Die Welt der Vorurteile
Die Welt der Vorurteile
In diesem Abschnitt werden zuerst Grundlagen von Vorurteilen diskutiert und anschließend sowohl weiße Vorurteile gegen Schwarz wie auch schwarze Vorurteile gegen weiß in Wien und Österreich vorgestellt.
Die Gesellschaft, in die sie kamen
Personengruppen mit fremdenfeindlichen Tendenzen
Wer neigt besonders zu Vorurteilen gegenüber Zuwanderern? Wichtige Studien stimmen weitgehend überein, daß bestimmte Bevölkerungsgruppen überdurchschnittlich häufig fremdenablehnende Einstellungen zeigen.
Nach der europaweiten SORA-Studie[1] (2001:11) hängen Fremdenfeindlichkeit
und -akzeptanz besonders mit folgenden Eigenheiten der Befragten zusammen:
- Wahlverhalten: Die Anhänger rechtsgerichteter oder nationalistischer Parteien sind besonders häufig fremdenablehnend, Grünwähler hingegen am seltensten;
- Bildung: Mit steigender Bildung der Befragten sinkt die Ablehnung von Zuwanderern;
- Zufriedenheit mit der eigenen Situation: je zufriedener, um so toleranter;
- Familiäre Beziehungen zu Menschen anderer Kulturen, Religionen, Nationalität und ethnischer Herkunft: Mit persönlichen und intensiven Begegnungen ergibt sich leichter ein realistisches Bild von Zuwanderern;
- Erfahrung mit Arbeitslosigkeit: Mit dem durch Arbeitslosigkeit ausgelösten Frust steigt die Ablehnung von Zuwanderern, die man in der bedrohlichen Situation als zusätzliche Konkurrenten empfindet;
- Pessimistische Zukunftserwartungen bezüglich der eigenen Lebenssituation.
Auch Minoritäten, häufig also ehemalige Zuwanderer, sollen im Vergleich mit dominierenden Bevölkerungsgruppen stärkere fremdenablehnende Tendenzen zeigen (SORA 2001:20)[2]. Dies dürfte damit zusammenhängen, daß ihre individuelle Lebenssituation in oft marginalisierten Bereichen durch Zuwanderung (sog. „Unterschichtung“) stärker bedroht sein könnte, was zu pessimistischeren Zukunftsaussichten (s.o.) führt.
Die Sozialforscher der SORA-Studie teilten die befragten Europäer nach ihren Einstellungen in vier verschiedene Gruppen:
- Intolerante: 14% der europäischen Bevölkerung werden dieser Gruppe zugezählt, die sich durch die Anwesenheit von Minderheiten gestört fühlt und auf einer Assimilation der Zuwanderer besteht. Sie wünscht eine Rückführung von Migranten und sehr strenge Einwanderungsgesetze;
- Ambivalente: 25% der EU-Bevölkerung fühlen sich nicht gestört, nehmen aber keinen positiven Einfluß von Minderheiten auf die Gesellschaften an. Sie bevorzugen ebenfalls die Assimilation von Zuwanderern;
- Passiv Tolerante: 39% der EU-Bevölkerung sehen positive Auswirkungen von Minderheiten auf die Gesellschaft, fordern keine Assimilation, unterstützen aber keine minderheitenspezifischen Hilfsmaßnahmen;
- Aktiv Tolerante: 21% der EU-Bevölkerung halten die Existenz von kulturell eigenständigen Minoritäten für wünschenswert und bereichernd und unterstützen darüber hinaus aktive Hilfsmaßnahmen für Minoritäten wie antirassistische Aktivitäten.
Österreich schneidet bei dieser Studie im Mittelfeld der EU-Länder ab. 12% der Österreicher sind intolerant (gegenüber 25% der Belgier bzw. 4% der Spanier); 30% sind ambivalent; 37% sind passiv tolerant und 20% sind aktiv tolerant (gegenüber 33% in Dänemark und Schweden bzw. 7% in Griechenland).
Compared to other EU Member States, respondents in Austria occupy a median position in most rankings; some attitudes towards minorities are slightly more negative than the EU average (SORA 2001:11)
In Österreich hängt Fremdenfeindlichkeit nach der erwähnten SORA-Studie besonders eng zusammen mit (in absteigender Rangordnung)
- der Intensität von Beziehungen mit Menschen anderer Nationalitäten (je seltener, desto größer die Ablehnung);
- dem Wahlverhalten, wobei FPÖ-Wähler besonders schlecht abschneiden;
- erfahrener Arbeitslosigkeit (erhöht Ablehnung);
- dem Bildungsgrad (ein höherer vermindert Ablehnung).
Bei dieser Eurobarometer-Studie mit 1000 Befragten/Land schneiden die Österreicher überdurchschnittlich schlecht bei der Akzeptanz von Arbeitssuchenden aus Osteuropa und bei der Zuwanderung anderer EU-Bürger ab. Deutlich gefallen gegenüber der Umfrage von 1997 ist die Zustimmung zu einer multikulturellen Gesellschaft (von 71% auf 52%).
Die Soziologin Hilde Weiß (1999:39) sieht bei ihrer Österreich-Umfrage darüber hinaus noch als wichtige Faktoren der Fremdenfeindlichkeit
- das Alter (mit zunehmendem Alter steigt die Ablehnung);
- den Lebensraum (im ländlichen Bereich ist die Ablehnung von Zuwanderern größer).
Hilde Weiß definiert bezüglich der Fremdenablehnung vier verschiedene Gruppen in der österreichischen Gesellschaft (1999:59ff):
- stark überdurchschnittlich gebildete Bürger;
- Personen mit autoritärer Anfälligkeit (gekennzeichnet durch sehr niedrige Bildung, unterdurchschnittliches Demokratieverständnis, Tendenz zum ökonomischen Nationalismus);
- Ältere mit nationaler Orientierung (geringere Bildung, höheres Alter, starke Neigung zu ökonomischen Nationalismus);
- Jung, nationalistisch und demokratisch (jung, überdurchschnittlicher ökonomischer Nationalismus und Anomie, ausgeprägtes Demokratieverständnis).
Die höchste Ausländerablehnung zeigt nach Weiß die Gruppe der Autoritären (41% von ihnen lehnen Zuwanderer ab), gefolgt von den Älteren mit nationaler Haltung (39%). Die Akzeptanz von Gewalt gegenüber Zuwanderern ist nach Weiß in erster Linie von niedriger Bildung, in zweiter Linie von höherem Alter bestimmt; Wohlstandschauvinismus (man gönnt Zuwanderern nicht ihren Anteil am Wohlstandskuchen) erklärt sich neben Bildung und Alter auch durch niedriges Einkommen und Leben in kleineren Gemeinden.
„Es zeigt sich deutlich, daß Ausländerablehnung ideologisch durch jene Faktoren erklärt wird, die Bestandteile eines rechten Einstellungssyndroms sind: aus ökonomischen Nationalismus, kapitalistische Orientierung, Mißtrauen in Politik und geringer demokratischer Orientierung (d.h. Unterstützung autoritärer staatlicher Maßnahmen). (Weiß 1999:53)“
Hingegen findet Weiß weder in eigenen noch in fremden Studien eine Unterstützung für die weitverbreitete These, daß Modernisierungsverlierer Zuwanderer besonders ablehnen (1999:10). Wohl aber scheint die Krise der Wohlfahrtsstaaten sowie das nahende Ende der Nationalstaaten erhöhten Nationalismus und indirekt damit auch erhöhte Ablehnung anderer Nationalitäten zu bewirken (Weiß 1999:35ff).
