Afrikanische ZuwanderInnen in Wien: Vorurteile und Akzeptanz in wesentlichen Lebensbereichen

(publiziert 2007 in ‚Koloniale und postkoloniale Konstruktionen von Afrika und Menschen afrikanischer Herkunft in der deutschen Alltagskultur‘ (Tagungsband). Marianne Bechhaus-Gerst, Reinhard Klein-Arendt und Sunna Gieseke (eds.), 359-382. Köln: Peter Lang.). (hier als PDF)

Afrikanische ZuwanderInnen in Wien:

Vorurteile und Akzeptanz
in wesentlichen Lebensbereichen

Erwin Ebermann[1]

Zur Begriffsabgrenzung ‚afrikanische ZuwanderInnen’: Darunter werden in diesem Artikel ausschließlich MigrantInnen aus Ländern südlich der Sahara verstanden. Menschen aus Nordafrika wurden bewusst ausgeklammert, da sich die sie betreffenden Vorurteile deutlich von Vorurteilen gegenüber SubsaharianerInnen unterscheiden. Dies ist zum Einen auf den durchgehend islamischen Charakter Nordafrikas zurückzuführen, zum Anderen auf den intensiven historischen Kontakt Nordafrika-Europa, während der Großteil Subsahara-Afrikas für Europa bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Terra Incognita blieb. Man könnte darüber hinaus auch die häufige Selbstabgrenzung von Subsahara-AfrikanerInnen gegenüber dem ‚helleren’ Teil Afrikas anführen, wie er z.B. in der Bambara-Sprache Malis zum Ausdruck kommt, wenn fàrafinna, wörtlich ‚Region der schwarzen Haut (Schale)’ verwendet wird, um Afrika zu bezeichnen.

            Während afrikanische ZuwanderInnen der 2. Generation (Afro-Österreiche­rInnen) in der Regel von ähnlichen Vorurteilen betroffen sind, scheinen sich ihre Strategien und Prägungen deutlich von denen der direkten MigrantInnen zu unterscheiden[2]. Daher wurden – um präzisere Aussagen zu ermöglichen – ausschließlich MigrantInnen der 1. Generation befragt. Der hier verwendete Begriff AfrikanerInnen steht in der Folge für alle Menschen, die selbst aus Subsahara-Afrika zuwanderten und nur für sie. Nur wenn ein etwaiger Wechsel der Nationalität für diese Diskussion von besonderer Bedeutung ist, wird hier der Begriff Afro-ÖsterreicherInnen verwendet.

Einige allgemeine Daten zu afrikanischen ZuwanderInnen in Wien:

Aktuelle Statistiken[3]  zeigen 5117 Menschen subsaharanischer Nationalitäten mit ‚ordentlichem Wohnsitz’ in Wien. Dazu kommen etwa 2500 Afro-ÖsterreicherInnen mit österreichischer Nationalität[4]. Weiters nehmen nach informellen Gesprächen VertreterInnen der Exekutive zwischen 1500-2000 MigrantInnen ohne offiziellen Aufenthaltsstatus in Wien an. Insgesamt liegt die Zahl afrikanischer MigrantInnen der 1. Generation in Wien somit bei ca. 10.000 Personen.

Nach Eigenangaben sind afrikanische ZuwanderInnen in Wien weit überdurchschnittlich gebildet. Etwa ¾ geben als eigenes Bildungsniveau einen Matura-Abschluss an, etwa ein Drittel sogar einen Hochschulabschluss.

Ungefähr 2/3 der Zuwanderer sind männlich, Ausdruck dafür, dass es auch in Afrika Frauen deutlich schwieriger haben, sich durchzusetzen. Die afrikanischen MigrantInnen sind deutlich jünger als die eingesessene Bevölkerung:

Grafik 1: Altersverteilung afrikanischer Zuwanderer

Die Migrationsmotive afrikanischer Zuwanderer unterlagen im letzten Jahrzehnt einem fundamentalen Wandel. Waren vor 10 Jahren Asylwerber noch eine absolute Minderheit, so liegt ihr Anteil bei afrikanischen Neuzuwanderern der letzten 6 Jahre bereits 60%.

Grafik 2: Migrationsmotive nach Eigenangaben

Die Gründe liegen nicht nur in innerafrikanischen Konflikten, sondern wahrscheinlich auch darin, dass andere legale Möglichkeiten der Zuwanderung in den letzten Jahren schrittweise fast verunmöglicht wurden. Es ist inzwischen fast unmöglich, eine Arbeits- und damit auch eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen. Studierende müssen vor dem Beginn eines Studienjahres nachweisen, dass sie über einen Betrag von ca. € 4500 verfügen. Dies entspricht in vielen afrikanischen Ländern in etwa dem 4fachen Jahresgehalt eines Mittelschullehrers. Diese extreme Erschwernis legaler Zuwanderung bei gleichbleibenden Pull- und Push-Faktoren führen wahrscheinlich häufig zu falschen Angaben bei der Einreise.

Die zunehmende Abschottung der Europäischen Union gegenüber Menschen mit anderer Staatsbürgerschaft erhöht die existentielle Unsicherheit dieser Zuwanderergruppen. So können in Österreich Zuwanderer abgeschoben werden, wenn sie durch eine gewisse Zeit hindurch arbeitslos werden. Diese bedrohliche Situation führt zu einem sprunghaften Anstieg der jährlichen Einbürgerungen, seit 1994 sogar zu einer Vervierfachung (siehe Grafik 3):

Informationen zum Forschungsansatz:

Die Datenbasis für diesen Beitrag stammt aus verschiedenen Untersuchungen des Autors zum Thema, die zwischen 2000-2002 durchgeführt wurden. Dabei wurden u.a. 702 WienerInnen und 154 AfrikanerInnen zu gegenseitigen Erfahrungen und Einschätzungen befragt. Bei der Befragung der AfrikanerInnen wurde auf afrikanische InterviewerInnen zurückgegriffen, da durch den Regierungseintritt der FPÖ das Misstrauen gegenüber ‚weißen’ InterviewerInnen sprunghaft angestiegen war. Viele befürchteten, dass ihre anonymen Aussagen gegen sie verwendet werden könnten. Die ‚weißen’ WienerInnen wurden darüber hinaus zu Einstellungen und Erfahrungen gegenüber/mit weiteren 6 Zuwanderungsgruppen befragt. Die Gesellschaft war zum Befragungszeitpunkt so polarisiert, dass eine Befragung zu nur einer Zuwanderungsgruppe stark verzerrte Ergebnisse gebracht hätte.

