Die Zeit spielt keine Rolle: über die relative Starrheit der Bilder von Afrika und den AfrikanerInnen

(Artikel in Buch John D. Pattillo-Hess/Mario R. Smole (Hrsg.), Fremdenhass und Heimatliebe. Die populistische Doppelmasse, Wien: Löcker Verlag 2012). (hier als PDF)

Die Zeit spielt keine Rolle

Über die relative Starrheit der Bilder von Afrika und den AfrikanerInnen

Klischeebilder über Menschen aus anderen Kulturen unterliegen einer ständigen Neuinterpretation. Während sich jedoch Bilder zu Menschen aus fernöstlichen Regionen in den letzten Jahrzehnten enorm veränderten, scheinen aktuelle Klischees von Afrikanern noch weitgehend mit den Bildern übereinzustimmen, welche aus den historischen Quellen der letzten Jahrhunderte erkennbar sind.

Manche geopolitischen und geographischen Eigenheiten des ‚Kontakts‘ haben zweifellos zur Konservierung und Homogenisierung der Bilder beigetragen. Klischees vom Anderen werden besonders häufig durch direkten Kontakt aufgelöst, wenn also das Bild vom Anderen offensichtlich im Widerspruch zum Erlebten steht. Dieser direkte Kontakt war jedoch mit Menschen aus Subsahara-Afrika nur ansatzweise möglich, weshalb Afrika und die Afrikaner für die Europäer durch die längste Zeit hindurch Terra Incognita blieben:

    • Die Austrocknung der Sahara seit etwa 7000 Jahren legte einen fast undurchdringlichen Wall zwischen Europa und Subsahara-Afrika;

    • ab dem späten 7. Jahrhundert kam mit dem islamischen Gürtel Nordafrikas auch eine menschliche Barriere dazu;

    • Erst ab dem 15. Jahrhundert waren die europäischen Seemächte in der Lage, auf dem Schiffweg manche gefährlichen Meerespassagen zu bewältigen und mit langsamem Fortschritt begrenzte Küstengegenden des südlichen Afrika zu ergründen.

    • Auch dieser beschränkte Kontakt erlaubte nur bescheidene Einblicke in den Entwicklungsstand des Kontintens, da die wesentlichen Reiche Afrikas in der Regel im Inneren des Kontinents lagen, wie z.B. das Königreich von Mali zwischen dem 13. und dem 15. Jahrhundert, das Königreich der Songhai zwischem dem 15.-17. Jh., den Hausa-Staaten, dem Kanuri-Königreich, dem Königreich der Ashanti usw.

Noch 1884/85, zum Zeitpunkt der sogenannten Berliner Kongo-Konferenz, als Afrika unter den westlichen Mächten aufgeteilt wurde, waren erst ca. 10% des Kontinents unter westlicher Kontrolle. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass die Zeit des intensiveren Kontakts Europas mit Subsahara-Afrika nicht älter als 120 Jahre alt ist.

Zum gleichen Zeitpunkt hatten die Araber und Berber in Nordafrikas bereits fast Tausend Jahre lang mehr oder weniger intensive Beziehungen zu größeren afrikanischen Reichen im Innern des Kontinentsaufgebaut, wie z.B. zum Königreich von Gana oder zum Königreich von Mali, Reiche, die jeweils an die 1,5 Millionen km2 Fläche umfassten.

So berichteten arabische Weltreisende in Geschichtsbüchern wie dem Tarikh el Fettach vom Glanz dieser Königreiche, von Timbuktu, einer der führenden Universitäten der islamischen Welt, in welcher im 16. Jahrhundert der Reichtum eines Mannes an der Zahl der von ihm besessenen Bücher gemessen wurde und deren führender Wissenschaftler, Ahmed Baba, an die 700 Werke verfasst haben soll[1].

Aber natürlich gab es nicht nur glanzvolle große Königreiche in Afrika, sondern auch sehr viele kleine Strukturen, denn Afrika hatte auch den Nachteil einer geringen Bevölkerungsdichte, welche eine Hypothek für breitflächige politische, technologische, militärische und wirtschaftliche Entwicklung war.

Die Begegnung mit Subsahara-Afrika und die direkte Konfrontation der alten Klischees mit eigenen Eindrücken konnte weitgehend erst erfolgen, als die Blütezeit der meisten afrikanischen Königreiche bereits vorbei war, eine Zeit, die Joseph Ki-Zerbo die Jahrhunderte des Zerfalls nannte.