Rathner teilt in seiner Studie über Autoritarismus in Österreich weitgehend die Analysen von Weiß, daß vor allem autoritäre Tendenzen Fremdenfeindlichkeit
begünstigen. Rathner (2001:2):
„Die Analyse der Ursachen von Fremdenfeindlichkeit ergab, daß folgende Faktoren (in abnehmender Bedeutung) Xenophobie voraussagen: Autoritarismus ist der wichtigste Einflußfaktor. Es folgen Antisemitismus, höheres Alter, große subjektive Verunsicherung und die politische Selbsteinstufung eher rechts bis rechts. Die nächsten Faktoren sind Pseudopatriotismus, Rechtsextremismus, geringere Schulbildung und Verhaltensrigidität. Die Anzahl der Ausländer in der Wohnumgebung wirkt sich insofern aus, als viele, aber auch keine Ausländer in
der Wohnumgebung zu einer höheren Xenophobie führen. Schlußendlich sind noch das Ausmaß erlebter wirtschaftlicher Verunsicherung angesichts der Modernisierungsrisiken zu erwähnen. Diese eindeutigen Ergebnisse bieten verschiedene Ansatzpunkte für eine Veränderung der Situation.“
Ziele und Motive der Fremdenfeindlichkeit
Manche Zuwanderergruppen scheinen häufiger als andere auf Widerstand und Ablehnung zu stoßen. Weiß nennt hier besonders:
- Asylanten und Flüchtlinge: Nach Richter[3] verkörpern sie die tiefsitzende Angst vor existentiellen Bedrohungen wie Verlust der Arbeit, der Sicherheit, des Wohnrechts u.a. Im Lichte der sozialpsychologischen Interpretation äußert sich dies vor allem in Aggressionen gegenüber jenen, die dieses Schicksal verkörpern.
- Äußerlich auffällige Zuwanderer (Äußerlichkeiten wie Hautfarbe oder sichtbare Symbole kultureller Differenz wie z.B. das Kopftuch moslemischer Frauen).
Diese Auffälligkeiten gehen häufig mit negativen Vorstellungen einher[4];
- Personen, die bestimmten Merkmalen und Werten nicht zu entsprechen scheinen, die in der lokalen Kultur besonderen Stellenwert genießen (z.B. sauber, fleißig, strebsam, Leistung, Disziplin)[5]. Manche Autoren meinen, daß besonders jene Werte als Maßstab herangezogen werden, die von vornherein klarstellen, wer der Überlegene sei, nämlich die lokale Kultur[6].
- Kriminalität: Besonders stark werden Zuwanderer abgelehnt, wenn der Zuwanderergruppe erhöhte Kriminalität oder kulturelle Unverträglichkeit nachgesagt wird. Die Konkurrenzangst am Arbeitsmarkt oder das Vorurteil des Sozialschmarotzers spielt eine deutlich geringere Rolle (Weiß 1999:21)[7].
„Argumente gegen Zuwanderung werden zwar häufig auf ökonomischer Ebene geführt, doch ist die ökonomische Toleranz bis hin zur Bereitschaft, Flüchtlinge aufzunehmen, oft höher als die kulturelle Toleranz.“ (Weiß 1999:31)
Die Ablehnung einer allgemeinen Gruppe Ausländer ist wesentlich stärker als die Ablehnung einzelner Zuwanderergruppen (Weiß 1999:22):
„Aber selbst gegen häufig stigmatisierte Gruppen wie z. B. „Schwarzafrikanern“ oder Einwanderer aus dem“ ehemaligen Ostblock, ist die emotionale Abwehr [..] im Vergleich zu den generalisierten Ausländerablehnungen viel niedriger.“
Stagnation und Verlustängste als Auslöser von Fremdenablehnung
Vorurteile bleiben oft latent. Eine starke Zuwanderung muß längst noch nicht bedeuten, daß damit auch eine starke fremdenfeindliche Stimmung einhergeht. Eine schlechte wirtschaftliche Situation kann von einer weitgehenden Akzeptanz von Zuwanderern begleitet werden. Nur eines scheint kaum jemals „unsanktioniert“ zu bleiben: die Gefahr des Verlusts „wohlerworbener Zukunftsperspektiven“.
Wenn Gesellschaften in die Krise geraten, das eigene Kuchenstück plötzlich verteidigt werden muß, dann scheinen viele latente negative Einstellungen plötzlich virulent zu werden. Hier hilft auch kein Hinweis, daß es Nachbargesellschaften noch viel schlechter ginge[8]. Man ist sehr viel eher bereit, zukünftige Gewinne als bereits vorhandene Ressourcen zu teilen. Wirtschaftspsychologische Forschungen (besonders Hahneman und Tversky 1984, die die Theorie der loss aversion entwickelten) zeigten, daß Verluste etwa doppelt so stark wie gleich hohe Gewinne empfunden werden und daß Strategien daher primär wesentlich stärker auf die Vermeidung von Verlusten als auf Zugewinn ausgerichtet sind[9]. Daher werden Zuwanderer viel eher akzeptiert, wenn es um die Verteilung von zu erwartenden Gewinnen (bei starkem Wirtschaftswachstum) als um die Neuaufteilung eines gegebenen Kuchens geht (bei Rezession). Für das Marketing von Zuwanderern muß daher als Werbestrategie unbedingt die Gewinnchance für die Alteingesessenen hervorgehoben werden.
Auch hier zeigt ein Vergleich mit afrikanischen Gesellschaften zahlreiche Parallelen: Die Offenheit von Gesellschaften für Zuwanderer während eines Wirtschaftsaufschwungs und die zunehmende Verschließung, wenn Systeme in die Krise geraten. So war z.B. die Côte-d’Ivoire durch viele Jahre als „Schweiz“ Westafrikas stabil und offen für Fremde, solange hohe Kakao- wie Kaffeepreise dem Land einen relativ hohen Wohlstand bescherten. Millionen von Zuwanderern aus dem ärmeren Sahel kamen in diesen Jahren an die Côte-d’Ivoire, um meist auf den Plantagen zu arbeiten. Nach dem Verfall der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt und dem folgenden Sinken des relativen Wohlstands kam es zu immer häufigeren aggressiven Akten gegen ärmere Zuwanderer und zu vielen Tausenden widerrechtlichen Ausweisungen von legal im Lande arbeitenden Zuwanderern, besonders von Migranten aus Burkina Faso. Ähnliche Veränderungen lassen sich aus den meisten afrikanischen Ländern mit vergleichbarer Entwicklung vermelden (wie z.B. Ghana, Nigeria, Kenia, Südafrika[10] etc.)
Bedeutungsverlust und Funktionalisierung von „Rassismus“
Wann ist etwas rassistisch? Wann beginnt ein Umgang mit Worten und Menschen, welcher tiefe Geringschätzung und Verachtung für Menschen anderer Herkunft ausdrückt? Hier einige Beispiele:
- Ein Afrikaner in der Disco zu einer Wienerin: Möchtest Du mit mir tanzen? Sie sagt Nein. Er: Du bist eine Rassistin!