Allgemeine Assoziationen mit AfrikanerInnen

Wir ersuchten 702 WienerInnen, uns ihre erste Assoziation auf den Begriff ‚Afrikaner‘ zu nennen. Die Reaktionen kann man folgendermaßen zusammenfassen:

Tabelle 1: Assoziationen mit AfrikanerInnen (n=567 Wiener)

Übergruppe Detailgruppe Häufigkeit in % % d. Gruppe
Extrem negative Einstellungen Ablehnung 14 2,48  
  verletzend 24 4,23 6,71
Sehr negative Assoziationen Kriminalität 89 15,70  
  Negative Eigenschaften 16 2,82 18,52
Assoziationen als (arme) Zuwanderer arm 21 3,70  
  Ausländer 17 3,00 6,70
Assoziationen als Opfer (Menschen mit Problemen) Problem 35 6,17  
  Opfer 50 8,82 14,99
  rückständig 12 2,12  
  Natureinklang 5 0,88  
  Natur 31 5,47  
Assoziationen mit Natur und dem unveränderlichen Naturmenschen Physis mit Hinweis auf Hautfarbe 19 3,35  
  Physis 36 6,35  
  Gefühl 2 0,35  
  Tradit. Kultur 15 2,65  
  Tradit. Musik 24 4,23 25,40
  einfache Arbeit 4 0,71  
  Orte & Länder 35 6,17  
  Urlaub 6 1,06  
  Exporte 4 0,71  
  Mensch (neutral) 19 3,36  
Neutrale Assoziationen Musik 36 6,35  
  Geschichte 2 0,35  
  Kultur 11 1,94 20,65
  Bekannter 15 2,65  
Stark sympathie-getragene Assoziationen Positive Eigenschaften 19 3,35  
  Sympathie 6 1,06 7,06
  Gesamt 567   100,03

Es fällt dabei auf, dass keine einzige Assoziation der 702 befragten Personen zum Begriff  Afrikaner große afrikanische Persönlichkeiten wie Nelson Mandela oder den UNO-Generalsekretär Koffi Annan nannte. Diese Persönlichkeiten sind zwar gut bekannt, werden aber nicht als typisch für den Kontinent und seine Menschen eingeschätzt. Die Assoziationen mit AfrikanerInnen betonen vielmehr:

    • Naturmenschvision: AfrikanerInnen sind für viele Teil der Natur, aus der sie im Gegensatz zu den „Zivilisierten“ noch nicht herausgetreten sind und in der sie nach Meinung vieler auch bleiben sollten. Moderne Gestalter und Gestaltung Afrikas werden als untypisch für  Afrika und AfrikanerInnen eingeschätzt. Hingegen wurden Völker wie die Maasai genannt, deren traditioneller Lebensstil bekannt ist. Im Vordergrund stehen die Probleme und die vermutete Rückständigkeit Afrikas und seiner Menschen;

    • Extreme Betonung von AfrikanerInnen als Menschen mit Problemen: Mehr als 1/3 assoziiert AfrikanerInnen mit Opferrolle, Problemen, Kriminalität und Armut;

    • Starke Betonung von AfrikanerInnen als wehrlose Opfer: Fast ein Sechstel (15%) sieht in AfrikanerInnen nahezu wehrlose Opfer des Schicksals und der Mächtigen;

    • Hochemotionale und extrem negative und rassistische Ablehnung durch ca. 7% der Befragten;

    • Weniger emotionale und hoch negative Einschätzungen von AfrikanerInnen, die aber möglicherweise durch Kontakte und Bewußtseinsarbeit verändert werden könnten, bei nahezu 1/5 der Befragten (Assoziationen „Kriminalität“ und „negative Eigenschaften“).

Das Bild Afrikas und der AfrikanerInnen scheint sich im Laufe der Jahrhunderte kaum gewandelt zu haben. Kurz zusammengefasst assoziiert man mit AfrikanerInnen auch heute noch im Wesentlichen mit Menschen, die sich kaum aus eigener Kraft entwickeln können, die immer in irgendwelchen Problemen stecken.

            Die Assoziationen variieren entsprechend den Einstellungen zu Einwanderungsfragen. Personen, welche die extrem strikte Einwanderungspolitik der FPÖ bevorzugen, assoziieren mit AfrikanerInnen deutlich häufiger verletzende oder sehr negative Einstellungen: Etwa die Hälfte assoziiert AfrikanerInnen primär mit Kriminalität und verletzenden Begriffen wie ‚Neger’. Personen, welche die sehr liberale Einwanderungspolitik der Grünen bevorzugen, sehen in diesen häufiger Opfer, verbinden mit ihnen aber auch häufiger Naturmensch-Visionen: Vorurteile wie ‚Leben im Einklang mit der Natur‘ oder ’noch die echten Menschen wie früher‘ und die Zuschreibung von Emotion statt Geist haben teilweise viel mit Rousseaus Idee des Edlen Wilden zu tun.

Assoziationen von AfrikanerInnen zu weißen ÖsterreicherInnen

Auch AfrikanerInnen wurden zu ihren Assoziationen zu WienerInnen befragt. Mehr als zwei Drittel äußerten negative Assoziationen. Sie assoziieren mit der lokalen Bevölkerung primär

    • mangelnden Respekt vor anderen Kulturen: Rassismus ist nach dieser Auffassung primär ein „weißes Problem“[5]

    • mangelnde Gastfreundschaft

    • mangelnde Spontaneität: ‚weiße Maschinen‘

    • geringes soziales Denken

Tabelle 2: Schwarze Assoziationen mit „Österreichern“

Assoziationsgruppen Subgruppen Absolut In % Teilsummen
  mag Österreicher nicht 2 1,53  
  Rassismus 30 22,90  
  Nationalismus 2 1,53  
negativ Probleme 4 3,05  
  Negative Eigenschaften 49 37,40  
  Unwissen über Afrika 2 1,53 67,94
  Eigenschaften 6 4,58  
  Mensch 2 1,53  
neutral Geographie 1 0,76  
  Wetter 6 4,58 11,45
  positive Eigenschaften 7 5,34  
  Entwicklung 1 0,76  
  Geschichte 7 5,34  
positiv Kultur 4 3,05  
  Organisation 3 2,29  
  Reichtum 5 3,82 20,6
  N= 131 100,00 100%

Diese aus den Assoziationen klar erkennbaren Selbst- und Fremddefinitionen decken sich mit den anderen Untersuchungsergebnissen. Weiße ÖsterreicherInnen betonen in ihren Assoziationen in der Regel ihre größere Problemlösungskompetenz, ihre Zugehörigkeit zum Industriezeitalter und damit zum Fortschritt und ihre Fähigkeit, leistungsfähige Gesellschaften aufzubauen. AfrikanerInnen bauen  in ihren Assoziationen mit weißen ÖsterreicherInnen wiederum einen Kontrast ‚afrikanischer Mensch’ gegenüber ‚weißen Maschinen’ auf. In Afrika sei noch der wahre Mensch zuhause.

Akzeptanz und Vorurteile in spezifischen Lebensbereichen

Der Arbeitsplatz: die wesentlichen Vorurteile am Arbeitsplatz

Die befragten WienerInnen beurteilen AfrikanerInnen in den für qualifizierte Arbeitsplätze wichtigen Kriterien deutlich schlechter als die anderen 6 Zuwanderergruppen. AfrikanerInnen werden unterschätzt bezüglich

    • ihrer geistiger Leistungsfähigkeit: 34,4% der Personen, die JapanerInnen explizit als intelligent einstufen, geben für AfrikanerInnen die Urteile ‚weiß nicht‘ oder ‚eher nicht intelligent‘ ab;

    • Leistungswilligkeit: AfrikanerInnen werden häufig als wenig leistungswillig eingeschätzt (siehe Grafik 4);

    • ihrer Durchsetzungsfähigkeit: Auch sympathisierende Bereiche tragen dazu bei, dass AfrikanerInnen häufig als Menschen gelten, die keine Hindernisse überwinden und keine Verantwortung übernehmen können[6];

    • Respekt vor lokalen Normen und Gesetzen: AfrikanerInnen werden als vergleichsweise wenig vertrauenswürdig eingestuft. 

