ergeben. Auch manche afrikanischen Stadtbewohner, die einen Besuch in afrikanischen Dörfern zivilisatorisch für unter ihrer Würde finden, kehren oft mit Freude den Lehrmeister hervor, wenn sie Europäern gegenübersitzen:  „Ja, dieser Kontinent sei derartig vielfältig, daß er Weiße einfach überfordere.“

So stimmt mehr als die Hälfte der befragten Afrikaner in Wien mehr oder weniger stark der Aussage zu, daß nur Afrikaner kompetent über Afrika sprechen können:

Tabelle 39: Können nur Afrikaner kompetent über Afrika sprechen?

So verständlich diese Reaktion ist, so fragwürdig bleibt sie. Es ist für mich selbstverständlich und wünschenswert, durch die Augen von Menschen aus anderen Kulturen zu erfahren, welche Schwächen meine Herkunftskultur aufweist und wie sie von anderen gewinnen könnte. Konstruktive Aussagen afrikanischer Freunde über unsere sozialen Beziehungen, unseren Umgang mit der Zeit, mit unserem Statussystem, über unsere Tendenz zur „Die Flasche ist halbleer“-Mentalität haben mich viel gelehrt. Selbstverständlich beanspruche ich nach 7 Jahren Afrika auch das gleiche Recht für mich: das selbstverständliche Recht eines Fremden und Zuwanderers auf Ausdruck der eigenen Meinung in und zu anderen Kulturen.

Denn die Behauptung, nur ein Afrikaner sei kompetent, über Afrika zu sprechen, ist durch die Größe und Vielfalt des Kontinents nicht nur fragwürdig, sondern sogar unsinnig und wahrscheinlich sogar rassistisch. Man stelle sich zum Vergleich die Aussage vor, nur ein Europäer könne kompetent über Europa sprechen. Ein afrikanischer Student in Moskau kann mir selbstverständlich sehr viel über die russische Kultur erzählen, die mir nur oberflächlich bekannt ist. Würden per Definition Afrikaner, egal zu welcher Afrika-spezifischen Frage, kompetenter als Europäer sein, so müßten alle Afrikaner die sehr unterschiedlichen Regionen Afrikas bereist haben und die afrikanischen Kulturen einander extrem ähnlich sein. Doch sind die befragten Afrikaner selbst der Meinung, daß die afrikanischen Völker sehr unterschiedlich seien:

Tabelle 40: Sind die afrikanischen Völker extrem verschieden? (n=154 Afrik.)

Etwa 4 von 5 Afrikanern stimmen ganz oder großteils der Ansicht zu, daß afrikanische Völker extrem unterschiedlich seien. Bei diesen großen postulierten Unterschieden geht der komparative Vorteil des Afrikaners verloren und er kann andere Afrikaner nicht zwingend besser verstehen als Europäer[12] . Zweifellos liegt ein Widerspruch vor, wenn 84,2% derer, die nur Afrikanern kompetentes Sprechen über Afrika zutrauen, gleichzeitig eine sehr große Verschiedenheit der afrikanischen Völker annehmen. Zusätzlich müßten alle Afrikaner gleichzeitig Experten in so unterschiedlichen Gebieten wie Linguistik, Politologie, Soziologie, Ökonomie, Ökologie etc. sein, um afrikanische Kulturen unterschiedlicher Prägung und Schichten besser als andere verstehen zu wollen. Dem ist natürlich nicht so. Nur eine Minderheit der Afrikaner verfügt über die notwendigen Mittel, um den Nachbarstaat zu bereisen, geschweige denn 53 verschiedene Länder.

Die Lebendigkeit des Klischeebilds zeigt das hohe Frustrationsniveau der afrikanischen Zuwanderer wegen ihrer Chancenlosigkeit in verschiedenen Bereichen. Fast könnte man von Revanchismus sprechen. Besonders oft findet sich diese Meinung bei Afrikanern, die sich autoritäre Staatschefs wünschen:

Tabelle 41:  Schwarzer Autoritarismus und  weiße Afrika-Kompetenz

 

Wer der Meinung zuneigt, daß Afrika für seine Entwicklung autoritäre Staatschefs bräuchte, meint auch deutlich häufiger, daß nur Afrikaner kompetent seien, über Afrika zu sprechen. In der Meinung, daß nur Afrikaner kompetent seien, über Afrika zu sprechen, zeigt sich auch ein „nationalistisches“ Element, soweit dieser Begriff für einen Kontinent verwendbar ist. Dies zeigt sich auch darin, daß die Vertreter dieser Meinung stärker zu autoritären Staatsformen neigen, da der Zusammenhang zwischen Nationalismus und Autoritarismus gut erforscht ist (s. z.B. Weiß 1999:59ff).

In der Praxis zeigen sich diese Einstellungen deutlich bei Vorträgen oder Diskussionsbeiträgen weißer Vortragender über afrikanische Belange. Liefert der Vortragende ein beschönigtes Bild Afrikas mit häufigen Schuldzuweisungen an den Westen, so hat er eine große Chance auf Beifall. Versucht der Vortragende hingegen konstruktiv, aber kritisch, auf Selbstverantwortung in Afrika einzugehen, kann es zu einer deutlichen Mauerbildung gegenüber dem Vortragenden kommen, die bis zu persönlichen Untergriffen gehen kann.