- In einer Umfrage über die Integration von Afrikanern in Wien stelle ich u.a. die Frage, ob man Menschen aus verschiedenen Herkunftsregionen für intelligent halte. Umfragen unter Afrikanern zeigen, daß etwa 2/3 (64,3%) von ihnen annehmen, sie bekämen qualifizierte Jobs nicht, weil man sie für weniger intelligent hielte. Es gilt also, diese Aussage auch in der lokalen Bevölkerung zu verifizieren. In den Befragungen weist etwa jeder zehnte Befragte derartige Fragen als rassistisch zurück. Solche Fragen stelle man nicht, das sei rassistisch.
- Ein Freund teilt seinen Eltern mit, daß er am Sonntag seine schwarze Lebensgefährtin mitbringen möchte. Reaktion des Vaters: „Ein Hund kommt mir nicht bei der Türe herein!!!“
- Ein Wiener Student fährt nach Afrika, um sich mit einer interessanten Kultur zu beschäftigen, die auch im Westen eine gewisse Anerkennung genießt. Er findet nicht zuletzt auch deshalb tieferen Zugang, weil er sich in eine Frau aus einer der führenden Familien dieser Kultur verliebt und sie umgehend traditionell heiratet. Er kehrt mit ihr nach Wien zurück. Seine Eltern, von deren Unterstützung er lebt, sind erschüttert. Sie hoffen und unternehmen alles, damit die Ehe zerbricht. Aisha kommt zwei Jahre später zu mir und schüttet mir ihr Herz aus. Die Ehe ist kaputt, sie wird in Kürze wieder in ihr Heimatland zurückkehren. Sie erzählt mir, daß sie zwei Mal schwanger war. Jedesmal drohten die Eltern ihres Mannes, sie würden ihm jegliche finanzielle Unterstützung entziehen, sollte das Kind geboren werden. Ihr Mann übte daraufhin so starken Druck auf Aisha aus, daß sie beide Male abtrieb. Jetzt sitzt sie gebrochen vor mir, heulend, verzweifelt…
Vier vergleichbare Sachverhalte, die zu Recht zum Aufschrei Rassismus führen? Nahezu unterschiedslos wird inzwischen der Begriff Rassismus eingesetzt, um Annahmen über rassische Unterschiede, Fremdenfeindlichkeit, Fremdenangst, Gruppen- und Individualinteressen zu beschreiben oder als moralische Keule bzw. Druckmittel zu dienen. Es sind nicht nur die Betroffenen selbst, die sich dieser Terminologie bedienen, sondern häufiger noch Warnende der lokalen Gesellschaft. Viele Sympathisierende schreien schon Rassismus, während ein großer Teil der persönlich betroffenen Afrikaner noch abwägt. Für viele ist z.B. die Verwendung des Wortes Neger per se rassistisch, für die Mehrzahl der Afrikaner ist das Wort verletzend, seine Verwendung dann, wenn sie intentional mit Kenntnis der verletzenden Bedeutung erfolgt.
Es ist auffällig, daß oft die gleichen Personen, die lautstark Toleranz und Differenzierung bei der Betrachtung von Zuwanderern einfordern, in ihrer Sprache Differenzierung vermeiden lassen, wenn sie Fremdenangst, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus mit dem alleinigen und schärfsten Begriff Rassismus abdecken. Wurde Rassismus ursprünglich nur für Vorurteile gegenüber sogenannten Rassen verwendet, so wurde sein Bedeutungsfeld immer weiter ausgeweitet. Kultureller Rassismus bezeichnet Vorurteile gegenüber anderen Kulturen, neue Tendenzen gehen bereits dahin, jede Art von Vorurteil gegenüber Gruppen als Rassismus zu bezeichnen, also auch sexistische Vorurteile. Damit kommt es zu einem deutlichen analytischen Schärfeverlust des Begriffs, der immer inhaltsleerer wird und immer mehr Zusatzerklärungen verlangt. Viele differenzieren in ihrem Wunsch, Kritik scharf auszudrücken, zu wenig. Andererseits werden Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Ethnozentrismus, Fremdenangst, Fremdenhaß, Heterophobie, Xenophobie von verschiedenen Beschreibern oft für den gleichen Sachverhalt verwendet. Die Literatur ist inzwischen voll von Diskussionsbeiträgen zur Abgrenzung der einzelnen Begriffe.
Für diese Studie sind folgende Begriffe von Relevanz:
- Fremdenangst: Sie liegt vor, wenn der Kontakt mit dem Unbekannten durch diffuse Ängste zu einer starken Rückzugstendenz führt. Präzise Vorurteile über die Kultur des Anderen sind kaum vorhanden, jedoch findet eine Angstreaktion auf der emotionalen Ebene statt.
- Fremdenfeindlichkeit bzw. –haß: Im Gegensatz zur Fremdenangst erfolgt kein Rückzug, sondern eine hochemotionale aggressive Abwehr des „Eindringenden“. Vom Rassismus unterscheidet sich die Fremdenfeindlichkeit durch das Fehlen präziser Vorurteile über den Fremden.
- Rassismus: Dieser Begriff ist eng mit dem Gefühl der Überlegenheit der eigenen Gesellschaft, des eigenen Volkes und seiner Menschen verbunden und basiert auf der Zuschreibung präziser negativer Eigenschaften der Kultur bzw. der „Rasse“ des Fremden. In dieser Definition vereinen sich der sogenannte kulturelle und der biologische Rassismus. Diese Formulierung lehnt sich eng an Miles (2000:24) an[11].
Ich selbst verwende den Ausdruck Rassismus nur selten und ungern. Seine Verwendung ist für mich auch Ausdruck eines deutlich verminderten Glaubens an die Wirksamkeit von Bildungs- und Begegnungsmaßnahmen. Spreche ich von Fremdenangst, so spreche ich von Schwächen und Problemen der Vorurteilsbehafteten, deren Behebung auch eine Lösung des Problems bewirken kann[12]. Gleiches gilt für Fremdenfeindlichkeit. Begriffe wie Rassist vermitteln viel stärker den Eindruck, daß die Vorurteile des Anderen nichts mit dessen Realität und Problemen zu tun haben, sondern fast schon wieder genetisch (beim Vorurteilsträger) und damit unveränderlich sind. Vielleicht vermitteln wir mit dieser Wortwahl dem besagten Rassisten auch viel stärker das Gefühl, daß wir uns gar nicht für seine Motive interessieren, sondern nur für seine Verurteilung. Verzichten wir mit der allzu leichten Verwendung dieses Begriffes darauf, um jeden Einzelnen gegen sein Abgleiten in die Radikalität zu kämpfen? Agieren wir so, weil uns möglicherweise der Feind zur eigenen subjektiven Aufwertung
wichtiger als die Veränderung ist und wir ihn als Feindbild benötigen, vielleicht ebenfalls aus tiefem Frust heraus? Robert Pfaller kritisiert kontraproduktive antirassistische Kritik[13]:
„Man bildet sich nicht nur ein, fortschrittlich zu sein, sondern man bildet sich auch darauf etwas ein. Wenn diese auf das Selbstbild bezogene, narzißtische Dimension des Anti-rassistischen Engagements übersehen wird, können schwere und folgenreiche strategische Fehler entstehen – bis hin zu einer allgemeinen Unfähigkeit zur Strategie. Wenn man zum Beispiel den Rassismus zu bekämpfen versucht, indem man als erstes den Vorwurf des Rassismus erhebt, so besteht die Gefahr, die Bindungen zwischen der für Rassismus empfänglichen Bevölkerung und jenen Apparaten, die ihn schüren, zu verstärken, anstatt sie zu durchtrennen.“
Der Autor meinte, anhand von verwendeten Symbolen zeigen zu können, daß die Botschaft der Linken eher lautet: „Wir wollen unter uns bleiben. Bleibt, wo ihr seid! Kommt ja nicht auf unsere Seite herüber“…. Auch der Appell der „Demokratischen Offensive“ sagt unterschwellig: „Bitte bleibt Rassisten, damit wir es euch weiter vorwerfen können“. Der Autor meint, daß im Gegensatz zur französischen Aktion “ SOS Racisme“ die Botschaft des Symbols war, stolz und narzißtisch zu betonen „Wir sind Anti-Rassisten“, während in Frankreich die Botschaft war: „Du bist Anti-Rassist“. Das französische Zeichen hatte nicht eigenen Stolz, sondern fremden ermöglicht. Und es war damit nicht nur ein Appell, sondern besaß tatsächlich die Kraft, Konflikte umzulenken. Denn es konnte gerade diejenigen, die in Gefahr waren, vom Rassismus erfaßt zu werden, in Kämpfer gegen den Rassismus verwandeln…
Fördern manche von denen, die eine verstärkte Integration von Afrikanern fordern, nicht häufig sogar gesellschaftliche Lagerbildung, wenn sie allzu schnell Menschen in Kategorien stecken, aus denen diese schwer entrinnen können? Vielleicht wollen sie aus diesen gar nicht mehr entrinnen, weil sie mit denen, die so schnell verallgemeinernde Schlüsse ziehen, gar nichts mehr zu tun haben wollen, weil sie sie für hoffnungslos intolerant halten?