    • Soziale Kompatibilität: Spezifisch afrikanischen Männern gegenüber gibt es große Zweifel, ob sie sich in die lokale Gesellschaft einfügen könnten.

Beispiel zugeschriebene Arbeitsmotivation: Im Vergleich mit den 6 anderen Zuwanderergruppen schneiden AfrikanerInnen bei der Einschätzung am Arbeitsplatz mit Abstand am schlechtesten ab. Siehe z.B. den Vergleich AfrikanerInnen-ChinesInnen bezüglich der zugeschriebenen Arbeitsmotivation:

Grafik 4: Angenommene Arbeitsmotivation von AfrikanerInnen und ChinesInnen (n=702)

54,7% der Befragten nehmen bei ChinesInnen von Vornherein an, dass diese eher fleißig seien, bei AfrikanerInnen sind dies nur 25,1 %. AfrikanerInnen werden von 18,1% der Befragten ausdrücklich für faulgehalten, die ChinesInnen nur von 2,5%. Diese sehr unterschiedliche Einschätzung hat nichts mit der Kenntnis der zwei Zuwandererkulturen zu tun. 16,4% der Befragten geben an, ChinesInnen bereits persönlich kennengelernt zu haben. Noch mehr Personen, 19,5%, gaben persönliche Erfahrungen mit AfrikanerInnen an.

Mangelnde Einstufung der Vertrauenswürdigkeit: Auch bezüglich der Vertrauenswürdigkeit werden AfrikanerInnen am schlechtesten eingestuft. Nur die Zuwanderergruppen der TürkInnen, AraberInnen (beides moslemische Gruppen) und Ex-JugoslawInnen kommen ihnen dabei nahe.

Die Kombination dieser Vorurteile ergibt, dass viele Menschen AfrikanerInnen für hochqualifizierte Arbeitsplätze nicht für qualifiziert halten. Auf die Frage, ob man den Zuwanderergruppen einen hochqualifizierten Arbeitsplatz geben würde, erhielten wir vergleichsweise folgende Antworten (Grafik 5 nachfolgend):

AfrikanerInnen wird wesentlich häufiger als anderen Zuwanderungsgruppen die Eignung für hochqualifizierte Arbeitsplätze abgesprochen.

b. Auswirkungen der Vorurteile am Arbeitsplatz: Umfrage und Feldstudie[7]

Trotz ihrer nach Eigenangaben hohen Bildung haben AfrikanerInnen nur beschränkte Chancen am qualifizierten Arbeitsmarkt, leiden an einer deutlich höheren Arbeitslosigkeit als andere Bevölkerungsgruppen und erhalten viel seltener die Chance auf eine Vollzeitstelle. Siehe Grafik 6:

Nach Eigenangaben sind 74,0% der in Wien lebenden AfrikanerInnen an Arbeit interessiert. Deutlich weniger als die Hälfte von ihnen ist regelmäßig beschäftigt, 13,2% sind arbeitslos. Klammert man Unternehmer und hauptsächlich Studierende aus, steigt die Arbeitslosigkeit auf 16,3%. Aber auch beschäftigte AfrikanerInnen beklagen nahezu übereinstimmend, dass sie nicht ihren Qualifikationen entsprechend beschäftigt werden:

Tabelle 3: Entspricht die Tätigkeit, die Sie ausüben, Ihrer Qualifikation?

  Häufigkeit in %
Arbeit ist unter meiner Qualifikation 75 74,3
Arbeit entspricht Qualifikation 26 25,7
n= 101 100,0

¾ der in Wien lebenden AfrikanerInnen geben somit an, unter ihrer Qualifikation zu arbeiten. Ein direkter Vergleich ihres Ausbildungsgrades mit ihren aktuellen beruflichen Aktivitäten zeigt große Diskrepanzen. So gab ein Drittel der AkademikerInnen an, auf Hilfsarbeiterniveau zu arbeiten, wie z.B. als Putzfrau oder Lagerarbeiter.

Wir wollten durch eine Feldforschung herausfinden, inwieweit die geäußerten Einschätzungen und Vorurteile die Chancen von AfrikanerInnen in der Realität beeinflussen. Wir wählten dazu folgenden Versuchsansatz:

            Wir bewarben uns für in großen Zeitungen angebotene Arbeitsplätze mit jeweils 2 Bewerbungen, eine im Namen von Afro-ÖsterreicherInnen, eine im Namen von ‚weißen’ ÖsterreicherInnen. Um Chancengleichheit zu schaffen und im Ansatz das billige und häufige Argument zu entkräften, dass man zwar nichts gegen AfrikanerInnen habe, aber keine Probleme mit fehlenden, allzu eingeengten oder problematischen Arbeitsgenehmigungen wolle, gaben wir bei den afrikanischen Bewerbungen an, dass eine österreichische Staatsbürgerschaft und dementsprechend auch unlimitierte Arbeitsgenehmigung vorläge. Gleichermaßen seien durch lange Verweildauer bzw. Geburt in Österreich auch die Deutschkenntnisse praktisch perfekt.

            Wir achteten darauf, daß die afro-österreichischen Bewerbungen qualitativ zumindest auf dem gleichen Niveau wie die österreichischen Bewerbungen lagen. Die fiktiven AfrikanerInnen wiesen sogar eine geringfügig höhere Qualifikation und Berufserfahrung als ihre fiktiven KonkurrentInnen auf. Um auszuschließen, dass eine Ausbildung in Afrika gegen den Kandidaten spräche, gaben wir bei den afro-österreichischen Bewerbungen weiters an, dass ihre formale Ausbildung in Österreich erfolgte. In beiden Bewerbungen wurden alle genannten Anforderungen erfüllt, Photos vermittelten eine optische Vorstellung der BewerberInnen. Damit sollten nur mehr zwei Faktoren unterschiedliche Bewerbungserfolge erklären können: unterschiedliches Aussehen (wesentlich von der Hautfarbe dominiert) sowie unterschiedliche Familienherkunft, wie am Namen erkenntlich. Dennoch wurden die beiden Gruppen extrem unterschiedlich bei der Bewerbung akzeptiert, wie aus der nachfolgenden Grafik 7 hervorgeht:

Diese komparativen Bewerbungen ergaben folgende Resultate:

    • Starke Vorbehalte gegenüber AfrikanerInnen: Selbst bei objektiv gleicher Qualifikation wurden weiße ÖsterreicherInnen  (67%) fast doppelt so häufig wie Afro-ÖsterreicherInnen (37%) zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Die wahrscheinlichen Gründe dafür liegen in vorhandenen Klischees, im Unwissen über die soziale Kompatibilität der afrikanischen Bewerber sowie in der Annahme, dass weiße ÖsterreicherInnen lokale Usancen und Umgangsformen besser kennen;