Die ersten direkten Berichte über Subsahara-Afrika:

Die ersten direkten Kontakte mit Afrikanern waren von gegenseitiger Vorsicht und längst nicht von sofortiger Unterwerfung der Afrikaner geprägt, wie der VenetianerCadamosto feststellen musste, der in portugiesischen Diensten 1454 nach Westafrika segelte[2]:

„Diese Neger liefen zusammen, um mich zu sehen, als ob ich eine Wundererscheinung gewesen wäre. Es schien für sie eine neue Erfahrung zu sein, einen Christenmenschen zu sehen. Sie wunderten sich nicht weniger über meine Bekleidung als über meine weiße Haut. [..] Einige berührten meine Hände und Gliedmaßen und rieben meine Haut mit Speichel, um herauszufinden, ob das Weiß natürlich oder gefärbt sei.“

Eine Erfahrung ähnlich der vieler heutiger afrikanischer Zuwanderer in Europa machte der

Franzose Jannequin 1640 an der Guinea-Küste[3]:

„Diese barbarischen Menschen, welche vielleicht alle anderen Nationen nach sich selbst beurteilten, wagten nicht, sich uns zu nähern, um ihre Fische und ihr Wasser gegen unseren Tabak und Schiffszwieback einzutauschen: Sie benahmen sich vielmehr, wie wir uns Pestkranken gegenüber verhalten würden: unsere Leute waren gezwungen, das, was sie gegen Fische einhandeln wollten, ziemlich weit vom Schiff wegzutragen und dann umzukehren. Nachdem dies die Eingeborenen beobachtet hatten, kamen sie heran, holten, was man ihnen gebracht hatte, legten ihre Fische am selben Ort nieder und kehrten zu ihren Hütten zurück.“

Der anfänglichen Vorsicht folgten gnadenlose Urteile über lokale Bevölkerungen, nicht zuletzt deshalb, da die Mehrzahl der Seereisenden der damaligen Zeit wenig oder nicht gebildet und von niederem Status waren. Von ihrer erkennbaren militärischen und technologischen Überlegenheit schlossen sie auf Überlegenheit der eigenen Kulturen in allen zivilisatorischen Bereichen. Indem sie die Kontaktkulturen als primitiv abtaten, erhöhten sie gleichzeitig die eigene Position.

Je nach Art und Eigenheiten des Gegenübers wechseln auch die Definitionen von Massen und Massensymbolen:

    • Gegenüber dem islamischen Bereich grenzten und grenzen sich die Europäer durch das Kreuz ab;

    • Gegenüber den Subsahara-Afrikanern ist und war es eine angenommene deutlich höhere Zivilisationsstufe.

Ein anschauliches Bild der deprimierenden Vorstellungen von Afrikanern zeigt sich in Zitaten der europäischen geistigen Elite dieser Jahrhunderte.

Nach Voltaire, einer der Leitfiguren der Aufklärung, waren Subsahara-Afrikaner schwarze Tiere mit Wollhaar auf dem Kopf, die sich auf zwei Beinen fast so geschickt wie Affen bewegen und weniger stark als andere Tiere ihrer Größe seien. Die meisten Afrikaner seien in einem frühen Stadium der Dummheit, folgen bloß ihren Instinkten und seien außerstande, eine dauerhafte gesellschaftliche Basis ihrer Existenz zu begründen.[4]

„Ich sehe Affen, Elefanten, Neger, die alle eine unvollkommene Fähigkeit zum Denken aufweisen. Wenn ich diese nach meinem ersten Eindruck beurteile, würde ich eher dazu neigen, im Elefanten das intelligenteste Tier zu sehen.“[5]

Oder der deutsche Philosoph Hegel‘[6]:


»Der eigentümlich afrikanische Charakter ist darum schwer zu fassen,
weil wir dabei ganz auf das Verzicht leisten müssen, was bei uns in
jeder Vorstellung mitunter läuft, die Kategorie der Allgemeinheit. Bei
den Negern ist nämlich das Charakteristische gerade, daß ihr
Bewußtsein noch nicht zur Anschauung irgendeiner festen Objektivität
gekommen ist, wie zum Beispiel Gott, Gesetz, bei welcher der Mensch
mit seinem Willen wäre und darin die Anschauung seines Wesens hätte.
Zu dieser Unterscheidung seiner als des Einzelnen und seiner
wesentlichen Allgemeinheit ist der Afrikaner in seiner
unterschiedslosen Einheit noch nicht gekommen, wodurch das Wissen von
einem absoluten Wesen, das ein andres, höheres gegen das Selbst wäre,
ganz fehlt. Der Neger stellt, wie schon gesagt worden ist, den
natürlichen Menschen in seiner Wildheit und Unbändigkeit dar: von
aller Ehrfurcht und Sittlichkeit, von dem, was Gefühl heißt, muß man
abstrahieren, wenn man ihn richtig auffassen will; es ist nichts an
das Menschliche Anklingende in diesem Charakter zu finden.« (S. 155)