Ich kenne Wissenschaftler von höchster internationaler Reputation, die – obwohl gleichzeitig von der politischen Rechten für ihr engagiertes Eintreten für afrikanische Interessen heftig kritisiert – sich aus diesen Gründen weigern, weitere Vorträge über Afrika vor einem auch nur teilweise afrikanischem Publikum zu halten.

Ich organisierte vor Jahren ein einwöchiges Seminar in Salzburg für afrikanische Studierende, in welchem wir uns mit Möglichkeiten der Verbesserung der Situation Afrikas beschäftigten. Dazu hatte ich neben einem afrikanischen Kollegen auch zwei Universitätslehrer eingeladen. Eine in Menschenrechtsfragen sehr engagierte Wiener Kollegin vertrat die Ansicht, daß alles Böse nur vom Westen käme. Sie wurde von den afrikanischen Studierenden heftig akklamiert. Der andere Wissenschaftler zeigte neben seiner Kritik am Westen auch innerafrikanische entwicklungshemmende Faktoren auf und lief mit jeder Aussage gegen eine Wand von protestierenden Studierenden. Nach dem ersten Tag sagte er mir frustriert, daß er am liebsten abreisen wolle. Er hielte den Populismus der Wissenschaftlerin und die unkonstruktive Haltung der afrikanischen Studierenden nicht mehr aus. Wir riefen eine Krisensitzung mit den Vortragenden und den Studierenden ein, in welcher ich auf die Betroffenheit des engagierten Wissenschaftlers einging. Ich erwähnte eine Reihe von konstruktiven Kritiken des Wissenschaftlers und sagte den Studierenden, daß ich fast alle in 7 Jahren Afrika auch von Afrikanern gehört hätte: die Kritik an der Unverantwortlichkeit vieler Machthabender, den starken nationalen Egoismus, wo innerafrikanische Kooperation not täte, die leichte Akzeptanz von Korruption etc. Dann fragte ich die Studierenden, ob sie nur deshalb gegen ihn Partei ergriffen hatten, weil er es als Weißer gewagt hatte, diese unter Afrikanern diskutierten Fragen aufzugreifen. Dem stimmten alle Afrikaner in einer nun sehr persönlichen Weise und ohne Feindbildprägung zu. Das Seminar endete in einer offenen und freundschaftlich konstruktiven Atmosphäre.

Jede Kultur hat ihre heiligen Kühe, in denen Niederlagen nur schwer akzeptiert werden. Was dem Amerikaner American Football, dem Japaner das Sumo-Ringen, dem Brasilianer Fußball, dem Österreicher Skirennen, ist für viele Afrikaner afrikanischer Tanz. Ich organisierte jahrelang Afrikanische Tanzmeisterschaften in Österreich. Zum Entsetzen des zahlreichen afrikanischen Publikums bei den 1. African Dance Championships gewannen … 2 Österreicherinnen, was zu häufigen abwertenden Kommentaren von Afrikanern führte: „Der Wettbewerb könne nicht fair gewesen sein, da Österreicherinnen gewonnen hätten und das ginge doch bei afrikanischem Tanz gar nicht!“

Nächstenliebe ist schwarz, Nächstenhaß ist weiß

Eine weitere fixe Annahme vieler Afrikaner ist, daß die „Weißen“ dem Nächsten und besonders dem Fremden/Zuwanderer extrem feindlich gegenüberstehen, während Afrikaner – durch Vielvölkerstaaten an das Zusammenleben mit anderen Völkern gewöhnt – viel offener und weniger rassistisch seien.

Nur Afrikaner sind gastfreundlich

Viele Afrikaner erfahren in Österreich die typische Diskriminierung von als arm angesehenen Zuwanderern. Der private Wohnbereich der lokalen Bevölkerung bleibt ihnen – auch durch die lokal kleinere Zahl der Familienmitglieder bewirkt – weitgehend verschlossen. Besonders für Afrikaner, die der Oberschicht ihrer Länder entstammen, sind dies äußerst schmerzhafte Erfahrungen. Das Urteil über die komparative Gastfreundschaft ist jedenfalls eindeutig. Fast alle Afrikaner sind der Meinung, daß Afrikaner gastfreundlicher wären.

Tabelle 42: Wer ist gastfreundlicher?

Oft werden Kraut und Rüben miteinander verglichen. Ist die in afrikanischen Dörfern gängige Gastfreundschaft gegenüber als reich angesehenen Europäern wirklich mit der in Wien spürbaren Zurückhaltung gegenüber ärmeren afrikanischen Zuwanderern vergleichbar?