Wenn es um das Finden und den Nachweis von Rassismus geht, scheint oft das elementare Prinzip der Unschuldsvermutung eines Angeklagten bis zum Nachweis seiner Schuld nicht zu gelten und äußerst bescheidene Indizien genügen zur Anklage des Rassismus. Man darf fast jeden Blödsinn behaupten, wenn er nur genügend kritisch klingt und dem Ideal des Kämpfers gegen eine grundsätzlich rassistische Gesellschaft gerecht wird. Und man hat damit sogar gute Publikationschancen. So schreibt z.B. der Rassismus-Experte Giaco Schiesser über die erste von „fünf unabdingbaren Einsichten in Rassismus“[14]:
„.. der Rassismus ist ein dem Kapitalismus inhärentes Problem: Es ist an dieser Stelle vielleicht hilfreich, darauf hinzuweisen, daß erst seit dem 18. Jahrhundert und einzig im kapitalistischen Europa und in den USA die Menschheit in „Rassen“ eingeteilt wurden“
Wie leicht gibt sich dieser Experte mit ihm passenden Antworten zufrieden. Kennt er alle 4000-5000 Sprachen der Welt, ihre Klassifikationsmuster und semantischen Felder? Weiß er, daß maximal ein Fünftel der Sprachen der Welt so gut untersucht ist, daß man die Frage, ob der Begriff Rasse in ihnen eine Entsprechung findet, beantworten könnte? Hat er tiefere Einblicke in auch nur 1% dieser Sprachen? Aber dennoch hält er es für eine unabdingbare Einsicht, also für eine nicht widerlegbare Aussage mit absolutem Wahrheitsgehalt. Wenn Rasse die Vorstellung bedeutet, daß eine menschliche Gruppe von einem einzigen Ursprung abstammt und sich daher genetisch signifikant von anderen unterscheidet (was spätestens seit Cavalli-Sforza 1994 als widerlegt gilt[15]), dann finden sich für den Begriff Rasse Entsprechungen in einer Reihe afrikanischer Sprachen: siya bedeutet Volk im Bambara von Mali und besteht aus si „Samen“ und dem Abstraktionssuffix –ya. Volk bedeutet also wörtlich „das, was einem Samen entsprang“, ein deutlicher Hinweis auf ein rassenähnliches Konzept[16].
Generell läßt sich aus den Aussagen Schiessers ein primäres Feindbild Marktwirtschaft und Westen herauslesen. Rassismus sei ein dem Kapitalismus inhärentes Problem. Begründungen werden kaum geliefert. Was ist mit anderen Gesellschaftsformen, was mit vorkapitalistischen Gesellschaften? Waren die Kreuzzüge rein idealistischer Natur oder arbeitete man nicht auch dort mit Feindbildern; was ist mit dem kulturellen Überlegenheitsgefühl vieler Chinesen, das sich oft genug auch schmerzlich auf Afrikaner auswirkt; was mit interethnischen Vorbehalten in traditionellen Gesellschaften, mit dem extremen Rassismus, der nach 70-Jahren Sowjetherrschaft in vielen Regionen des ehemaligen Ostblocks zum Vorschein kommt?
Wenn es um den Haß auf die eigene Kultur geht und um Erklärungsmechanismen für Fremdenfeindlichkeit, verflacht oft das Denken sonst durchaus ernstzunehmender Experten. Mit ungeheurer Leichtigkeit werden verallgemeinernde Aussagen gemacht, die – angewandt auf andere Kulturkreise – wohl oft als rassistisch kritisiert würden.
Ich führte vor einigen Jahren ein Gespräch mit einer lateinamerikanischen Kulturmanagerin in Wien. Ihr Institut organisierte kurz zuvor ein internationales Festival traditionellen Tanzes, zu dem Volkstanzgruppen aus allen Teilen der Welt eingeladen wurden. Also schlug sie vor, auch österreichische Gruppen einzuladen. „Österreichische? Aber das ist doch faschistisch und rassistisch!“ meinten ihre österreichischen Kollegen. Sie war fassungslos.
Rassismus scheint für viele klar lokalisierbar zu sein, nämlich im Westen. Darüber hinaus dürfte er männlich sein[17]. Falls Formen des Rassismus im Süden auftreten, so werden auch dort vor allem westliche Ursachen dafür gesucht: der Westen, der erst die Grundlagen für Rassismus durch Ausbeutung legt, durch Unterstützung menschenverachtender Diktatoren sowie durch Schaffung sogar der sozialen Entitäten, die einander bekriegen. So schreibt z.B. Emeir[18] im Zusammenhang mit dem Ruanda-Genozid, daß fast alle afrikanischen „Stämme“ erst im Kolonialismus geschaffen wurden. Diese verallgemeinernde Aussage geht weit über gesichertes Wissen hinaus und generalisiert Untersuchungen von Terence Ranger[19] über einzelne Völker, die erst im Kolonialismus als ein Volk interpretiert wurden.
Von einem analytischen Begriff fremdenfeindlicher Tendenzen ist das Wort Rassismus durch wahllose Verwendung fast schon zu einem Synonym selbstgewählter Lagerbildung geworden.
Die Geschlossenheit der lokalen Gesellschaft
Afrikaner kommen in Österreich in eine relativ geschlossene Gesellschaft, die sowohl in Erziehungsmustern wie in der politischen Praxis das Brav-Sein belohnt und das Anders-Sein bestraft, was sich letztendlich auch in geringeren Chancen von Zuwanderern in wesentlichen Bereichen, wie auch auf dem Arbeitsmarkt, äußert.