»Aus diesen verschiedentlich angeführten Zügen geht hervor, daß es die Unbändigkeit ist, welche den Charakter der Neger bezeichnet. Dieser Zustand ist keiner Entwicklung und Bildung fähig, und wie wir sie heute sehen, so sind sie immer gewesen.“

Daher verwundert es nicht, wenn hoch angesehene Nachschlagwerke wie die  EncyclopediaBritannica in einem Artikel zum Begriff negro  im Jahr 1797 folgendermaßen Auskunft gaben:

„Vices the most notorious seem to be the portion of this unhappy race – idleness, treachery, revenge, cruelty, impudence, stealing, lying, profanity, debauchery, and intemperance, are said to have extinguished the principal of natural law and to have silenced the reproofs of conscience. They are strangers to every sentiment of compassion, and are an awful example of man when left to himself.“

Man kann die historischen aggressiven Vorurteile gegenüber Afrikanern grob folgendermaßen zusammenfassen:

Afrikaner sind

    • weniger intelligent

    • weniger leistungswillig und –fähig

    • von schlechtem Charakter

    • sie sind gerade noch den Menschen zuzurechnen

    • verfügen jedoch über keine Zivilisation und Geschichte

    • sie sind unfähig, etwas zu schaffen

    • sie sind daher mehr Teil der Natur als der Zivilisation

Diesen aggressiven Klischeebildern stehen wohlgemeinte, aber oft kaum weniger desaströse gegenüber, wie das der Edlen Wilden ab dem 18. Jahrhundert. So schrieb Golbery 1785 nach einem Besuch in Westafrika[7]

„Der Afrikaner lebt im Stande kindlicher Unschuld; er ist frei und gut von Natur und genießt das volle Glück eines Menschen, für dessen Bedürfnisse eine gütige Schöpfung sorgt[8].“

Auch das alternative Klischeebild, das des edlen Wilden im Sinne Rousseaus, unterscheidet sich nur in wenigen Punkten vom oben skizzierten aggressiven Bild von Afrikanern. Diese seien:

    • Teil der Natur, dadurch noch wahre Menschen

    • von der Zivilisation unverdorben

    • aber genauso unfähig, Geschichte zu machen

    • eher Kindern gleich

Der wesentliche Unterschied zwischen dem Image der Edlen und der weniger Edlen Wilden liegt eher in der Frage, ob Kinder – als die man Afrikaner eher sah – von Natur aus gutartig sind oder böse und erst durch die Zivilisation zu guten Menschen geformt werden. Das aggressive Afrikanerbild sah in Afrikanern bösartige Kinder, das ‚wohlmeinende‘ gute Kinder.

Durch die Schwierigkeit des direkten Zugangs zu Subsahara-Afrika konnten einzelne Reiseberichte stärker meinungsbildend wirken, da ihnen keine Gegenöffentlichkeit gegenüberstand.

Unsicherheit, ob Afrikaner überhaupt Menschen seien und dementsprechende Terminologie

Es war – wie man Kommentaren wie den Voltaires entnehmen kann – sogar umstritten, ob man Afrikaner überhaupt zur Gattung der Menschen rechnen könne. Es war daher naheliegend, dass – ähnlich wie beim sprachlichen Kontrast von Gegebenheiten in menschlichen und tierischen Bereichen – für Afrikaner vergleichbare Sachverhalte ganz anders bezeichnet wurden als bei Europäern. Wo für Menschen im Gegensatz zu Tieren z.B. von Essen statt Fressen gesprochen wird, verwendete man bei Afrikanern u.a.

    • statt Volk Stamm

    • statt Bürgermeister Häuptling

    • statt HeiligenverehrungAhnenkult

    • statt Soldaten Krieger

    • statt Land Busch

    • statt Wallfahrtsorten animistische Kultorte

Es fällt leichter, in starren Klischees zu verbleiben, wenn die Sprache als weiterer Filter der Wahrnehmung tätig wird. Ich habe einige Zeit unter den MaasaiKenyas gelebt, deren Soldaten in praktisch allen Quellen als Krieger bezeichnet werden. Ob man jemand anderem jedoch ein soldatisches Auftreten (assoziiert häufig u.a. mit Disziplin) oder ein kriegerisches Auftreten (assoziiert v.a. mit Streitlust) zuschreibt, kann erhebliche Auswirkungen auf die Analyse der Handlungen des Anderen bewirken.