Ich genoß in 7 Jahren im vorwiegend ländlichen Afrika unzweifelhaft fast immer Gastfreundschaft, wie ich sie in diesem Ausmaß in Europa selten erlebt hatte. Aber warum war man gerade mir gegenüber so gastfreundlich? Waren es allgemeingültige kulturelle Normen, die traditionelle Verpflichtung der Gastfreundschaft? Während ich in der ersten Reihe neben dem Dorfchef saß, stand ein afrikanischer Reisender in der 10. Reihe… War es die besondere Achtung dem Alter gegenüber, wie sie für afrikanische Gesellschaften typisch ist? Wohl kaum, weil der afrikanische Reisende doppelt so alt war… War es die Entfernung, aus der ich kam? Auch der afrikanische Reisende, ein Suraka, kam mit seiner Herde aus 3000 km Entfernung… Also war es vielleicht mein Bonus als Europäer und damit mein Tauschwert, der darin besteht, daß in weniger abgesicherten Gesellschaften bei Gefälligkeiten auch informelle Anspruchsrechte auf Erwiderung bestehen. Ich habe oft erlebt, daß mich ein afrikanischer Gastgeber fragte, wohin ich weiterreisen werde und er dann sagte, daß ich am betreffenden Ort bei bestimmten Personen übernachten könne, denn auch von deren Familien hätte schon jemand im Gehöft übernachtet. Man hat also durch soziale Akte auch weitgehend einen Anspruch auf Erwiderung. Das ist besonders dort als soziales Netz wichtig, wo sich die Menschen kaum kommerzielle Übernachtungsangebote leisten könnten. Stand der Fremde deshalb hinter mir, weil sein Tauschwert geringer war, er aus einer nomadischen Gesellschaft kam? War mein Tauschwert besonders hoch, weil ein Kind der erweiterten Familie vielleicht eines Tages nach Europa kommen könnte, wo ich ihm dann helfen könnte, Arbeit und Wohnung zu finden? Besteht substantiell wirklich ein so gravierender Unterschied zwischen unserer differenzierten Gastfreundschaft und afrikanischen Formen? Sind nicht auch wir Europäer um vieles offener und weniger mißtrauisch reicheren Fremden gegenüber, bei denen wir sicher sein können, daß sie uns nie zur Last fallen werden, bei denen möglicherweise sogar einmal ein faszinierender Aufenthalt in deren Heimatland oder berufliche Chancen möglich wären? Könnten wir uns nicht um ein Vielfaches eher vorstellen, einen kulturell weiter entfernten Japaner zum Essen nach Hause einzuladen, als einen Afrikaner? 12,1% der Wiener möchten nach unseren Befragungen eher keine Japaner als Nachbarn, 26,4% aber keine Afrikaner. Gibt es nicht auch enorme Parallelen zwischen Afrika und Europa mit der zunehmenden Selektivität der Gastfreundschaft in afrikanischen und europäischen Städten?

Es sind Vergleiche, die Afrikaner extrem ungern hören; für viele ist Gastfreundschaft ein wesentliches Element der afrikanischen Seele und ein klarer und mystifizierter Unterschied zu den „rassistischen und gastfeindlichen“ Europäern. Und doch wird, wenn von ihnen oder Afrika-Begeisterten Vergleiche angestellt werden, fast immer Gastfreundschaft  in afrikanischen Dörfern (gegenüber Reichen) mit der in europäischen Städten  (gegenüber Armen) verglichen, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen muß. Ich habe afrikanische Freunde in mein Herkunftsdorf eingeladen, die von den Einheimischen mit enormer Herzlichkeit überschüttet wurden. Trotz Fernsehens ist man auch im österreichischen Dorf oft für Abwechslung dankbar. Auch in afrikanischen Städten mit ihren ungleich härteren Konkurrenzkämpfen ums Überleben, mit ihren kleineren Wohn- und Überlebensräumen wird Gastfreundschaft längst nicht mehr so weit gesehen wie im ländlichen Bereich: die Wohnräume sind kleiner geworden und es fehlen meist die Mittel und die Zeit, zusätzliche Gäste bei sich aufzunehmen. Obwohl Weiße in Afrika wesentlich häufiger Gastfreundschaft genießen als Afrikaner in Europa, sind die Einstellungen vielleicht weniger unterschiedlich, als auf den ersten Blick erscheinen mag.

Fremdenfeindlichkeit und Rassismus sind weiß

Afrikaner stellen in Europa eine kleine und fast immer unterschätzte Minderheit dar, was vermutlich eng mit der geringen Wertschätzung meist armer Zuwanderer zusammenhängt. Diese Geringschätzung trifft Afrikaner in einem hohen Maße und ganz besonders die Mitglieder afrikanischer Mittel- und Oberschichten, die eine derartige Geringschätzung in ihren Herkunftsländern nicht gewöhnt sind. Dementsprechend vernichtend sind die Aussagen der befragten Afrikaner über die Minderheitenfeindlichkeit:

Tabelle 43: Wer ist minderheitenfreundlicher?

Afrikanische Zuwanderer, die selbst Minoritäten in ihren Herkunftsländern waren, scheinen die österreichische Bevölkerung positiver zu beurteilen, da sie mitunter bereits in ihren Heimatländern Diskriminierung erfuhren[13].

Rassismus wird von vielen Afrikanern eher als Merkmal der Weißen gesehen. Viele Afrikaner deuten den Völkerreichtum der afrikanischen Staaten bereits als Beweis der Fähigkeit von Afrikanern, mit Menschen aus anderen Kulturen zusammenzuleben. Dem stellen sie die negativen Erfahrungen von Afrikanern in Europa gegenüber und analysieren daraus eine afrikanische moralische Überlegenheit:

Das sog. „Rassenphänomen“ ist meiner Auffassung nach eher ein Problem der Weißen als das der Schwarzen […] Ich möchte nur festhalten, daß, während die Menschen in Afrika in der Diskussion grundlegender Themen, die die wesentlichen Menschenrechte betreffen, z.B. Armut, Ungleichheit und Unterentwicklung, weit fortgeschritten sind, die Menschen in Europa und Amerika noch immer durch diese sehr alte Kultur namens „Rassismus“ belastet und sogar ernstlich darin verwurzelt sind. Wir behaupten dabei nicht, daß es in Afrika keinen Rassismus gäbe. Die Afrikaner sind lediglich in dieser Angelegenheit bereits viel weiter fortgeschritten als die Europäer. […] Man ist geradezu zur Frage gezwungen, ob der Rassismus nicht eigentlich ein Teil der Kultur der weißen Völker ist. Ich möchte diese Frage hier nicht behandeln, aber die Erfahrungen von Afrikanern in Europa wie auch in Amerika scheinen diese These nicht zu widerlegen[14].