Der österreichische Psychologe Erwin Ringel gibt verschiedene Hinweise zur Genese der Geschlossenheit und Ablehnung der Andersseienden. Er zeigt, wie dominierende Erziehungsmuster in der österreichischen Gesellschaft zu Anpassung und Konformismus der Erwachsenen führen (Ringel 1984:10):
„Wiederholte Umfragen haben ergeben, daß die drei wichtigsten Erziehungsziele des Österreichers lauten: Gehorsam, Höflichkeit, Sparsamkeit – von da kommt die Bereitschaft des Österreichers zu „devotem Dienen“, mehr noch zu „vorauseilendem Gehorsam“, d.h. Befehle, noch ehe sie ausgesprochen, zu erahnen und zu erfüllen – das Wort „Glücklich-Sein“ scheint gar nicht auf.“
Unterwerfung und Patenwirtschaft sind die zwei komplementären Eckpfeiler dieses Denkens. Die großen Parteien ÖVP und SPÖ infiltrieren und dominieren seit dem 2. Weltkrieg alle wesentlichen öffentlichen Bereiche. Durch den starken öffentlichen Anteil an Wirtschaft und Arbeitsplätzen (v.a. durch die Verstaatlichte Industrie und Verwaltung: Bis vor wenigen Jahren landeten 70% der Universitätsabgänger bei Staat und Bund.), am Wohnungsmarkt (40% der Wiener Wohnungen gehören der Gemeinde Wien) und Kreditsektor (bis vor kurzem waren alle großen Banken im öffentlichen Eigentum) gab es bei verschiedenen Ausbildungswegen und Bedürfnissen oft keine Alternative zu Monopolen des Staates oder des Landes.
ÖVP und die SPÖ teilten mit einem konsequenten Proporzsystem den Staat und seine Ressourcen jahrzehntelang unter sich und ihren Günstlingen auf. Interessante Spitzenposten wurden mitunter mit je einem roten und einem schwarzen Vertreter besetzt, um beiden Parteien gleichzeitig Einfluß wie Pfründe zu sichern (z.B. bei der Leitung der AUA). Wer in bestimmten Bereichen arbeiten wollte, eine Wohnung haben wollte, einen billigen Kredit benötigte, mußte oft zwangsläufig politischen Parteien beitreten, die diese Bereiche kontrollierten. Nur ÖVP-Mitglieder hatten Chancen auf Lehrerstellen in Niederösterreich[20], nur SPÖ-Mitglieder auf Lehrerstellen in Wien. Dieser Machtmißbrauch und die geringe Rolle der privaten Wirtschaft verstärkten Tendenzen der Unterwürfigkeit und die Einstellung, daß man hohe Ziele im Leben nicht vorrangig durch Leistung, sondern durch Beziehungen erreicht. Seit vielen Jahren ist Österreich in der gesamten westlichen Welt das Land mit dem mit Abstand höchsten Prozentsatz an Parteibuchinhabern (noch in den 80er-Jahren fast 50% der Arbeitnehmer), sogar noch weit mehr als in der ehemaligen UdSSR.
Thomas Seifert zeigt in seinem Buch Sprungbretter zur Macht[21] die wesentlichen informellen Zugangsarten zu öffentlichen Chancen und nennt u.a. politische Parteien, kirchliche Vereine, Burschenschaften[22], Organisationen wie die Freimaurer, den Cartell-Verband[23] und Eliteschulen. Er zeigt ihre Bedeutung für die Rekrutierung im öffentlichen und halböffentlichen Dienst und teilweise sogar inzwischen privatisierten ehemaligen Staatsbetrieben[24]. Das Aufkommen der Privatwirtschaft und die damit gestiegene Unabhängigkeit vieler Menschen, die sich auch in einer für Österreich ungewohnten Wechselwähler-Zunahme auswirkt, schwächt die staatliche Dominanz inzwischen etwas ab.
Viele Österreicher, darunter Spitzenfunktionäre wie der ehemalige Wiener Bürgermeister Helmut Zilk finden diese Praxis der unfairen Postenvergabe zum „Kotzen“[25]. Ein führender Personalmanager Österreichs, Otmar Hill, meint, daß bei qualifizierten Postenvergaben im öffentlichen Bereich fast nur Beziehungen eine Rolle spielen[26]. Der Soziologe Rudolf Richter findet, daß die Zivilgesellschaft schwächer als etwa in Skandinavien sei und erst dadurch derartige Mißbräuche möglich seien. Dort sei die gegenseitige Kontrolle größer und das demokratische Bewußtsein ausgeprägter. „Österreich habe, vorsichtig gesagt, schon noch eine gewisse autoritäre Orientierung.“[27].
Um die Fortführung des Systems sicherzustellen, erfolgt die Rekrutierung also vorwiegend über Pfade, die den angepaßten Charakter des neuen Arbeitskollegen garantieren: über Parteien, die Kirche, über informelle und formelle Institutionen und andere Beziehungen.
„Der … kann das unmöglich werden. Der hat doch außer Qualifikation nichts einzubringen.“ [28]
Man erlangt seinen Arbeitsplatz durch Beziehungen, steigt durch Beziehungen auf, ist dadurch leicht unter Druck zu setzen, was die dauerhafte Abhängigkeit und den systemunkritischen Charakter des Posteninhabers garantiert. Man liebt keine Experimente und keine Menschen, die durch Systemkritik und Veränderungswillen Unruhe bewirken könnten. In dieser konformistischen Welt ist der Andersdenkende und Kritiker des Systems nicht eine Erweiterung des Horizonts, sondern eine Bedrohung. Da die Qualifikation bei zahlreichen Postenvergaben nicht im Vordergrund steht, bleiben viele Stelleninhaber über die eigene Leistungsfähigkeit verunsichert. Das verstärkt den Wunsch nach der Vermeidung kompetenter Kollegen, die die eigenen Schwächen erkennbar machen könnten. Daher kommt es häufig zum Ausschluß und zur Nichtaufnahme von Unabhängigen:
„..die Verdränger haben vor niemandem so große Angst wie vor denjenigen, die kommen und versuchen, diese Verdrängung aufzuheben. Darum sind die Mahner, die Aufdecker, die Wahrheitssucher, die Propheten in diesem Lande nicht erwünscht.“ (Ringel 1984:20)
Partei- und Gruppenunabhängige haben als potentielles Sicherheitsrisiko daher große Probleme, auf qualifizierten Stellen in öffentlichen Bereichen unterzukommen. Zuwanderer sind fast per Definition Nicht-Insider und Nicht-Ingroup-Mitglieder, was sie von vornherein suspekt macht, nicht berechenbar erscheinen läßt und benachteiligt.
Der Wunsch nach Kontrolle nach unten zeigt sich auch in einem stark ausgeprägten Multifunktionärswesen und zahlreichen Interessenskonflikten. Das Multifunktionärswesen (manche Politfunktionäre übten bis zu 12 bezahlte Funktionen gleichzeitig aus) machte manche hohen Parteimitglieder von SPÖ und ÖVP innerhalb kurzer Zeit zu reichen Menschen (wie z.B. einige führende Gewerkschaftsvertreter). Das Eigentum des Staates wurde von Teilen der Elite fast als Selbstbedienungsladen gesehen, in welchem man sich nach Belieben Privilegien und Einkommen sichern konnte. Die Gehälter der österreichischen Nationalbank waren die weltweit höchsten, was der ehemalige Generaldirektor Kienzl (viermal höheres Einkommen als der amerikanische Notenbankpräsident Greenspan) mit den zynischen Worten rechtfertigte, daß ein Golfspieler noch wesentlich mehr verdiene.