Die starren Bilder Afrikas ließen sich auch durch einzelne gegenteilige Eindrücke nicht erschüttern. Ein treffendes Beispiel dafür ist die Persönlichkeit von Angelo Soliman[9] (1721-96), welcher entweder in Nigeria/Kamerun oder Südäthiopien geboren wurde und – von Sklavenhändlern verkauft – nach Messina gelangte. Er wurde zuerst an den kaiserlichen Gouverneur von Sizilien, Fürst Johannes Georg Lobkowitz, verschenkt und trat nach dessen Tod 1755 in den Dienst von Fürst Wenzel Liechtenstein in der Wiener Innenstadt ein. Durch seine Vielsprachigkeit, seine hohe Kultur, sein exzellentes Kartenspiel wurde er am Hofe sehr geschätzt und soll sogar ‚Schutzgeist der Bedrängten‘ gewesen sein, deren Probleme er an den Fürsten weiterleitete. Er wurde sogar in die Freimaurerloge „Zur wahren Eintracht“, welche sich aus den Mitgliedernder politischen und künstlerischen Elite Wiens zusammensetzte, aufgenommen und ging als Hofmeister in Pension.

Dass diese erstaunliche Karriere trotz seines Status als Afrikaner geschah, zeigte sich 1796 nach seinem Tode: Er wurde ausgestopft  und bis 1806 halbnackt im neu gegründeten k. u. k. Hof-Naturalienkabinett unter wilden afrikanischen Tieren ausgestellt. Damit wurde er sozusagen wieder von der Zivilisation in die Natur zurückbefördert.

Die heutigen Vorurteile gegenüber Afrikanern[10]

2000-2002 Jahren befragten wir 712 Wiener und WienerInnen sowie 154 Afrikaner zu gegenseitigen Erfahrungen und Vorurteilen in verschiedenen Bereichen.

Um die Antworten der weißen Mehrheitsbevölkerung besser deuten zu können, wurden zusätzlich auch eine Reihe ähnlicher Fragen zu 6 weiteren Zuwanderergruppen gestellt, wie zu Chinesen, Japanern, Arabern, Türken, Italienern und Ex-Jugoslawen. Mit diesem kontrastiven Ansatz wollten wir herausfinden, in welcher Weise regionale, religiöse und materielle Herkunft eine Rolle bei der Zuschreibung von Vorurteilen spielen.

Bereits die Ebene der Assoziationen (‚Was fällt Ihnen als Erstes ein, wenn Sie an …. denken?‘)  zeigte eine Dominanz der naturgebundenen Assoziationen bei Afrikanern. Etwa ein Viertel assoziierte mit ihnen direkt Wildnis, Busch, Urwald, Rückständigkeit etc. Bei den Assoziationen mit Japanern dominierten hingegen moderne Bereiche der Zivilisation wie z.B. die Technik wie Autos oder  Kameras. Etwa ein Fünftel assoziierte mit Afrikanern das alte aggressive Afrikabild, nämlich das des ‚bösen Kindes‘, wenn auch v.a. mit dem modernen Vorwurf des Drogenhandels. Etwa ein Sechstel der Assoziationen beschrieb Afrikaner v.a. als Menschen mit Problemen, als klassische Opfer und drängte sie auch dadurch in die Kinderrolle, welche Erwachsener (weißer Hautfarbe) benötigt, um ihrer Probleme Herr/Frau zu werden.

Kein einziger der 712 Befragten assoziierte mit Afrikanern Macherpersönlichkeiten,  wie z.B. Nelson Mandela oder Koffi Annan. Persönlichkeiten wie Nelson Mandela sind vielen Menschen bekannt, doch werden sie auch von Wohlmeinenden nicht als typisch für den afrikanischen Kontinent und seine Bevölkerung eingestuft.

Auch die genauere Untersuchung der einzelnen Vorurteilsbereiche stützte die aus der Assoziationsanalyse gewonnenen Ergebnisse.