Tabelle 44: Sind Weiße oder Schwarze rassistischer?

So verständlich die Gegenreaktion, so schwer der Beweis: Wie will man den praktischen Beweis erbringen, daß die Wiener (Europäer) wirklich fremdenfeindlicher und rassistischer seien? Nimmt man die Zahl der Ausweisungen, so wird man nicht herumkommen, auch 1 Million ausgewiesene Ghanaer aus Nigeria 1982, 300.000 ausgewiesene Nigerianer aus Ghana Ende der 60er-Jahre, die Ausweisung aller Inder aus Uganda 1972 einzurechnen. Nimmt man Ausschreitungen gegen Minderheiten als Maßstab, findet man zahlreiche Übergriffe bis zum Genozid in Ruanda. Nimmt man die Harmonie des Zusammenlebens verschiedener Völker als Kriterium, müßte man eine Reihe ethnischer Konflikte in Afrika berücksichtigen, beginnend beim Biafra-Krieg. Vergleicht man die rechtliche Lage von Zuwanderern, dann denkt man auch an den geborenen Ivoirianer Alassane Ouattara, dem die Kandidatur bei den Präsidentenwahlen der Côte-d’Ivoire verboten wurde, weil seine Eltern (!!) Zuwanderer waren. Gleiche Rechte für alle Volksgruppen in Theorie und Praxis sind nur in einer Minderheit der afrikanischen Staaten verwirklicht, meist dominieren in Politik und Wirtschaft einzelne Volksgruppen. Interethnische Heiraten sind in den Ländern Afrikas längst nicht die Norm, auch wenn sich Afrika rapide verändert.

Mitunter ist auch ein scheinbar menschenfreundliches Verhalten Ausdruck tiefergehender Konflikte und Mißachtung: 1980. Ich überquere die Grenze zwischen Ghana und der Côte-d’Ivoire. Ich frage den Grenzbeamten der Côte-d’Ivoire, ob er mir Französische Francs in CFAs wechseln könne. Er fragt mich, was ich kaufen wolle. Ich deute auf die Orangen einer Händlerin. Er geht zu ihr, nimmt ihr den Korb weg und gibt ihn mir. Die Frau steht betroffen da, hat aber Angst vor dem Staatsbeamten und sagt daher nichts. Gastfreundschaft auf Kosten einer armen Frau eines kleinen Volkes. Natürlich protestiere ich…

Um die These der afrikanischen moralischen Überlegenheit zu stützen, werden häufig innerafrikanische Konflikte und Machtmißbrauch auf europäischen Einfluß zurückgeführt. Dennoch springen auch bei ihnen eher die Gemeinsamkeiten Afrikas und Europas ins Auge, wie z.B. die Selektion ähnlicher Bevölkerungsgruppen als lokale Feindbilder:

  • Minoritäten, die mit fremden Ursprung bzw. fremder Religion/Ideologie assoziiert werden und eine relativ starke Rolle in Finanz und Handel spielen (z.B. Inder in Ostafrika; Libanesen in Westafrika, Juden in Europa). Sie werden besonders leicht durch (Welt-)Verschwörungstheorien bedroht[15];
  • Ärmere mobile Minoritäten, die häufig mit mangelnder Arbeitslust, mangelnder Vertrauenswürdigkeit, Tendenz zu Eigentumsdelikten assoziiert werden (wie z.B. Roma und Sinti in Europa, Twa in Ruanda, Pygmäen in Regenwaldgebieten Afrikas).
  • Arme Zuwanderer[16]: Kaum ein Land der Erde liebt arme Zuwanderer, denen wegen der mangelnden Wirtschaftsdynamik ihrer Herkunftsländer häufig mangelnde Leistungsfähigkeit und Intelligenz nachgesagt werden und die bei Wirtschaftskrisen häufig als erste büßen müssen, wie z.B. bei der Abschiebung von Afrikanern aus Europa oder der Ausweisung von 12000 bereits voll integrierten Burkinabe aus der Côte-d’Ivoire im Jahr 2000[17].

Afrikaner sind der Weißen liebstes Opfer/ Weißes Handeln ist rassistisch

Afrikaner haben meiner Ansicht nach häufiger als fast alle anderen Zuwanderergruppen das Gefühl, persönlich oder als Gruppe benachteiligt zu werden. Diese Einschätzung wird von vielen Asiaten geteilt, die die Kritikneigung vieler Afrikaner kritisieren.

Der Rassismus ist da und muß nur gefunden werden. Jedes Scheitern wird auf ihn zurückgeführt, auch wenn eigenes Fehlverhalten vorliegt.

  • 69,5% der bei dieser Studie befragten Afrikaner neigen der Ansicht zu „An der schlechten Situation Afrikas sind vor allem die Europäer schuld“;
  • 41,9% neigen der Ansicht zu „Jeder Europäer sollte Schuldgefühle gegenüber Afrikanern haben“;
  • 68,6% meinen „An Diktaturen in Afrika sind stets die Europäer schuld.“

Wie schwierig eine einseitige und eindeutige Schuldzuweisung oft ist, läßt sich besonders deutlich an der Meinung zeigen, daß Europäer stets an Diktaturen in Afrika schuld seien. Die Vorstellung dahinter ist, daß europäische neokolonialistische Mächte demokratischen Völkern Diktatoren aufzwingen. Dieser Idee widerspricht jedoch ein spürbarer eigener Wunsch nach autoritären Führungspersönlichkeiten, die die zahlreichen Probleme der afrikanischen Entwicklung in den Griff bekommen sollen. Fast die Hälfte der in Wien lebenden Afrikaner meint, daß die Entwicklungsprobleme Afrikas autoritäre Staatschefs erfordern:

Tabelle 45: Afrika braucht autoritäre Staatschefs für Entwicklung (n=151 Afri.)