    • Spürbar größere Akzeptanz afrikanischer Frauen: Afrikanische Männer stoßen am Arbeitsmarkt auf deutlich größere Ablehnung als afrikanische Frauen. Dies hängt vermutlich damit zusammen, dass einige der negativsten Assoziationen mit AfrikanerInnen (z.B. Drogenhandel oder die „natürliche Aggressivität der Afrikaner“, © die FPÖ-Abgeordnete Partik-Pablé) v.a. auf afrikanische Männer projiziert werden. Auch wird Frauen generell eher die Fähigkeit zur Anpassungsfähigkeit zugeschrieben;

    • Die Diskriminierung am Arbeitsmarkt ist auch in besonders demokratie- und integrationsbetonten Bereichen spürbar: Selbst dort, wo per Definition der interkulturelle Ausgleich von besonderer Bedeutung ist, wie z.B. im Sozialbereich, sind keine besseren Einstellungschancen von AfrikanerInnen bemerkbar;

Vorurteile und Praxis bei der Wohnungssuche

a. Die Wohnsituation afrikanischer Zuwanderer

Der Großteil der AfrikanerInnen lebt in Bezirken mit niedrigerer Wohnqualität und dementsprechend niedrigeren Mieten, die von einem höheren Zuwandereranteil geprägt sind (wie z.B. im 2., 10., 15., 17., 20. Bezirk). Je nobler die Wohngegend, um so geringer fällt die Anzahl der afrikanischen Bewohner aus (z.B. 1., 8., 13., 18., 19. und 23. Bezirk). Häufig wohnen Zuwanderer des gleichen Landes auch verstärkt im gleichen Bezirk. Damit werden soziale Netzwerke aufgebaut, die gegenseitiger Unterstützung dienen: ein Drittel aller Guineaner lebt im 10. Bezirk, 1/5 der Zairois im 11. Bezirk, ¼ der Zuwanderer aus der Côte-d’Ivoire im 9. Bezirk, Ghanaer sind im 2. und 15. Bezirk deutlich überdurchschnittlich vertreten, Nigerianer im 10. Bezirk. AfrikanerInnen wohnen zumindest anfangs häufig bei Mitbürgern ihres Heimatlandes. Suchen sie später eine Wohnung, wissen diese besser über freie Wohnungen im näheren Umfeld Bescheid.

AfrikanerInnen geben enorme Probleme bei der Wohnungssuche an. Befragt danach, wie viele von 10 WienerInnen ihnen Wohnungen verweigern würden, nennen sie:

Tabelle 4: Relative Zurückweisung am Wohnungsmarkt (n=154)

X von 10 Wienern vermieten keine Wohnungen an Afrikaner  In %
0 2,9
1-3 30,1
4-6 33,1
7-9 19,9
10 14,0
Gesamt 100,0

Mittelt man diese Aussagen, so wird angenommen, dass etwa die Hälfte der weißen WienerInnen keine Wohnungen an AfrikanerInnen vergeben würden. Ein Drittel der Befragten nimmt  eine hochgradige und mehrheitliche Afrikanerfeindlichkeit am Wohnungsmarkt an (Zurückweisung durch mindestens 70% der Wohnungsvergeber).

Umfragen unter WienerInnen stützen weitgehend diese Eindrücke. Bei der Frage, ob AfrikanerInnen als MitbewohnerInnen akzeptabel seien, erhielten wir folgende Antworten (siehe nachfolgende Grafik 8):

Nur ca. 40% würden afrikanische Mitbewohner vorbehaltlos akzeptieren. Damit waren AfrikanerInnen die gemeinsam mit TürkInnen (30,7% offene Ablehnung) am wenigsten beliebte Wohnnachbarschaft, während JapanerInnen am seltensten abgelehnt werden (11,2%). JapanerInnen werden im direkten Vergleich von 23,6% der Befragten eher als Wohnungsnachbarn akzeptiert als AfrikanerInnen. Zählt man die 11,2% hinzu, die weder AfrikanerInnen noch JapanerInnen als Nachbarn sehen möchten, kommt man auf 34,8%, welche AfrikanerInnen als Wohnungsnachbarn ablehnen bzw. andere Zuwanderer bevorzugen. Ein ähnliches Bild ergibt sich beim Vergleich mit Italienern. Mehr als 1/3 der österreichischen Mieter hat somit deutliche Vorbehalte gegenüber afrikanischen Wohnungsnachbarn.

Diese Vorbehalte korrelieren mit anderen Antworten der Interviewten:

Assoziation der AfrikanerInnen mit Drogenhandel und Kriminalität: Nur 11,2% derer, die AfrikanerInnen mit Kriminalität (v.a. Drogen) assoziieren, würden sie als Wohnungsnachbarn akzeptieren. Dementsprechend kann eine positive Aufklärungsarbeit über die Ablehnung des Drogenhandels durch die meisten AfrikanerInnen auch positive Auswirkungen auf ihre Chancen am Wohnungsmarkt haben.

Assoziation der AfrikanerInnen mit Not und Elend: Auch die primäre Assoziation Afrikas und der AfrikanerInnen mit Not und Elend, ein Bild, mit dem manche Spendenorganisationen werben, führt zu einer verminderten Akzeptanz am Wohnungsmarkt. Wer in Afrika v.a. einen vom Elend geplagten Kontinent sieht, in AfrikanerInnen v.a. Menschen, die ihrer Probleme nicht Herr werden, sieht seinen eigenen Status durch den Zuzug dieser „gescheiterten“ Existenzen eher in Frage gestellt. Das durch derartige Elends-Kampagnen angeregte Mitleid vermag zwar finanzielle Mittel für Menschen in der Ferne loszueisen, verringert aber gleichzeitig wahrscheinlich die Akzeptanz dieser Menschen als Wohnungsnachbarn in der Nähe.

Befragt danach, worin sie selbst die Gründe ihrer Ablehnung sehen, kommen AfrikanerInnen diesen Analysen recht nahe:

Tabelle 5: Vermutete Gründe ihrer Zurückweisung am Wohnungsmarkt (n=154 befragte AfrikanerInnen)

vermutetes Motiv der Ablehnung in %
vermutete Zahlungsunfähigkeit 71,4
Rassismus 63,0
Unkenntnis der AfrikanerInnen 61,7
vermutete Anpassungsprobleme 61,0
wirkliche höhere Lautstärke 30,5
wirkliche Anpassungsprobleme 8,4

b. Afrikanische Bewerbungen am Wohnungsmarkt: Eine Feldforschung[8]

Auch hier versuchten wir wiederum in einer Feldforschung, die Übereinstimmung von Vorurteilen mit der Realität zu überprüfen. Wir bewarben uns für 190 in großen Zeitungen annoncierte Wohnungen. Wir achteten aus Gründen der Repräsentativität auf eine gleichmäßige Streuung der Wohnungen über die 23 Bezirke Wiens, auf verschiedene Wohnungsgrößen, Lagen, Mietzinshöhen und Eigentumsverhältnisse. Wir riefen zuerst als weiße „ÖsterreicherInnen“ an und vergewisserten uns, dass die Wohnung für uns tatsächlich sofort zur Verfügung stände, wenn wir den Bedingungen zustimmten. Erst danach gaben wir bekannt, dass wir die Wohnung für einen afrikanischen Bekannten suchten. Wir wollten nun die uns gegebene Zusicherung der Verfügbarkeit der Wohnung auch für diesen erhalten. Wir notierten Häufigkeit und Art der darauf folgenden Reaktionen:

Die Ergebnisse:

Bei der Vergabe von Mietwohnungen lehnten 41 der 160 Befragten (=25,6%) AfrikanerInnen ab, obwohl die Verfügbarkeit der Wohnungen zuerst zugesichert wurde[9]. Die Zustimmung zu afrikanischen MieterInnen variiert jedoch auf hohem Ablehnungsniveau mit Eigenheiten der Mietobjekte. Bei den am Wohnungsmarkt besonders gefragten mittleren Wohnungsgrößen (41-70m2) war die Ablehnung am stärksten (37% Zurückweisung). Je weniger attraktiv die Wohnungen, umso größer sind die Chancen afrikanischer BewerberInnen. Die Wohnsituation von AfrikanerInnen in Wien scheint dies zu unterstreichen. Nur 19,6% der AfrikanerInnen wohnen in Wohnungen mittlerer Größe, hingegen 68,6% in Wohnungen, die kleiner als 41 m2 sind. Auch bei der Berücksichtigung des Mietniveaus sind die Chancen von AfrikanerInnen auf Wohnungen am größten, wo die geringste Nachfrage vorliegt: bei kleinen Substandardwohnungen und bei großen teuren Wohnungen für Besserverdienende wie z.B. afrikanische UNO-Angestellte.

Wir gingen auch der Frage nach, inwieweit zwischen NigerianerInnen und anderen AfrikanerInnen differenziert wird. Das Image von NigerianerInnen ist noch wahrnehmbar schlechter als das anderer AfrikanerInnen[10]. Tatsächlich kam es in 1/7 der Fälle zum Rückzug des Angebots, wenn als weitere Präzisierung der Herkunft des Afrikaners das Land Nigeria genannt wurde.

Deutlich besser sind die Chancen von AfrikanerInnen hingegen beim Erwerb von Wohnungseigentum, da nach dem Verkauf keine formale Verbindung zwischen Verkäufer und Käufer mehr erforderlich ist.

Die Akzeptanz von AfrikanerInnen in österreichischen Familien

Auch in Beziehungen leiden AfrikanerInnen unter einem sehr schlechten Image. Nur etwas mehr als 1/3 der AfrikanerInnen fühlt sich in Beziehungen von der Familie der PartnerInnen akzeptiert (Grafik 9):

Dies deckt sich weitgehend mit den Antworten von WienerInnen auf die Frage, ob sie AfrikanerInnen als Schwiegerkinder akzeptieren würden (Grafik 10, in %):

Die Welt der familiären Beziehungen ist der einzige Bereich, wo andere Zuwanderergruppen noch stärker als AfrikanerInnen abgelehnt bzw. unterschätzt werden, wobei die Religion im Vordergrund steht. Sowohl TürkInnen wie auch AraberInnen werden als Moslems noch weniger als Familienmitglieder gewünscht. Die wesentlichen Gründe der Ablehnung von AfrikanerInnen im familiären Umfeld liegen in

    • der Angst vor sozialer Deklassierung des eigenen Kindes: Etwa 2/3 der hier lebenden AfrikanerInnen sind Männer. Dementsprechend häufiger kommt es zu Beziehungen zwischen weißen Frauen und afrikanischen Männern. Da afrikanische Männer als a) leistungsschwach (siehe ihre Unterschätzung am Arbeitsmarkt) und b) als arm eingestuft werden, ist die Angst groß, dass die Familie sozial und materiell deklassiert werden könnte. Da auch in Österreich Frauen ca. 30% weniger als Männer verdienen, ist ein überproportional schlechtes Einkommen des Mannes mit einer stärkeren Armutsgefährdung verbunden als ein schlechtes Fraueneinkommen.

    • befürchteter sozialer und kultureller Inkompatibilität: Wie schon im Bereich der Wohnungssuche hat auch hier die Angst vor geringer Achtung der AfrikanerInnen vor lokalen Normen und Werten negative Auswirkungen auf ihre Wertschätzung. Ängste vor dem Verlust der Töchter an fremde Kulturen  bzw. vor mangelnder Verantwortung der AfrikanerInnen für die Kinder stehen hier im Vordergrund.

Einseitige Vorurteile oder Wechselspiel? Der Einfluss von Einstellungen und Eigenheiten afrikanischer ZuwanderInnen auf ihre Akzeptanz

AfrikanerInnen begegnen also viele Vorurteile, die sich meist drastisch auf ihre Chancen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft auswirken. Dennoch gibt es einen gewissen Handlungsspielraum und sie können mit verschiedenen Strategien und Einstellungen ihre Chancen in einer schwierigen Umgebung deutlich beeinflussen. 

Die Beherrschung der lokalen Sprache

Eines der positiveren Klischees gegenüber AfrikanerInnen besteht darin, dass ihnen meist Vielsprachigkeit zugeschrieben wird. Dies stimmt auch in einem hohem Maße, sprechen sie doch nach Eigenangaben im Schnitt 5,4 Sprachen. Dennoch verdeckt diese hohe Zahl die sprachlichen Schwächen eines substantiellen Teiles von ihnen auch nach langer Aufenthaltsdauer.

Es fällt dabei auf, dass anglophone und nicht anglophone AfrikanerInnen die lokale Sprache Deutsch in einem sehr unterschiedlichen Ausmaß beherrschen. So sprechen nach Eigenangaben 70,7% der Frankophonen gut Deutsch, aber nur 49,0% der Anglophonen. Unterschiede im erfolgreichen Spracherwerb bleiben unabhängig von der Aufenthaltsdauer bestehen, siehe dazu die nachfolgende Grafik 11 über die unterschiedliche Sprachkompetenz im Deutschen von Anglophonen und Nicht-Anglophonen:

Der anfänglich leichtere Einstieg von Anglophonen, sich mit substantiellen Teilen der lokalen Bevölkerung auf Englisch verständigen zu können, wirkt sich in einer geringeren Tendenz aus, tiefere Kenntnisse der deutschen Sprache zu erlangen. Dies ist langfristig verheerend, da sich ein besonders enger Zusammenhang zwischen einer guten Beherrschung des Deutschen und der Akzeptanz in verschiedenen Lebensbereichen zeigt. Die nachfolgende Grafik 12 zeigt, wie stark sich die unterschiedliche Sprachkompetenz in essentiellen Lebensbereichen auswirken kann:

Die positiven Auswirkungen guter Sprachkompetenz im Deutschen zeigen sich in allen Lebensbereichen:

    • Arbeitsplatz: Sowohl die Akzeptanz am Arbeitsplatz wie auch die Wahrscheinlichkeit eines qualifizierten Arbeitsplatzes steigen durch bessere Deutschkenntnisse deutlich an. Da Anglophone meist schlechter Deutsch als Frankophone sprechen, sind sie auch wesentlich seltener (24,3%) als Frankophone (38,1%) auf qualifizierten Arbeitsplätzen anzufinden.

    • Akzeptanz in der Partnerfamilie: Sprechen AfrikanerInnen besser Deutsch, werden sie in 50% der Fälle von der Familie der PartnerInnen akzeptiert, andernfalls nur in 21,7% der Fälle. Viele Missverständnisse können durch gute Verständigungsmöglichkeiten ausgeräumt werden. Gleichermaßen erleichtern gute Deutschkenntnisse auch die Integration in lokale Freundeskreise und das Aufbrechen anderer Barrieren.