Geringere geistige Leistungsfähigkeit der Afrikaner

Afrikaner werden von substantiellen Gruppen als ungeeignet für moderne Leistungsgesellschaften gesehen:

    • etwa ein Viertel nimmt an, dass Afrikaner weniger intelligent als andere abgefragte Gruppen seien;

    • etwa ein Drittel der Befragten würde Afrikanern keine qualifizierten Arbeitsplätze anbieten[11]. Dies hängt neben der Zuschreibung geringerer Intelligenz auch mit der Zuschreibung geringerer Arbeitsmotivation zusammen: Fast 2/3 trauen Japanern explizit eine hohe Arbeitsmotivation zu, aber nur ein Viertel Afrikanern.

Sozial nicht kompatibel und notorische Brecher lokaler Normen und Gesetze:

Afrikanern wird von substantiellen Teilen der Mehrheitsbevölkerung Respekt vor lokalen Gesetzen und Normen abgesprochen. Auch auf die Frage, ob sich die genannten Zuwanderungsgruppen in Österreich akzeptabel verhalten, bleibt die Mehrheit der Bevölkerung misstrauisch. Nur 48,2% sind der Ansicht, dass sich Afrikaner in Österreich akzeptabel verhalten. Nur muslimische Gruppen, also Araber und Türken, schnitten in diesem Punkt gleich schlecht (Türken) oder nur geringfügig besser (Araber) ab.

Die freiheitliche Politikern Helene Partik-Pablé, erstaunlicherweise Richterin, vertrat diese aggressiven Vorurteile in extrem pauschalierender Weise sogar im Parlament:

„… Erkundigen Sie sich doch einmal bei den Beamten über die Art der Schwarzafrikaner! Sie schauen nicht nur anders aus, wie Sie heute gesagt haben, sondern sie sind auch anders, und zwar sind sie ganz besonders aggressiv. Das liegt offensichtlich in der Natur dieser Menschen. Sie sind meist illegal da, sie sind meistens Drogendealer, und sie sind ungeheuer aggressiv, wenn sie von Exekutivbeamten beanstandet werden.“[12]

Dementsprechend gering ist auch die Akzeptanz von Afrikanern am Wohnungsmarkt. 28% der Befragten würden an Afrikaner sicherlich keine Wohnung vermieten, deutlich mehr als an die eigentlich weniger bekannten Japaner, welche von ‚nur‘ 12% als Mieter abgelehnt werden.

Der einzige Bereich, in welchem eine andere Zuwanderergruppe noch schlechter eingestuft wird, findet sich im Bereich der möglichen Einheiratung. Hier lehnt zwar etwa ein Drittel kategorisch Afrikaner als Schwiegersöhne/-töchter ab, aber noch mehr würden islamische Schwiegersöhne/-töchter ablehnen.

Die Relikte des Klischees des edlen Wilden

Auch das Klischee des Edlen Wilden ist nach wie vor präsent, nicht nur in der Studie, sondern auch in vielen Reaktionen von mit Afrikanern sympathisierenden Personen, welche fast automatisch Entschuldigungen für alle in Afrika und Afrikanern auftretende  Katastrophen und Scheitern suchen. Dann wird dahinter systematisch weißes Eingreifen oder weiße Schuld vermutet. In einem Internet-Forum schreibt der User florian w(pkt) über afrikanische Dealer:

„Ich nehme an, Sie meinen die braven Österreicher,  verkaufen Waffen, Industrieabfälle und ähnliches an diese Länder. Sorgen durch abstruse Subventionen im eigenen Land, daß diese Länder keine Chance haben, einen wirtschaftlichen Aufschwung erleben. Geben ihnen keine Möglichkeit, nach einer Flucht aus ihrem Land bei uns ihren Unterhalt zu verdienen und wundern uns, wenn sie Drogen verkaufen. Was sollen sie denn sonst machen?[13]

Denn Afrikaner sind – wie es dem Klischee des Edlen Wilden entspricht – von Natur aus gut, ganz im Gegensatz zu den durch die moderne Zivilisation verdorbenen Menschen im Westen.

Die österreichische Entwicklungszusammenarbeit betreibt seit vielen Jahren ein engagiertes und sinnvolles Projekt des Kulturaustausches. Führende afrikanische und österreichische Musiker machen gemeinsame Konzerte sowohl in Afrika wie auch in Österreich. Die an sich ausgezeichnete entwicklungspolitische Zeitschrift Südwind interviewte den bekannten österreichischen Musiker Roland Neuwirth nach seiner Rückkehr von einer derartigen Konzerttournee[14]:

 „Am meisten beeindruckt hat mich auf den Kapverdischen Inseln, und zwar auf allen vier Inseln, die wir angeflogen sind, die Freundlichkeit der Leute. Die Menschen sind unglaublich offen, haben so reine Augen, überhaupt nicht verschlagen oder hintergedankenträchtig, eher so wie Kinder.“