Afrikaner mit Tendenz zur Fremdschuldzuweisung neigen besonders häufig zur Meinung, daß Afrika autoritäre Staatschefs bräuchte[18]:

Tabelle 46: Autoritarismus und Selbstverantwortung

Untersuchungen zeigen auch in Europa, daß die Schwächung der Identität (=Gefühl der Fremdbestimmtheit) oft mit autoritären Denkmustern einhergeht.

Das Afro-Asiatische Institut wurde verschiedentlich von Afrikanern angegriffen, die seine Stipendienvergabepolitik rassistisch nannten, weil sie Afrikaner bei der Vergabe von Stipendien benachteilige. Immer wieder wurden bei öffentlichen Diskussionen einzelne Fälle genannt, in denen ein Afrikaner nur deshalb kein Stipendium erhalten hätte, weil er eben Afrikaner sei. Da half auch kein Nachweis, daß Afrikaner nur 15% der Stipendienbewerber, aber 35-50% der Stipendienbezieher stellten, daß also vielmehr eine Diskriminierung der Asiaten und Lateinamerikaner (zugunsten von Afrikanern) vorlag. Ich vernahm Rassismusvorwürfe gegen die Verantwortlichen des Studienreferats, weil diese einem Studierenden, der sich nach 14 Semestern immer noch im ersten Studienabschnitt befand, das Stipendium entzogen.

1994 wurde, nachdem der damalige beliebte Leiter des AAIs vom neuen Kuratoriumsvorsitzenden über Nacht auf brutale Weise hinausgeworfen wurde, ein neuer Institutsvorstand gesucht. Obwohl sich kein Afrikaner bewarb, nannte es ein engagierter Afrikaner rassistisch, daß man nicht an den damaligen Heimleiter als Institutschef gedacht habe. Dieser war ein netter Kerl, hatte aber nach 30 Semestern Studium immer noch keinen Abschluß und keinerlei betriebswirtschaftliche Kenntnisse[19].

Ich richtete im AAI-Wien einen sogenannten African Speakers’ Corner ein, der von 4 afrikanischen Experten geleitet wurde. Diese sprachen verschiedene Sprachen, kamen aus unterschiedlichen Ländern, Religionen, Fachdisziplinen. Ich garantierte ihnen die finanziellen Mittel für ein nach ihren Gutdünken erstelltes wöchentliches Programm mit Politik- und Kulturinhalten, das sich sowohl an ein afrikanisches wie auch österreichisches Publikum richtete. Ich gab nur drei Vorgaben an: a. die Veranstaltungen mußten Bezug zu Afrika bzw. zu Afrikanern in Österreich aufweisen; b. sie sollten thematisch breit genug sein, um viele Menschen zu interessieren; c. sie sollten in Deutsch, Englisch oder Französisch stattfinden (in Englisch oder Französisch, um Nicht-Deutschsprechende als Vortragende oder Publikum ansprechen zu können). Dieser Speakers’ Corner funktionierte bis zu meinem Weggang vom AAI blendend und wies einen ausgezeichneten Besuch auf. Die afrikanischen Moderatoren waren: ein nigerianischer Universitätslehrer, der das AAI ein Jahrzehnt zuvor als Studentenvertreter als rassistisch bezeichnet hatte; eine kamerunesische Soziologin und Frauenrechtlerin, ein sudanesischer Poet und Wirtschaftswissenschaftler und ein ruandesischer Technologieexperte. Trotzdem wurde ich bei einem Vortrag im Parlament vom Leiter einer afrikanischen Gruppierung öffentlich kritisiert, daß ich Afrikanern keine Chancen gegeben hätte. Auf meine Frage, was mit den vier Moderatoren gewesen sei, meinte er, daß es keine kritischen Afrikaner gewesen wären. Kritisch wären wohl nur Mitglieder seiner eigenen Organisation gewesen.

Auch des Rassismus absolut unverdächtige Frauen beschweren sich manchmal, daß manche Afrikaner sofort von Rassismus sprechen, wenn eine Frau ihre Einladung zum Tanz abweist.

Ich versuche seit vielen Jahren, die Diskriminierung von Afrikanern in verschiedenen Gesellschaftsbereichen zu zeigen und sie auch mit empirischen Untersuchungen objektiv zu belegen. Eines Sommerabends sitze ich in einem Kaffeehaus. N.N., ein afrikanischer Politologe, nähert sich und begrüßt mich. Er ist an sich ein sehr höflicher und durchaus auch breitgebildeter Mensch, den ich aber wegen teilweise extremistischer Ansichten und seiner absoluten Unfähigkeit, auf das Publikum einzugehen, nicht mehr als Vortragenden im AAI berücksichtigt hatte[20] . Er kommt gleich zur Sache: Ich wolle doch nur hinter meinen Umfragen, mit denen ich die Diskriminierung von Afrikanern aufzeige, meinen eigenen Rassismus verstecken.