    • Wohnungssuche: Auch die Wohnungssuche wird durch gute Sprachkenntnisse sehr positiv beeinflusst. Die gute Beherrschung der Sprache gibt dem Wohnungsvergeber auch Informationen über den Aufenthaltsschwerpunkt und die wahrscheinliche Stabilität des Mietverhältnisses. So fühlen sich französischsprachige AfrikanerInnen am Wohnungsmarkt weniger häufig zurückgewiesen als Englischsprachige[11], was vermutlich mit ihrer meist besseren Beherrschung der deutschen Sprache zusammenhängt.

Generell zeigt sich eine sehr unterschiedliche Akzeptanz von anglophonen und frankophonen AfrikanerInnen in verschiedenen Lebensbereichen, die großteils auf die unterschiedlich gute Beherrschung der deutschen Sprache zurückgeführt werden kann:

Tabelle 6: Integrationserfolge und Nationalsprache (in %)

  Erfahrungen von ..
Ich verfüge über Anglophonen Frankophonen
Ich arbeite auf einem qualifizierten Arbeitsplatz 24,3 38,1
Unter meinen  3 besten Freunden ist ein (weißer) Österreicher 32,4 43,9
Ich fühle mich von der Familie meines österr. Partners akzeptiert 36,9 57,1

Auch wenn die beste Sprachkenntnis nicht alle Vorurteile ausräumen kann, so kann sie doch die eigenen Chancen substantiell erhöhen.

Das Gefühl der Kontrolle über sein Schicksal

Afrika und die aus ihm hervorgegangenen Menschen mussten in den letzten Jahrhunderten sehr viel erleiden: Kolonialismus, Sklaverei, weitgehende Unterschätzung afrikanischer Kulturen und Menschen, gravierende Vorurteile, wirtschaftliche Probleme u.a. Es ist ein ziemlich großes Gepäckstück, welches die Beziehungen zu Weißen belastet und dennoch kann man damit unterschiedlich umgehen. Man kann zum Extrem neigen und eine Art Weltverschwörungstheorie aufbauen, dass die weiße Welt niemals zulassen werde, dass Afrika und die AfrikanerInnen ihren gebührenden Platz einnehmen werden. Man kann aber auch der Meinung sein, dass – aufbauend auf Persönlichkeiten wie Nelson Mandela in Südafrika oder Thomas Sankara in Burkina Faso – jeder letztlich selbst Herr/Frau seines Schicksals ist und dieses gestalten kann, auch wenn das Schicksal noch so widerspenstig erscheint.

Weltverschwörungstheorien begegnen vielen, die eng mit AfrikanerInnen zusammenarbeiten: Da werden oft geringe Investitionen in Afrika mit dem Rassismus des Kapitals begründet; da wird jeder korrupte Machthaber in Afrika als reines Produkt des Westens interpretiert; da ist jeder Konflikt fremdgesteuert, da ist jede weiße Handlung rassistisch wie z.B. die Weigerung von Frauen, mit afrikanischen Männern in der Disko zu tanzen[12]. In dieser Weltsicht gibt es keine Chancen für AfrikanerInnen. Es ist eine – vermutlich durch die Geschichte geprägte und oft von Sympathisierenden bestärkte – Weltsicht, die auch in schwarzen Populationen in anderen Weltregionen auftritt[13]. Es ist naheliegend, dass eine derartige Weltsicht eine starke fatalistische Tendenz aufweist und Kräfte raubt. Es ist naheliegend, dass sie stärker einer Resignation das Wort redet als einer Neubündelung der Kräfte und Reorientierung. Es erschien mir daher im Rahmen dieser Studie wichtig, den Zusammenhang zwischen dem Gefühl der Eigen- bzw. Fremdkontrolle über das Schicksal Afrikas/der AfrikanerInnen und der erzielten Akzeptanz in wesentlichen Lebensbereichen zu untersuchen.

Dazu beantworteten die afrikanischen Interviewten im Fragebogen, inwieweit sie verschiedene Ereignisse in Afrika auf externe Einflüsse oder auf interne Prozesse zurückführen: wie z.B. die Existenz von Diktaturen oder die Verantwortung für die schlechte ökonomische Situation der meisten afrikanischen Länder. Daraus ergab sich eine Maßzahl, die es erlaubte, die Befragten in verschiedene Gruppen einzuteilen:

    • eine Gruppe mit starker Betonung von Fremdbestimmung/-kontrolle: Sie umfasste 43,3% der Befragten;

    • eine moderate Gruppe mit 18,7% der Befragten;

    • eine Gruppe mit starker Betonung der (Eigen-)Kontrolle von AfrikanerInnen über das eigene Schicksal mit 38,0% der Interviewten.

Diese drei Gruppen zeichnen sich durch stark unterschiedliche Einstellungen, Interpretationen der Erfahrungen und Akzeptanzerlebnisse aus. So zeigen sie deutliche Unterschiede bei der Beurteilung der Gründe, welche zur Nichtakzeptanz von AfrikanerInnen in verschiedenen Bereichen führen. ‚Selbstbestimmte’ Personen verwenden deutlich seltener das Pauschalurteil Rassismus zur Erklärung von Zurückweisung:

Tabelle 7: Art der Kontrolle und Verwendung des Pauschalvorwurfs Rassismus

  Zustimmung bei Tendenz der (in %)
Argument Eigenkontrolle moderat Fremdkontrolle
AfrikanerInnen erhalten aus rassistischen Gründen keine Wohnungen 47,4 71,4 72,3
AfrikanerInnen erhalten aus rassistischen Gründen keine qualifizierte Arbeit 49,1 71,4 73,8

Es wäre jedoch eindeutig falsch, daraus abzuleiten, dass  AfrikanerInnen, welche behutsamer mit der schärfsten Verurteilung Rassismus umgehen, weniger kritisch sind. Im Gegenteil: sie sind in Detailfragen in der Regel deutlich kritischer als AfrikanerInnen, die zur Fremdbestimmtheit tendieren:

Tabelle 8: Problemanalyse und Kontrolle über eigenes Schicksal

  Zustimmung in Prozent bei Annahme der ..
AfrikanerInnen erhalten keine qualifizierten Arbeitsplätze, weil .. Eigenkontrolle moderat Fremdkontrolle
ihre Ausbildung unterschätzt wird 68,4 57,1 61,5
sie für unzuverlässig gehalten werden 73,7 50,0 50,8
weil sie für weniger belastbar gehalten werden 45,6 39,3 18,5
weil sie tatsächlich häufiger unpünktlich sind 36,8 21,4 15,4
weil sie für weniger intelligent gehalten werden 57,9 71,4 66,2
AfrikanerInnen werden als Wohnungsnachbarn nicht akzeptiert, weil      
man bei ihnen Geldprobleme vermutet 86,0 78,6 55,4
weil man Anpassungsprobleme befürchtet 64,9 64,3 53,8

AfrikanerInnen mit stärkerer Tendenz der Fremdkontrolle neigen häufiger dazu, Scheitern oder Zurückweisung mit dem Killerargument Rassismus zu erklären. AfrikanerInnen mit stärkerem Glauben an die Kontrolle über das eigene Schicksal urteilen analytischer und problemorientierter. Sie sehen statt einer generellen (rassistischen) Ablehnung spezifische Vorbehalte. Sie heben häufiger einzelne Einstellungen hervor, die ihre volle Integration erschweren. Sie nennen präzise Einstellungen, die zu Problemen für AfrikanerInnen führen können. Durch die Nennung eines gezielten Problems geben sie sich auch Handlungs- und Veränderungsmöglichkeiten. Wer AfrikanerInnen für unpünktlich oder wenig belastbar hält, ist vielleicht durch die Erfahrung des Gegenteils überzeugbar. Wie überzeugt man hingegen RassistInnen?