Eher so wie Kinder … also nicht Erwachsene, also nicht voll verantwortlich für eigene Tätigkeiten und deren Folgen, also bedürfen sie des Schutzes durch starke und engagierte weiße Helfende, denn alleine können sie ihre (von uns verursachten) Probleme nicht bewältigen …

Sie sind Opfer und fast per Definition auch die einzig denkbaren. Sogar in an sich wertvollen wissenschaftlichen Werken, welche explizit der Aufklärung von Vorurteilen gewidmet sind, finden sich Passagen, welche Afrikaner zu den einzig denkbaren Opfern und dementsprechend Nichtafrikaner, besser Weiße, daher automatisch in Konflikthandlungen zu Tätern machen. So schreibt die deutsche Wissenschaftlerin Susan Arndt im Nachschlagewerk Afrika und die deutsche Sprache, welches engagiert sprachliche Vorurteile gegenüber Afrikanern untersucht, u.a.:

„Weil Weiße nicht Rassismus ausgesetzt sind und auch durch Sprache nicht rassistisch diskriminiert werden ..“[15]

Angesichts der spezifisch deutschen und österreichischen Vergangenheit mit extremsten Formen des verbalen wie nonverbalen Rassismus gegenüber weißen Bevölkerungsgruppen, nämlich v.a. den Juden, ist eine derartige Aussage aus dem Munde einer Wissenschaftlerin zumindest überraschend.

Diese Verkindlichung der Afrikaner, ihre automatische Entschuldigung, ihre Darstellung als ewige Opfer, als Menschen, welche ohne die Hilfe engagierter Weißer ihre Probleme nicht bewältigen können, haben teilweise desaströse Auswirkungen auf die Lebenssituation von Afrikanern in der Diaspora. Denn diese Zuwanderer sind häufig überdurchschnittlich qualifiziert[16] und bewerben sich in Österreich und Deutschland dementsprechend auch häufig für qualifizierte Arbeitsstellen. Auf diesen sind jedoch Personen mit Durchsetzungsqualität gefragt und nicht Personen, welche ständig scheitern und Hindernisse nur mit Hilfe anderer überwinden können. Daher können derartige Auswüchse des Engagements für Afrikaner deren Chancen am qualifizierten Arbeitsmarkt empfindlich beeinträchtigen, vielleicht nicht weniger als aggressive Vorurteile.

Die Ebene der Bezeichnungen: auch hier nur langsamer Wandel

Nach wie werden weitgehend unterschiedliche Begrifflichkeiten für afrikanische und europäische Sachverhalte eingesetzt, wie im Punkt Unterschiedliche historische Begrifflichkeiten aufgeführt wurde. Dies kann man mit gängigen Internet-Suchmaschinen leicht selbst überprüfen, wie bei der Verwendung von google.at am 20.2.2011, z.B.:

    • Die Bezeichnung „Massai-Stamm“ wurde 5x häufiger verwendet als „Massai-Volk“[17]

    • Die Bezeichnung „Massai-Krieger“ findet sich häufig, aber kein einziges Mal „Massai-Soldaten“

Gegenbilder der befragten Afrikaner

Während Afrikanern von substantiellen Teilen der weißen Mehrheitsbevölkerung im Wesentlichen Zivilisation, Lern- und Leistungsfähigkeit sowie soziale Kompatibilität abgesprochen wird, zeigen die Interviews mit den befragten Afrikanern kontrastive Massensymbole, nach deren Tendenzen Afrikaner noch wahre Menschen sind, die weiße Mehrheitsbevölkerung jedoch mehr dem Typ der seelenlosen und mitunter aggressiven Maschinen entspricht:

    • Weiße sind Maschinen, Afrikaner haben Gefühle und sind Menschen;

    • Weiße sind unsozial, Afrikaner sozial

    • Weiße sind Täter, Afrikaner Opfer

    • Weiße sind Fremdenfeinde, Afrikaner fremdenfreundlich

Als Beispiel mag der unten genannte Auszug aus einem Artikel eines nigerianischen Universitätslehrers dienen[18]:

Das sog. „Rassenphänomen“ ist meiner Auffassung nach eher ein Problem der Weißen als das der Schwarzen […] Ich möchte nur festhalten, dass, während die Menschen in Afrika in der Diskussion grundlegender Themen, die die wesentlichen Menschenrechte betreffen, z.B. Armut, Ungleichheit und Unterentwicklung, weit fortgeschritten sind, die Menschen in Europa und Amerika noch immer durch diese sehr alte Kultur namens „Rassismus“ belastet und sogar ernstlich darin verwurzelt sind. Wir behaupten dabei nicht, dass es in Afrika keinen Rassismus gäbe. Die Afrikaner sind lediglich in dieser Angelegenheit bereits viel weiter fortgeschritten als die Europäer. […] Man ist geradezu zur Frage gezwungen, ob der Rassismus nicht eigentlich ein Teil der Kultur der weißen Völker ist. Ich möchte diese Frage hier nicht behandeln, aber die Erfahrungen von Afrikanern in Europa wie auch in Amerika scheinen diese These nicht zu widerlegen.