Derartige Angriffe taten oft weh und mir ging es mitunter wie anderen Experten, die sich innerlich von Afrikanern zurückzogen. Afrikaner sind aber kein monolithischer Block und Afrikanern mit unverrückbaren Feindbildern stehen viele andere gegenüber, die feinsinnig und ausgewogen denken und sprechen und mir die Kraft gaben, meine Aktivitäten fortzusetzen.

Ich wurde mehrmals eingeladen, Artikel für eine in Wien publizierte afrikanische Zeitschrift zu verfassen. In einem Artikel ging ich auf die gegenseitige Mythenbildung von Schwarz und Weiß ein und diskutierte die Funktion der Vorurteile. Ich bedauerte die Tendenz, alles Negative zu Folgen europäischen Wirkens zu erklären, weil ich fand und finde, daß man dadurch nur von neuem das Bild des Edlen Wilden fortproduziert, ein ewiges Opfer des Westens, das ständig scheitert. Ich erklärte in diesem Artikel, daß ich daher im Bildungsmanagement des AAIs meinen Schwerpunkt nicht auf die ständige Wiederholung der Dramen Afrikas lege, sondern auf das Aufzeigen eines kraftvolleren Afrikas, das nicht sofort resigniert, sondern sich auch gegen ärgste Widerstände durchsetzt. Ich formulierte wörtlich zum Abschluß:

„In diesem Bild sind Afrikaner nicht nur Opfer, sondern vor allem auch Täter, im positiven wie im negativen Sinne. Zu diesem Afrika gehört auch Mobutu, aber es ist noch mehr das Afrika der Tatkräftigkeit, das Afrika Thomas Sankaras,  Wole Soyinkas, Steve Bikos und Nelson Mandelas. Es ist das Afrika, das sagt: „Ob es den Weißen paßt oder nicht, und auch wenn noch soviel dagegen zu sprechen scheint: Wir bringen Afrika dorthin, wo es hingehört und nichts kann und wird uns aufhalten!“’

In der nächsten Ausgabe der Zeitschrift erschien ein einseitiger Leserbrief, der die Argumente kaum, meine Integrität aber persönlich – vermutlich unter einem falschen Namen – schärfstens angriff: Wie sich jemand einbilde, nach wenigen Wochen Afrika-Aufenthalt über Afrika zu urteilen (es waren 7 Jahre). Man hätte schon Erkundigungen eingezogen über meine Aufenthalte an der Cote-d’Ivoire und in Mali und würde zu verhindern wissen, daß ich nochmals nach Afrika reise usw. ….

Ich könnte mir vorstellen, daß viele Kollegen in den Bereichen der Integration, der Entwicklungsbranche und an der Universität gerade wegen der hier kritisierten Einstellung mancher Afrikaner dazu neigen, beim öffentlichen Meinungsaustausch und bei Vorträgen über afrikanische Belange eine eher beschönigende Haltung einzunehmen. Allzuleicht ist man als Rassist verurteilt, und diese locker hingeworfenen Urteile werden bereitwillig von einem Teil der engagierten Szene aufgenommen.

Im Juni 2000 organisierte und moderierte ich eine Podiumsdiskussion zum Thema: „Das Spannungsfeld Polizei, Drogen und Afrikaner“. Ein österreichischer Universitätslehrer sagte dabei, daß die Afrikaner entsetzt über die Kontrollen durch die hiesige Polizei seien, weil Polizisten in Afrika Personen nur anhielten, um sie freundlich zu grüßen. Mein staunend offener Mund blieb ihm nicht verborgen. Gerade die Übergriffe vieler Polizisten und Militärs stellen in zahlreichen afrikanischen Ländern fast eine Landplage für die einheimische Bevölkerung dar, die ich persönlich ohne Scheu mit organisiertem Raubrittertum vergleichen würde. Zu oft hatte ich erlebt, in den lokalen Sammeltaxis fahrend, wie die einheimischen Fahrgäste von Polizisten durch Erfindung irgendwelcher Gesetzesverstöße praktisch ausgeraubt wurden. Mir passierte freilich nie etwas, weil ich als Weißer besser über meine Rechte Bescheid wußte. Nur wenige Regierungen in Afrika haben wie Thomas Sankara in Burkina Faso wirklich entschlossene Schritte gegen die Übergriffe der Exekutive ergriffen. Kein Wunder also, daß der Beruf Polizist bei eigenen Umfragen sowohl in einem Dorf in Mali (1991) wie auch an der Cote-d’Ivoire (1985) als absoluter Traumberuf  genannt wurde, weil trotz formal niedriger Gehälter Wohlstand garantiert ist.

Viele Afrikaner reagieren mit Abwehr und Kritik, wenn – wie auch in diesem Buch – die Vergleichbarkeit der Kulturen gezeigt werden soll, daß also Afrikaner sehr ähnlich denken, fühlen, sich verhalten wie auch Europäer und es oft nur die Rahmenbedingungen sind, die uns geringfügig differenzieren. Bei einem Symposium zu Afrikanern in Wien im März 1999 vertraten gleich zwei Sprecher hintereinander die Ansicht, daß die Abwertung der Afrikaner eng mit der christlichen Farbenlehre zusammenhänge. In meinem Diskussionsbeitrag sagte ich, daß ich die Diskriminierung von Afrikanern für sehr real hielte, daß die angesprochenen Bezeichnungen aber damit nichts zu tun hätten. Ich zeigte anhand verschiedener Beispiele aus afrikanischen wie aus europäischen Sprachen, in welch vergleichbarer Weise die Farbe Schwarz in beiden Kontinenten zur Beschreibung auch von negativen Wesenseigenheiten verwendet wird[21]. Wütende Proteste eines Teiles des afrikanischen Publikums und fast augenblicklich ein persönlicher Gegenangriff durch die Leiterin einer afrikanischen Organisation: Wie könne ich so sprechen, ich würde doch nur eine einzige afrikanische Sprache kennen[22]? Die Argumente und Fakten schienen nebensächlich zu sein. Hier ging es einfach darum, daß keine auch noch so zweifelhaften Beweise für den immerwährenden Rassismus der Weißen in Frage gestellt werden konnten.