AfrikanerInnen in Österreich gerieten durch die Aktivitäten einer kleinen Minderheit von afrikanischen Dealern extrem in Verruf. Das Problem ist der African Community absolut bewusst, unklar ist, wie man damit umgehen sollte. Nach unseren Umfragen hält eine ganz klare Mehrheit der AfrikanerInnen Drogenhandel für ein schweres Verbrechen. Auch afrikanische Eltern in Wien fühlen ihre Kinder von diesem Drogenhandel bedroht. Viele AfrikanerInnen fühlen sich jedoch bereits jetzt so abgewertet, dass das öffentliche Eingeständnis, dass eine kleine Minderheit sogenannter ‚Brüder’ dealt, dass man deren Aktivitäten jedoch schärfstens verurteile, für sie fast einer Selbstaufgabe gleichkommt. Diesen Weißen gegenüber, die das eigene Schicksal derartig erschweren, wegen denen man weit unter seinem Bildungsniveau arbeitet, von denen man täglich abschätzige Blicke erntet, soll man eine Schwäche eingestehen? Besonders AfrikanerInnen mit einem starken Gefühl der Fremdbestimmung greifen auch hier als Gegenattacke häufiger zu Theorien der Verschwörung:

Tabelle 9: Selbstverantwortung und Meinungen zu Drogenhandel(n=154 AfrikanerInnen)

Aussagen zu Afrikanern und Drogenhandel

Zustimmung (in %) bei Tendenz der

Stimmen Sie zu? Eigenkontrolle moderat Fremdkontrolle
Es gibt kaum afrikanische Drogendealer 7,0 3,6 32,3
Die Schuld am Drogenhandel liegt bei den lokalen Konsumenten 29,8 25,0 47,7
Schuld ist vor allem die Hetze mancher Zeitungen 66,7 82,1 78,5
Schuld ist v.a. die Hetze einer Partei 42,1 53,6 72,3

Die Einschätzung des Ausmaßes der Kontrolle über das eigene Schicksal ist nicht nur eine Meinung, sie ist auch verhaltens- und resultatsrelevant. AfrikanerInnen mit dem Glauben an die Gestaltbarkeit des Schicksals schneiden in allen wesentlichen Lebensbereichen deutlich besser ab und finden auch eine weit bessere Akzeptanz:

Tabelle 10: Selbstverantwortung und Akzeptanz

  Zustimmung zu Aussagen bei Tendenz der (in %)
Aussagen Eigenkontrolle moderat Fremdkontrolle
Meine Arbeit entspricht meiner Qualifikation 34,1 25,0 16,2
Die WienerInnen würden mehrheitlich
AfrikanerInnen qualifizierte Jobs geben[14]
33,3 13,0 12,8
Maximal 3 von 10 Wienern vergeben keine Wohnungen an AfrikanerInnen[15] 38,4 39,1 24,6
Unter 3 besten Freunden ist ein(e) Weiße(r) 40,4 46,4 29,2

Die wesentlich besseren Chancen der Personen, die an Eigenkontrolle glauben, hängen mit ihrer wesentlich stärker ausgeprägten Problemlösungsorientierung zusammen. „Sie unterschätzen uns in diesem Kriterium. Wie kann ich sie vom Gegenteil überzeugen?“. Die Fremdkontrollierten sehen deutlich häufiger eine allgemeine Ablehnung, fast eine undurchdringliche und einförmige Mauer, den Rassismus, der alles und alle dominiert. Die extreme Betonung und unkritische Verwendung dieser Bezeichnung vermittelt oft den Eindruck der Unveränderlichkeit der Meinungen und der Zwecklosigkeit von vorurteilsabbauenden Maßnahmen und führt fast logisch in die Resignation. Diese Resignation mag durch die Annahme unüberwindbaren Rassismus mitunter allzu schnell erfolgen. Wozu die lokale Sprache mühsam lernen, wenn man unter keinen Umständen einen qualifizierten Arbeitsplatz bekommen würde? Wozu weiße Kontaktpersonen mühsam von der Gleichwertigkeit der eigenen Kulturen überzeugen, wenn diese unverbesserliche Rassisten sind? Wozu, wozu? AfrikanerInnen mit dem Gefühl der Fremdbestimmtheit bekommen zweifellos deutlich weniger Chancen von der Gesellschaft als vergleichbare Weiße. Sie geben dieser Gesellschaft aber auch deutlich weniger Chancen, umzulernen, Verhalten zu korrigieren oder einfach ein Missverständnis klarzustellen als AfrikanerInnen mit größerem Glauben an die Kontrolle über das eigene Schicksal.

Afrikanische Frauen neigen deutlich seltener als afrikanische Männer zum Gefühl der Fremdbestimmung (Verhältnis 25% : 50%), sie sind also hochgradig problemlösungsorientiert. Dies mag seinen Grund darin finden, dass afrikanische Frauen in der Regel deutlich mehr Barrieren als afrikanische Männer überwinden mussten, um den weiten Weg nach Europa zu schaffen. Die Überwindung dieser Hindernisse wird sich in den meisten Fällen sehr positiv auf das Selbstbewusstsein auswirken, was wiederum den Glauben an die Formbarkeit des Schicksals erhöht.

Das Gefühl der Fremdbestimmung scheint weitgehend mit Erfolglosigkeit zusammenzuhängen, der Eindruck der eigenen Kontrolle mit Erfolg. Dementsprechend glauben auch AfrikanerInnen mit höherem Einkommen deutlich häufiger an die Kontrolle über das eigene Schicksal: 56,3% der AfrikanerInnen mit einem Einkommen von über 1300 € gehören zu dieser Gruppe, bei den AfrikanerInnen unter 450 € Monatseinkommen sinkt der Prozentsatz auf 29,4%.

Zwischen den Welten – zwischen den Werten: Werte und Akzeptanz

Viele Vorurteile erschweren die Akzeptanz der AfrikanerInnen in Wien, aber nicht jede Zurückweisung kann als Missachtung anderer Kulturen gedeutet werden. Mitunter liegen einfach Wertekonflikte vor, die deutlich mehr der Zurückweisung erklären als das Schlagwort Rassismus. Dies betrifft besonders häufig die Zurückweisung durch die Familie der Partnerinnen. Diese Zurückweisung hängt in einem extrem hohen Ausmaß mit der Einstellung des afrikanischen Zuwanderers zur weiblichen Emanzipation zusammen. Wenn afrikanische Männer der Meinung sind, dass die weibliche Emanzipation nicht nach Afrika gehöre, werden sie fast dreimal häufiger von Wiener Familien zurückgewiesen. Die folgende Grafik 13 zeigt den extremen Anstieg der Zurückweisung durch die Partnerfamilie bei Ablehnung der Emanzipation.