Dieses Stammesdenken und der Gesinnungsdruck nach unten trugen vermutlich erheblich zum Aufstieg von Jörg Haiders FPÖ bei, die sich erfolgreich als Kämpfer gegen Funktionärseliten und –privilegien profilierte. Daß nach dem Regierungseintritt der FPÖ plötzlich auch blaue Krieger en masse an den Futtertrögen der Macht auftauchten, beschleunigte die Entmystifizierung der FPÖ, die nun als eine ähnlich „alte“ Partei wie die anderen erschien[29]. Fälle wie Ute Fabel[30] oder Reinhart Gaugg[31] machten klarer, daß der Kampf der FPÖ gegen Privilegien v.a. ein Kampf gegen die Privilegien anderer war.
In einer derartigen Atmosphäre entwickelt sich eine äußerst gönnerhafte Beziehung zwischen vielen Beamten auf Verteilerfunktionen und Antragstellern. Man rühmt sich wie ein SPÖ-Parlamentarier mitunter unverblümt in den Medien, etwa 1000 Personen zu Arbeit verholfen zu haben, was natürlich bedeutet, daß wohl in 1000 Fällen Besserqualifizierte benachteiligt wurden. Man betrachtet sich als Eigner der Ressourcen und reagiert oft mit Wut und Verfolgung auf Undankbare, die so seltsame demokratische Rechte wie das auf konstruktive Kritik beanspruchen und versucht mitunter, sie aus den Strukturen auszuschließen[32]. Der heutige Nationalratspräsident Heinz Fischer verlangte unter Bruno Kreisky einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß[33] gegen Simon Wiesenthal, der die Vergangenheit des damaligen FPÖ-Chefs Friedrich Peter[34] aufgedeckt hatte. Als nahezu einzige Zeitschrift hatte das Profil den Mut, dieses Vorgehen als skandalös zu kritisieren, was durch die scharfen Reaktionen des von der SPÖ kontrollierten Staates fast zum Untergang der Zeitung führte[35].
Die Kultur des Klientelismus schwächt das Selbstwertgefühl und die Ich-Stärke, was die Anfälligkeit für rechte Tendenzen und autoritäre Persönlichkeiten erhöht. Die Ich-Schwäche zeigt sich im geringen Mut, eigene Gedanken auch gegen Widerstand zu vertreten und in der automatischen Unterstützung der Mächtigen, die Widerspenstige verfolgen. Dadurch blühen Denunziation und persönliche Angriffe.
Die sympathisierenden Bereiche
Als sympathisierende Bereiche werden in der Folge die Bereiche der Integration, der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit sowie der Universitätseinrichtungen mit Nord-Süd-Ausrichtung bezeichnet. In diesen Bereichen arbeiten viele Menschen, die sich für verbesserte Chancen von Afrikanern und anderen Zuwanderern einsetzen. Diese Bereiche werden großteils gefördert, um erkannte Ungleichgewichte und systematische Ungerechtigkeit in Österreich und anderswo theoretisch wie praktisch zu bekämpfen. Daher ist zu untersuchen, inwieweit sie im eigenen Haus größere Gerechtigkeit und Fairneß verwirklichen.
Leider sind auch innerhalb der sympathisierenden Bereiche mit hohem Demokratisierungsanspruch keine wirklich alternativen Gesellschaftsmuster zu bemerken. Diese findet man nicht, wenn man die Zuwanderern gebotenen Arbeitschancen als Maßstab nimmt (siehe S. 203ff). Man sieht auch keine unterschiedlichen Verhaltensmuster von Mächtigen im Umgang mit anderen Meinungen, die immer wieder wegen persönlicher Unsicherheit von Führungspersönlichkeiten mit autoritären Verhaltensmustern und Drohungen beantwortet werden. Multifunktionärswesen und offensichtliche Interessenskonflikte sind besonders im Bereich der Entwicklungspolitik zu bemerken. Bei der Vergabe qualifizierter Arbeitsplätze scheinen in allen drei Bereichen des öfteren extrafachliche Kriterien die Hauptrolle zu spielen, wie z.B. Parteizugehörigkeit oder informelle Beziehungen im Außenministerium in der Sektion für Entwicklungszusammenarbeit oder Zugehörigkeit zu „Seilschaften“ im Bereich der Universitäten. Österreichische Universitäten haben einen wesentlich höheren Prozentsatz an sogenannten Hausberufungen als in anderen westlichen Ländern.
Viele Entscheidungsträger können durch persönliche Unsicherheit und die zweifelhafte Art ihrer eigenen Bestellung oft schwer zwischen Sachkritik und persönlicher Kritik unterscheiden. Menschen mit mißliebigen Meinungen können, wie ein Kollege an einem Nord-Süd-Universitätsinstitut leidvoll erfuhr, nach der Art chinesischer Wandzeitungen öffentlich hingerichtet werden. Zu selten erlebt man Führungspersönlichkeiten, die dem schönen Spruch: „Ich teile nicht Deine Ansicht, aber ich werde mich immer dafür einsetzen, daß Du sie äußern kannst!“ huldigen. Vielmehr sucht man nach Personen, die das eigene Ego bedingungslos bestätigen. Ich bin überzeugt, daß Schmidbauers exzellente Analysen für klassische Helferberufe auch für eine Reihe von verantwortlichen Personen in den sympathisierenden Bereichen gilt (Schmidbauer 1977:89):
„Der am Helfer-Syndrom Leidende kann gewissermaßen im narzißtischen Bereich kein Fett ansetzen. Er ist nicht in der Lage, einen Vorrat an narzißtischer Libido zu speichern, der ihm über schlechte Tage hinweg hilft, ihm das Gefühl vermittelt, zwar manchmal zu versagen, manchmal abgelehnt zu werden, doch im großen und ganzen tüchtig, beliebt, lebenswert und wertvoll zu sein. Er muß dauernd trachten, sich diese narzißtische Zufuhr von außen zu verschaffen, und erfährt einen Zusammenbruch seines Selbstwertgefühls mit heftigen Aggressionen gegen sich selbst und gegen andere, vermeintlich Schuldige, wenn der Zustrom an Bestätigung von außen zu versiegen droht, unerwartete Kritik sich bemerkbar macht usw.“
Auch an Nord-Süd-Universitätsinstituten kann ein eingesessener „engagierter“ Universitätslehrer durchaus Studentenvertreter oder nicht abgesicherte Lektoren zur Seite nehmen und sie warnen, ihm nochmals in einer Sitzung zu widersprechen. Man solle daran denken, daß man nicht abgesichert sei. Es kann genauso hochgradig gefährlich sein, die Einladung eines staatlichen „sympathisierenden“ Geldgebers anzunehmen, ein von diesem entwickeltes Konzept konstruktiv zu diskutieren. Weist man Schwächen in diesem nach, die zu einer Neuformulierung von Konzeptteilen führen, können trotz erfolgreicher Projekte merkbare Subventionskürzungen auftreten, die dann natürlich anders argumentiert werden. Die meisten Verantwortlichen der subventionsansuchenden Institute wissen um diese menschlichen Schwächen. Vor Sitzungen mit manchen Geldgebern herrscht unter den Geschäftsführern mitunter ein prärevolutionärer Ton: „Heute werde man aber deutlich seine Meinung zu dieser unhaltbaren Situation sagen!“. Die Sitzung beginnt und das Ende der Revolution ist gekommen.