Nach meinen Erfahrungen in Israel[23]  und Afrika neige ich zunehmend zur Ansicht, daß die ungeheuren Leidenserfahrungen sowohl der Juden wie auch der Afrikaner teilweise zu ähnlichen Reaktionen führen. Substantielle Teile beider Gruppen scheinen in einer Art von Self-fulfilling Prophecy  geradezu ständig Beweise dafür suchen zu müssen, daß sie nicht geliebt und geachtet werden und daß Rassismus und Antisemitismus wesentliche und immerwährende Merkmale der nichtjüdischen und nichtafrikanischen Gesellschaften seien[24]. Der Versuch, die Gleichwertigkeit der Kulturen anhand ihrer Vergleichbarkeit zu zeigen, zerstört Identifikationsmythen, die wesentlich zur Gruppenbildung beitragen. Der Mythos der eigenen moralischen Überlegenheit scheint die subjektive Kompensation für erlittenes Leid zu sein.

 


[1] Unter Rassismus wurden alle Assoziationen zusammengefaßt, die im weiteren Sinne mit Fremdenfeindlichkeit verbunden werden können oder von ihnen verbunden werden, wie z.B. Rassist, Rassismus, diskriminierend, Haider und die FPÖ, mag Afrikaner nicht; ausländerfeindlich.

[2] Unter Opfer wurden Antworten aufgezählt, die einen starken Leidensdruck wiedergeben. Konkrete Antworten waren z.B. Opfer, Unterdrückung, ausgebeutet, Unterdrückung von außen oder Menschen, die leiden. Unter arm wurden Assoziationen gezählt, die direkt von Armut und Elend des/der Afrikaner sprechen. Unter Problem wurden Antworten zusammengefaßt, die sich auf Konflikte oder Probleme in Afrika oder in Österreich bezogen, wie z.B. Hunger, Chaos, Probleme und Sorgen, politische Konflikte, Schuldenkrise.

[3] Unter Gefühl wurden Antworten subsumiert, die intensiven Gefühlsreichtum implizieren wie Liebe, Gefühl und Leidenschaft. Unter Lebensfreude wurden Antworten wie folgende subsumiert: Lebensfreude, Lachen, Fröhlichkeit, Begeisterungsfähigkeit.

[4] Die  hier zugrundeliegenden Untersuchungen wurden zwischen 1991-1993 durchgeführt.

[5]Berechnungsgrundlage: ‚Wesentlich mehr‘: 5 Punkte …. ‚wesentlich weniger‘: 1 Punkt. Bei (durchschnittlicher) Übereinstimmung von Erwartung und Realität wäre somit ein Durchschnitt von 3 Punkten zu erwarten. Über ‚3‘ hinausgehende Zahlen zeigen auf, daß man sich weniger, niedrigere, daß man sich mehr erwartete.

[6]Einkünfte können sein: eigener Verdienst, finanzielle Unterstützung seitens der Familie aus Afrika, Stipen­dien und sonstige Unterstützungen.

[7] G. Slezak und H. Trauner fanden in ihren Interviews, daß sich Afrikaner häufig bewußt ein richtiges Netzwerk sozialer Beziehungen um ihre Wohnstätte herum aufbauen, das ihnen ein Minimum an Heimatgefühl ermöglicht. Dies erfolgt durch den Einkauf bei stets den gleichen Kleinhändlern, in den gleichen Trafiken etc.

[8] Heute verwende ich vielmehr die von Weißen Vätern erhältlichen Pierres Noires, mit denen sich Schlangenbisse durchaus gut behandeln lassen.

[9] Interviews 1985 in Myeru/Mali.

[10] In einer Reihe von Ländern tragen auch Spitzenpolitiker afrikanische Kleidung. Thomas Sankara versuchte in Burkina Faso, die lokale Textilindustrie durch lokal produzierte Kleidung der Staatsbeamten zu fördern (faso dan fani), was von seinem Nachfolger sofort aufgehoben wurde.

[11] Ich spielte einen Geologen, einen „Steinewissenschaftler“, der sich in einem kleinen afrikanischen Dorf aufhielt. Als ein alter Mann im Dorf eine lebensgefährliche Verstopfung erlitt, wurde der Weiße  – trotz seiner Proteste und obwohl ein Arzt eines benachbarten, aber unterschätzten Volkes in unmittelbarer Nähe lebte – durch öffentlichen Druck dazu gebracht, die Behandlung vorzunehmen. Durch seine äußerst fehlerhafte Medikation – er verschrieb zur optischen Verdeutlichung die Einnahme von Zement – verschlimmerte sich die Verstopfung und führte letztendlich zum Tode des alten Mannes. Nach seinem Tode trat der Bruder des Alten vor die Hütte und rief erschüttert aus: „Oh Gott, Anliyou ist tot! Nicht einmal der Weiße hat ihn retten können!“

[12] Davon ausgenommen ist natürlich das Verständnis und Empfinden für vergleichbare Erfahrungen, wie z.B. Kolonialismus, Sklaverei und Vorurteile gegenüber Afrikanern im Westen. Was Afrikaner häufig eint, ist weniger eine Wesensgleichheit, sondern ein gemeinsamer realer oder imaginärer Gegner.