Résumé:

Gegenüber AfrikanerInnen bestehen im Wesentlichen die historischen Vorurteile weiter fort. Afrika und seine Menschen bleiben für viele der Gegenpol zu modernen Gesellschaften und Persönlichkeiten und dies schließt die Zuschreibung von geringer geistiger Leistungsfähigkeit, von Rückständigkeit, anderen Wertesystemen und relativer Entwicklungsunfähigkeit ein. Diese Vorurteile stellen Barrieren dar, die von den Betroffenen nur schwer zu überwinden sind. Ungefähr ein Drittel der weißen ÖsterreicherInnen lehnt in den wesentlichen Lebensbereichen AfrikanerInnen ab, meist deutlich stärker als vergleichbare andere Zuwanderergruppen. Diese Ergebnisse der Meinungsforschung bestätigten sich auch in praktischen Feldforschungen. Dennoch zeigt sich, dass ein substantieller Teil der Barrieren durch die Wahl verschiedener Lernprozesse bzw. Einstellungen überwunden werden kann. Auch AfrikanerInnen werden nicht als uniforme Gruppe abgetan, sondern – mit Argusaugen – sehr wohl auch individuell beurteilt. Dies resultiert in sehr unterschiedlicher Akzeptanz verschiedener Gruppen afrikanischer Zuwanderer in wichtigen Bereichen ihres Lebens.

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[1] Institut für Afrikawissenschaften, Universität Wien.

[2] So betonte die Leiterin von Pamoja, (Vereinigung der ZuwanderInnen der 2. Generation) Evelyn Araba-Johnston, in einem informellen Gespräch u.a., dass dieselben ihre Vorbilder durchwegs eher im afro-amerikanischen als im afrikanischen Bereich sehen. Sie arbeitet an einer spezifischen Publikation zu afrikanischen ZuwanderInnen der 2. Generation.

[3] Daten von Statistik Austria für den Bezugszeitpunkt 1.1.2004

[4] Diese Zahl kann nur geschätzt werden, da es keinerlei Statistiken gibt, welche den Wohnort nach dem Nationalitätswechsel angeben. Zwischen 1990-2003 wurden 4662 Menschen aus Subsahara-Afrika eingebürgert, vorher – keine Statistik ist hierfür verfügbar – wohl auch an die 500 Menschen. Da verfügbare Statistiken für das Jahr 2000 zeigen, dass knapp die Hälfte der Einbürgerungen in Wien stattfinden, nehmen wir daher etwa 2500 Menschen aus Subsahara-Afrika an, die nunmehr mit österreichischer Nationalität in Wien leben.

[5] Siehe z.B. Akinyemi 2001: 88: „Das sog. ‚Rassenphänomen’ ist meiner Auffassung nach eher ein Problem der Weißen als das der Schwarzen […] Ich möchte nur festhalten, dass, während die Menschen in Afrika in der Diskussion grundlegender Themen, die die wesentlichen Menschenrechte betreffen, z.B. Armut, Ungleichheit und Unterentwicklung, weit fortgeschritten sind, die Menschen in Europa und Amerika noch immer durch diese sehr alte Kultur namens „Rassismus“ belastet und sogar ernstlich darin verwurzelt sind. Wir behaupten dabei nicht, dass es in Afrika keinen Rassismus gäbe. Die Afrikaner sind lediglich in dieser Angelegenheit bereits viel weiter fortgeschritten als die Europäer. […] Man ist geradezu zur Frage gezwungen, ob der Rassismus nicht eigentlich ein Teil der Kultur der weißen Völker ist.“

[6] Die weitgehende ‚Vermarktung’ von AfrikanerInnen durch sympathisierende Medien und Individuen bestärkt das gewohnte Bild des Edlen Wilden. Es ‚entschuldigt’ AfrikanerInnen häufig auf kindlichem Niveau. Diktatoren erklärt man ausschließlich mit intervenierenden ausländischen Mächten; Umweltzerstörung mit brutalen Holzkonzernen, die afrikanisches „Leben im Einklang mit der Natur“ unmöglich machen. Ethnische Konflikte erklärt man damit, dass die Ethnien erst durch die Weißen geschaffen worden wären. Korruption erklärt man mit den lockeren Geldbörsen der westlichen Konzerne, die den Idealismus der Regierenden Afrikas brechen. Wirtschaftliche Misserfolge und Fehlinvestitionen wie überdimensionierte Krankenhäuser im Heimatdorf eines Präsidenten kann man durch übel eingestellte westliche Berater erklären. Dealt ein Afrikaner mit Drogen, dann deshalb, weil er wegen Geldmangels keine Alternativen hatte. Damit prägt man erfolgreich das Bild von Menschen, Kindern gleich, die niemals für etwas verantwortlich sind, nie aus eigener Kraft etwas erreichen, niemals Hindernisse überwinden, in Minutenschnelle einer Gehirnwäsche unterzogen werden können und stets der Hilfe von stärkeren Weißen bedürfen, also optimale Voraussetzungen, um AfrikanerInnen als Konkurrenten auf Managerposten auszuschalten.

[7] Die Feldforschung wurde gemeinsam mit den KollegInnen Friedarike Santner und Eva Adam-Maxová durchgeführt.

[8] Die Feldforschung wurde gemeinsam mit Kollegin Bernadette Ludwig durchgeführt.

[9] Es stellt sich die Frage, inwieweit das „Eingreifen“ zweier „weißer“ österreichischen Vermittler das Ergebnis beeinflusste. Wir nehmen an, dass die Diskriminierung ohne unsere Vermittlung noch ein wenig höher ausgefallen wäre, weil wir als in dieser Gesellschaft Festverankerte eine zusätzliche Garantie für die afrikanischen Wohnungswerber darstellten.

[10] Der afrikanische Drogenhandel wird in der Öffentlichkeit besonders stark mit NigerianerInnen assoziiert.

[11] 22,5% der Frankophonen, aber 36% der Anglophonen halten WienerInnen am Wohnungsmarkt für hochgradig afrikanerfeindlich.

[12] Nur einige Beispiele aus Hunderten von Afrika-Veranstaltungen im AAI-Wien von 1992-98.

[13] Der afro-amerikanische Journalist Richburg (1998:185) „[…] weil viele Schwarze fest an eine große weiße Verschwörung glauben, die die Schwarzen unterdrückt, sie in Amerika nicht hochkommen lassen will. Auf der Straße, beim Frisör, in den Taxis von Washington, Detroit und anderen schwarzen Gemeinden haben die Anhänger der Verschwörungstheorie sogar einen Namen dafür: ‚Der Plan’.“

[14] Résumé einer komplexeren Abfrage im Fragebogen, wo nach dem Anteil der ‚Weißen’ gefragt wurde, der AfrikanerInnen keine qualifizierten Arbeiten anbieten würden.

[15] Résumé einer komplexeren Abfrage im Fragebogen, wo nach dem Anteil der ‚Weißen’ gefragt wurde, der AfrikanerInnen nicht als Wohnungsnachbarn akzeptieren würde.

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