Leider kann das Helfersyndrom auch dazu führen, daß Zuwanderer zwar gerne mit großem rhetorischen Anspruch verwaltet werden, aber kaum in die Unabhängigkeit entlassen, indem man ihnen ähnliche strukturelle Möglichkeiten wie indigenen Initiativen gibt. Der „Helfer“ braucht mitunter auch den chronisch Hilfsbedürftigen: (Schmidbauer 1977:115)
Die Gefahr der Kollusion drückt sich darin aus, daß der neurotisch Progressive seine Überkompensation (d. h. sein Image als Führer, omnipotenter Helfer usw.) nur dadurch aufrechterhalten kann, daß er mit Menschen umgeht, die besonders regressiv, hilflos, passiv und abhängig sind. Er muß sie in diesem Zustand festlegen, um seine Fassade aufrechterhalten zu können…
Daher sind paternalistische Tendenzen und Gönnerhaftigkeit für selbstverständliche Dienstleistungen durchaus anzutreffen. Man sieht sich als Geber, auch wenn es sich nicht um eigene Mittel handelt (oder wenn an Universitätsinstituten Vorlesungen vergeben werden), und empfindet große Undankbarkeit, wenn in der Folge unabhängige Meinungen vertreten werden:
„Sobald der Schützling aber nicht mehr mit Dankbarkeit und Anerkennung reagiert und damit dem Helfer narzißtische Bestätigung seiner Leistung (die wichtigste, verbliebene Form einer oralen Bedürfnisbefriedigung) versagt, fällt es diesem doppelt schwer, zu geben, was verlangt wird, und die Abwehr der eigenen oralen Wünsche aufrechtzuerhalten. Er hat das Gefühl, sich an ein Faß ohne Boden zu verausgaben, und beginnt in gelegentlich auftretenden, allmählich häufiger werdenden Krisen dem Partner seine Undankbarkeit vorzuwerfen, seine Opfer aufzuzählen. (Schmidbauer 1977:131)“
Auch Afrikaner fühlen sich davon betroffen (s.a. Radio Afrika, S. 307).
Multifunktionärswesen: Der lokale Nachholbedarf und der Wunsch nach besserer Kontrolle von oben zeigt sich auch in einem ausgeprägten Multifunktionärswesen. Nicht nur die Entwicklungspolitische Branche Wiens/Österreichs ist von einer kleinen Zahl von Entscheidungsträgern und einem starken Multifunktionärswesen geprägt. Es gibt im Bereich der Entwicklungspolitik kaum Kritik an Multifunktionären mit Funktionen in 5, 6, 7 verschiedenen (meist kirchlichen) und offiziell miteinander konkurrenzierenden Instituten. Diese Praktiken haben sowohl negative Auswirkungen auf die Dynamik der Branche[36] wie auch auf die faire Rekrutierung von Nicht-Ingroup-Mitgliedern. Die demokratische Verengung nach oben (wenige Personen kontrollieren alles) führt auch nach unten zu einer Ausfilterung von Personen, die das System hinterfragen. Ich habe in der Praxis das Multifunktionärswesen als ausgesprochen zerstörerisch erlebt.
[1] SORA 2001:11. Voting behaviour, education, satisfaction with one’s
personal situation, family relationships to persons of different race, religion, nationality and culture, and experience with unemployment are the variables that explain variations within the sum indices best.
[2] People who define themselves as part of a minority group tend to have more negative attitudes towards minority groups than people from the majority group. This difference remains even when controlled for age and education. A possible explanation for this phenomenon may be the greater fear of economic and social competition among members of different minorities and between established minorities and new waves of immigrants .
[3] 1966:240, zitiert in Weiß 1999:5
[4] Diese These wird besonders von Secord/Backman 1976 vertreten.
[5] Siehe dazu besonders Tajfel/Turner 1986.
[6] Z.B. Sniderman/Tetlock 1986.
[7] „Auffallend ist, daß die negativen Urteile über Ausländer bei den Themen Kultur bzw. Lebensstil und (vermutete) Kriminalität besonders häufig sind; je nach Frageformulierung erhält man ungefähr gleich viel oder noch mehr Ablehnungen als bei Fragen des Arbeitsmarktes oder Sozialstaats. Die Überzeugung, daß man sich „durch die vielen Ausländer in Österreich zunehmend als fremder im eigenen Land fühlt“, die also bereits einem sehr starken, ausgeprägten Gefühl des Heimatverlusts, der „Überfremdung“, Ausdruck gibt, wird von nicht weniger als 40 Prozent der Österreicher geäußert; nicht viel höher ist der Prozentsatz bezüglich realer Konkurrenzängste: daß Ausländer den Österreichern Arbeitsplätze wegnehmen, meinen 42 Prozent; daß sie zu Problemen am Wohnungsmarkt führen 46%, daß sie den Sozialstaat belasten 47 Prozent (Lebhart/ Münz 1999, Seite 22 f..).
[8] Praktisch wirkungslos sind in Krisenzeiten Hinweise darauf, daß in den umgebenden ehemaligen Ostblockländern die Krise noch viel härter sei und es den Menschen ungleich schlechter ginge. Der individuelle Status orientiert sich an der eigenen engeren Umgebung. Der von Arbeitslosigkeit Bedrohte steht beim Kampf um Liebe und Rangordnung in Konkurrenz mit Menschen der gleichen Gesellschaft.
[9] So wurden u.a. in einer Studie Ärzte befragt, welche Strategien sie einschlagen würden, wenn 600 Menschenleben bedroht seien. Bei Strategie A würden 200 Menschen überleben, bei Strategie B würden mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 alle überleben, mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 aber alle sterben. Hier entschieden sich 72% für die konservative Strategie A. Wurden diese Alternativen negativ formuliert, wurde die riskante Alternative gewählt: Bei Strategie C würden 400 Personen sterben, bei Strategie D mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 niemand, mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 alle sterben. Nun entschieden sich 72% für D. Bei positiver Formulierung (Rettung) tendiert man somit zu konservativem Verhalten, bei negativer Formulierung (Verlust) zu riskantem (in Hahnemann und Tversky 1984).
[10] Siehe z.B. den Artikel von Jeff Handmaker in der Zeitschrift für Friedenspolitik, Thema 3 in Nr. 1/2000: Arbeitsmigration: Ursache für neuen Rassismus in Südafrika?
[11] „Rassismus als Ideologie ist durch folgenden Gehalt bestimmt: 1) Gewissen biologischen Merkmalen wird eine Bedeutung zugeschrieben, wodurch sie zum Erkennungszeichen bestimmter Gruppen werden. Status und Herkunft der Gruppen werden so als natürlich und unveränderlich vorgestellt, das Anderssein der Gruppe erscheint als eine ihr innewohnende Tatsache. … es kommt zu einem Prozeß der Rassenkonstruktion. 2) Die so gekennzeichnete Gruppe muß mit zusätzlichen, negative bewerteten (biologischen oder kulturellen) Merkmalen versehen und so dargestellt werden, als verursache sie negative Folgen für andere.“
[12] Ein Sozialarbeiter, der einige Jahre lang den radikalen Teil der Anhänger des Fußballklubs Rapid zu den Spielen begleitete (damals fast durchwegs Skins), erzählte mir, daß diese einerseits zu ca. 90% aus Burschen bestehen würden, andererseits zum größten Teil aus Arbeitslosen. Wer eine Freundin oder einen Arbeitsplatz gewänne, würde meist binnen weniger Monate die radikale Gruppierung verlassen.
[13] Robert Pfaller. Hände weg vom Zeichen-Diebstahl! In: Der Standard, 12.11.1999, S.39 . Kommentar der Anderen.
[14] Giaco Schießer. Sie lümmeln sich in unseren Parklandschaften. Wie funktionieren Alltagsrassismen? Südwind-Magazin 4/1993, 32-33.