[13] Bei  unserer Studie in den Jahren 1991-93 (unveröffentlichtes Detail) fanden wir bei einem kleineren Sample folgende Tendenz:  Angehörige von Minoritäten (unter 10% Bevölkerungsanteil) waren wesentlich seltener als Angehörige von großen Bevölkerungsgruppen der Ansicht, daß die lokale Gesellschaft rassistischer als erwartet sei. Dieser Frage konnte bei der Studie 2000 nicht mehr nachgegangen werden, da viele Afrikaner aus Angst vor der Exekutive nicht bereit  waren, manche Schichtungsfragen zu ihrer Person zu beantworten.

[14] Der Politologe Rasheed Akinyemi in Kumpfmüller 2001:88.

[15] Man denke z.B. an die Ausweisung der Inder unter Idi Amin 1972, an äußerst negative und an Juden erinnernde Einstellungen vieler Menschen an der Côte d’Ivoire gegenüber Libanesen (zahlreiche eigene Gespräche in Aufenthalten, Zeitungsberichte u.a.).

[16] Die Geringschätzung der Armut ist auch in Ländern beobachtbar, die zu den ärmsten der Welt zählen. Sprichwörter aus der Kultur der Bambara in Mali: faama ka gwèsè ye faantan ye. Der Arme ist die Zahnbürste der Reichen (der mit ihm machen kann, was er will) /ko tè to kulusikolontigi ta la, nka a laban bè to a la. Man folgt nicht den Lehren eines ärmlich Gekleideten, auch wenn er am Ende recht hat. /faantan ni kuntanya tè ban. Der Arme wird immer für einen Dummkopf gehalten.

[17] Siehe http://www.africafinancereview.com/archive/2000/01/leader.asp

[18] „Stimme Aussage zu“ und „Stimme Aussage eher zu“ wurden zusammengefaßt.

[19] Als „Heimleiter“ hatte er keinerlei kaufmännische Verantwortung und mußte im wesentlichen darauf achten, daß  die Unordnung nicht zu groß wurde und daß die Türen geschlossen und geöffnet wurden. Beides entsprach einem Arbeitsaufwand von vielleicht 2-3 Stunden täglich. Das AAI war damals aber ein sehr komplexes Unternehmen mit einem Geschäftsvolumen von insgesamt 40 Mill. ATS.

[20]   Vortrag eines Universitätsprofessors über afrikanische Landwirtschaft. N.N. bedankt sich und ersucht den Vortragenden um sein Urteil zur Lieblingstheorie von N.N. Der Professor sei doch oft in Afrika gewesen? Das stimme. Er habe doch sicher afrikanischen Mais gegessen. Das stimme. Der sei doch unzweifelhaft viel besser als ein europäischer gewesen? Er war sicherlich sehr gut, meinte der zunehmend erstaunte Professor. Ob der Professor sich nicht vorstellen könne, daß die wesentlich bessere menschliche Qualität der Afrikaner in erster Linie auf die wesentlich bessere Nahrungsmittelqualität zurückzuführen sei? Hier mußte der Professor passen.

[21] Die Farbe Schwarz ist oft Synonym für Dunkles und das wiederum für – man denke an Dunkelheit und leere Gefäße – Leere, das Nichtkonturierte, die Ängste, die die Dunkelheit auslöst u.a. Blickt man in einen Brunnen, so wird man die Leere auch an seiner Dunkelheit erkennen. Daher gibt es z.B. in der Bambara-Sprache Malis auch die Bezeichnung kùnfin, w. Schwarzkopf (Kopf, in dem nur Leere ist), die in der Übersetzung „Analphabet“ oder „Dummkopf“ bedeutet. Im Vergleich dazu bedeutet „Weiß-Kopf“ (kunjè) den „brillanten Denker“ und Erfahrenen.

[22] Dabei störte es das Urteilsempfinden der Kritikerin nicht, daß sie selbst – in Österreich geboren – möglicherweise überhaupt keine afrikanische Sprache mehr sprach. Als Studentin am Institut für Afrikanistik hätte sie zudem zumindest in Erfahrung bringen können, daß ich mich als Linguist in Wissenschaft und Lehre etwa 20 Jahre lang mit afrikanischen Sprachen beschäftigte, davon 7 Jahre in Afrika und dabei 15-20 Sprachvarianten untersuchte.

[23] Ich lebte und arbeitete 1976 einige Monate in einem Kibbutz in Norden Israels.

[24] Daniel Lévy, der damalige israelische Außenminister, tobte angesichts der Regierungsbeteiligung der FPÖ 2000 und rief wütend aus, daß man doch nicht im Jahr 2000 derartig rechtsgerichtete Bewegungen an einer Regierung beteiligen könne. Er wäre glaubhaft gewesen, hätte er von der berechtigten Angst vieler Juden vor einer Wiederholung der Geschehnisse in den 30er-Jahren gesprochen. Aber eigentlich hätte er wissen und berücksichtigen müssen, daß bereits in der Regierung Begin ein Minister saß, der die Ausweisung aller Palästinenser aus deren Heimatland forderte, was sich bei der neuen Regierung Ariel Sharons wiederholte.

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