[15] Luca und Francesco Cavalli-Sforza zeigten überzeugend, daß die Variation zwischen den sogenannten Rassen geringer ist als die Variation innerhalb der klassischen „Rassen“.
[16] In ähnlicher Logik u.a. auch zu finden bei den Kelinga (Mali), den Nordsamo (Burkina) und den Mauka (Côte-d’Ivoire).
[17] Eine auf ihre emanzipatorische Sprache sehr stolze große Institution der EZA schreibt auf ihrer Homepage bis heute alle positiv besetzten Begriffe in der Form auf –Innen (wie z.B. WissenschaftlerInnen), negativ besetzte jedoch in der rein männlichen Form (Rassisten).
[18] „Die meisten Ethnien in Afrka sind erst während der Kolonialzeit in Zusammenarbeit von Kolonialbeamten, Missionaren, Wissenschaftlern und einheimischen Eliten geschaffen worden.“ Walter Ehmeir: Woher stammen die Stämme? Südwind-Magazin Mai 1994, S. 7.
[19] Siehe etwa Hobsbawm und Ranger (1992). Sprachwissenschaftlich läßt sich keinesfalls die These aufrechterhalten, daß die Zahl afrikanischer Sprachen während der Kolonialzeit überschätzt worden wäre. Je besser wir afrikanische Sprachen kennenlernen, umso mehr differenzieren wir. Aus geschätzten ca. 1000 Sprachen zu Ende der Kolonialzeit sind heute ca. 2000 geworden. Dies läßt eher vermuten, daß die Zahl sozialer Entitäten während der Kolonialzeit eher unterschätzt als überschätzt wurde. Darüber hinaus postuliert die These Emeirs, daß Afrikaner willenlos immer die Identität annehmen, die ihnen Größere und Mächtigere vorgeben. Daß Geschichte so nicht gespielt wird, wissen wir spätestens seit dem Zerfall verschiedener Länder des Ostblocks.
[20] Bei den letzten Personalvertretungswahlen der Landwirtschaftslehrer in Niederösterreich wählten 100% die ÖVP, eine Größenordnung, die nicht einmal mehr Saddam Hussein erreicht. Zahlen aus Profil 49/2002, S. 19.
[21] Seifert 1998.
[22] Der Justizminister, der Gesundheitsstaatssekretär, der Sozialminister, der Kärntner Landeshauptmann, der Volksanwalt, und eine Reihe weiterer führender Mitglieder der FPÖ sind Mitglieder bei schlagenden Verbindungen. Profil, 30.4.2001, S. 28: Die Macht der Burschenschaften.
[23] Von den 13 Regierungschefs der Zeitspanne (1920 bis 1970) waren 12 beim Cartell-Verband und einer bei der deutschen Sängerschaft, des weiteren bis heute eine ganze Reihe von Landeshauptleuten der ÖVP (u.a. Pröll‚ Weingartner), sowie auffallend viele Mitarbeiter des Bundeskanzleramts (Seifert 1998:12).
[24] Das Profil (3/1996) vermerkt, daß bei Siemens „eine Mitgliedschaft im CV fast Einstellungsvoraussetzung“ sei. Der Chef des Edelstahl-Konzerns Böhler-Uddeholm ist ebenfalls CVer, was Mitgliedern durchaus hilfreich sein kann. „Natürlich ist es ein Vorteil, wenn bei einer Bewerbung der Personalchef ein CVer ist. Wir schauen aufeinander, wie andere auch.“ gab der damalige CV-Präsident Bergant 1994 offen zu (aus Seifert 1998:20).
[25] Der Standard, 11. November 1999. Seite 40. Transparenz der Freundschaft. Den „Generalverdacht“ des Proporzes werden Objektivierungskonzepte nicht besiegen. „Die Besetzung von Lehrer-und Direktorsposten an Österreichs Schulen, meinte der ehemalige Lehrer und damalige Unterrichtminister Zilk, sei „zum Kotzen“. Überrascht hat er damit niemanden: daß in Österreich das Parteibuch oft als Ersatz für Qualifikation durchgeht, ist ein alter Hut….“
[26] Am 6.5.2001 in der Fernsehsendung Zur Sache über die Arbeitsplatzpolitik des Staates: „Man sucht sich nicht die geeigneten Personen, sondern diejenigen, die jemandem bekannt sind.“
[27] Der Standard vom 25.8.2001, S. 2.
[28] Robert Danzinger, ehemaliger Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, bei einer wichtigen Postenbesetzung.. In Michael Sika (2000:307).
[29] Siehe Artikel „Anti-Privilegien-Image der FPÖ bröckelt ab.“ In Der Standard, 4.3.2002, S.7.
[30] Eine kurz zuvor noch arbeitslose Kindergärtnerin, die als neue Mitarbeiterin des FPÖ-Sozialministers 15.000 €/Monat verdiente und sich einen akademischen Titel anmaßte.
[31] Im Mai 2002 gegen die Stimmen der Opposition zum Vizedirektor der Pensionsversicherungsanstalt gewählt; ein Karrieresprung, der auch von primitiven Sagern wie z.B. Buchstabieren von NAZI als „neu, attraktiv, zielstrebig, ideenreich“. (Kurier 12.11.1993) nicht gestoppt wurde.
[32] So wurden z.B. der führende Journalist Günther Nenning, die spätere Mitgründerin der Grünen Alternativen Meissner-Blau wegen ihrer Kritik an der Umweltpolitik der SPÖ aus der Partei ausgeschlossen.
[33] Siehe dazu auch Ingrid Böhler in Michael Gehler (Hrg.). 1995. Politische Affären und Skandale in Österreich. Innsbruck.. S. 517ff.
[34] Dieser war Mitglied in einer der übelsten SS-Einheiten, die vorwiegend mit der „Säuberung“ des Hinterlands von Juden u.a. beschäftigt war.
[35] Durch die Dominanz der Staatswirtschaft kamen auch die wichtigsten Werbeeinschaltungen des Profil von staatsnahen Betrieben. Nach der Kritik des Profil wurden diese Werbeeinschaltungen fast gänzlich zurückgezogen, was für das Magazin hochgradig existenzgefährdend war.
[36] Aufgrund des Multifunktionärswesens bewerben sich viele Mitarbeiter, die mit der Entwicklung ihrer Institution unzufrieden sind, kaum um andere Jobs in der Branche, weil sie damit rechnen müssen, daß sie dort den gleichen Kuratoriumsvorsitzenden in einer verantwortungsvollen Funktion wiederfinden. Sie müssen daher befürchten, daß ihre Bewerbung auch im Herkunftsinstitut bekannt wird und daß im Falle von Budgetproblemen zuerst an den Rausschmiß des „illoyalen“ Mitarbeiters gedacht wird. Daher wählen sie bei Unzufriedenheit häufig die einzige Alternative, sie wechseln die Branche. So verlor ein Institut (und damit die entwicklungspolitische Branche), an welchem ich jahrelang arbeitete, innerhalb kurzer Zeit fast alle qualifizierten Mitarbeiter. Die kleine Zahl der Entscheidungsträger, die auch nach Ansicht internationaler Experten fast monopolistisch die Gremien dominieren (eine „ostösterreichische Spezialität“, wie es ein deutscher Universitätsprofessor im Gespräch nannte) führen auch zu einer inhaltlichen Verengung, zu Erstarrung und einem verminderten Wettbewerb.