Sehr unterschiedliche Akzeptanzerfahrungen afrikanischer Subgruppen

Eine genauere Analyse der Erfahrungen, Einstellungen und Eigenschaften der afrikanischen Zuwanderer zeigt, dass verschiedene Subgruppen deutlich bessere Akzeptanzerfahrungen alos andere machen:

 

    • Geschlecht: Afrikanische Frauen scheinen deutlich bessere Erfahrungen zu machen als Männer. Dies hängt in hohem Maße damit zusammen, dass die aggressivsten Vorurteile – wie z.B. die Assoziation mit Drogenhandel – vorwiegend afrikanische Männer betreffen;

    • Nationalsprache: Anglophone Afrikaner scheinen in allen Integrationsbereichen deutlich schlechter abzuschneiden als frankophone Afrikaner. Dies scheint wesentlich mit den im Schnitt besseren Deutschkenntnissen der frankophonen Zuwanderer zusammenzuhängen. Während anglophone Afrikaner einen leichteren Einstieg in die lokale Gesellschaft vorfinden, da viele Personen Englisch sprechen, sind frankophone Afrikaner viel eher zum Erlernen des Deutschen gezwungen, was ihnen später sowohl auf dem qualifizierten Arbeitsplatz wie auch im persönlichen Bereich deutlich bessere Chancen bietet.

    • Gefühl der Fremdkontrolle: Wer – wie substantielle Gruppen der afrikanischen Zuwanderer – tendenziell der Ansicht zuneigt, dass Weiße niemals schwarzen Erfolg zulassen würden, dass es also fast so etwas wie eine weiße Weltverschwörung gegen Schwarze gibt, schneidet in praktisch allen Integrationsbereichen deutlich schlechter ab als Personen, welche tendenziell der Ansicht sind, dass es natürlich eine Reihe von Vorurteilen gegenüber Afrikanern gibt, dass man jedoch letztendlich selbst seines Glückes Schmied ist. Sowohl Personen mit dem Gefühl der Fremdkontrolle wie auch der Eigenkontrolle machen oft erste negative Erfahrungen in Österreich. Personen mit der Einschätzung der Fremdkontrolle resignieren nach diesen jedoch deutlich schneller, pauschalieren selbst deutlich häufiger und geben auch der lokalen Gesellschaft deutlich weniger Chancen, zu beweisen, dass sie nicht dem ersten Eindruck entspricht.

Die Akzeptanz der für Afrikaner verwendeten Bezeichnungen durch die Bezeichneten:

Das vor wenigen Jahrzehnten für Zuwanderer aus Afrika dominant verwendete Wort Neger wird von praktisch allen befragten Afrikanern als hochgradig rassistisch betrachtet und verschwindet durch Aufklärung mehr und mehr aus dem Sprachgebrauch der weißen Bevölkerungsmehrheit. Da sich jedoch die Ebene der mit Afrikanern verbundenen Bilder und Assoziationen nicht grundlegend wandelte, werden zunehmend auch die Begriffe, welche an die Stelle des Wortes Neger traten, gleichermaßen abgewertet. Als wir 1992 erstmals die Frage stellten, wie Afrikaner die für sie verwendeten Bezeichnungen einstufen und welche Bezeichnungen sie für sich selbst vorschlagen, war das Wort Schwarzafrikaner nach der Bezeichnung Afrikaner bei den befragten Afrikanern der zweitbeliebteste Wunschbegriff und wurde von nur 8,1% der Befragten als unangenehm oder verletzend eingestuft, 73% stuften ihn sogar als positiv ein[19]

Seither führten wir regelmäßig[20] Untersuchungen zur Akzeptanz dieser Bezeichnungen durch, wobei es hier zu einem dramatischen semantischen Wandel kam. Während der Begriff Neger weiterhin als extrem verletzend aufgefasst wird, der Begriff Farbiger als relativ selten verwendet eingestuft wird, hat sich die ursprünglich überwiegend positive Reaktion auf die farbbezogenen Begriffe Schwarzafrikaner und Schwarzer dramatisch verändert:

Während der Begriff Schwarzafrikaner 1992 noch eine extrem positive Resonanz unter Menschem mit subsaharanischen Migrationshintergrund fand, für viele sogar die Wunschbezeichnung darstellte, findet heute eine Mehrheit (52,6%) der Afrikaner in Wien den Begriff verletzend oder abwertend und ein substantieller Teil (40,4%) findet den Begriff Schwarzer ähnlich belastet. Dies ist sehr wahrscheinlich die Folge der Kontinuität der negativen mit Afrikanern verbundenen Bilder. Da sich zwar die Terminologie wandelte, nicht aber die dahinter stehenden Bilder, wurden die neuen Begriffe im Laufe der Zeit wieder mit den alten abwertenden Bildern beladen. Es ist daher zu befürchten, dass auch ein neuerlicher Begriffswechsel aufgrund der Proteste der African Community in Österreich zu einer vergleichbaren Abwertung der neu einzuführenden Begrifflichkeiten führen wird, solange sich die traditionellen Bilder in den Köpfen der Bevölkerungsmehrheit nicht verändern.

Sind die Bilder zu Afrikanern unveränderlich?

Obwohl aus dem öffentlichen Bildungswesen inklusive der staatlichen Medien die bedenklichsten Inhalte gegenüber Afrikanern verschwunden sind, scheint die Meinungsänderung der Bevölkerungsmehrheit deutlich langsamer vor sich zu gehen. Dies mag mit zwei wesentlichen Phänomenen zusammenhängen:

    • Die Gegenwart ermöglicht durch den leichten und schnellen Zugang zu Informationen zunehmend das Leben in Parallelwelten. Wenn man bestimmte Einstellungen aufweist, kann man sich leichter als früher fast gänzlich in eine Informationswelt flüchten, in welcher diese Vorurteile bestätigt werden können. Zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte kann man sich weitgehend aussuchen, von welchen Medien man geprägt werden will, d.h. man sucht sich die Medien nach seiner Prägung aus. So konsumieren türkische Zuwanderer in Österreich deutlich häufiger türkische Fernsehstation als österreichische[21]. Ein Jugendlicher, dem die Meinungen der lokal dominierenden Medien zu konservativ sind, findet Tausende von Internetseiten und Medien mit Inhalten, die seinen Ansichten eher entsprechen.

    • Darüber hinaus ist nach wie vor die Anzahl von Afrikanern in Österreich relativ gering, wodurch viele Vorurteile nicht direkt überprüft werden können, d.h. der sogenannte Rassismus ohne Kenntnis der abgewerteten Gruppen ist hier besonders häufig.

Angesichts dieser doppelten Barrieren zur Meinungsänderung sollten die Menschen dort abgeholt werden, wo sie keine Möglichkeit der Ausfilterung unerwünschter Meinungen haben, nämlich im Bereich der direkten Begegnung.

Die Funktionsweise von Vorurteilen hat viel mit der Logik von Wahrscheinlichkeitsrechnungen gemeinsam. Aus ersten Informationen/Annahmen – oft aus dem familiären Kreis – entstehen erste und durch den Mangel an Kontakt voerst nicht verifizierbare Einstellungen. Negativen Informationen über die Zielgruppe stehen keine positiven gegenüber, daher ist es für den Lernenden logischer, eine Arbeitshypothese zu bilden, nach der Mitglieder der besprochenen Gruppe wahrscheinlich „so sind“. Je länger sich kein Kontakt mit den durch die Klischees bezeichneten Personen ergibt und  je länger man innerhalb der gleichen Gruppe mit ähnlichen Anschauungen bleibt, desto mehr erstarren und verfestigen sich die Klischees.

Abbau von Klischees durch Kontakt leichter als durch Information

Der Modifikation und der Abbau von Hypothesen/Klischees durch direkten Kontakt ist deutlich leichter und wirksamer als durch die Aufnahme von Informationen. Man weiß, dass zum gleichen Sujet oft sehr unterschiedliche Meinungen  kursieren und dass Informationen auch verfälscht oder gefiltert weitergegeben werden können. Hat man das Vorurteil entwickelt, dass Afrikaner Weißen intellektuell unterlegen seien und hört man in einer Radiosendung, dass Afrikaner gleich intelligent seien, so muss man das nicht unbedingt glauben. Man kann spezifische Medien ablehnen und ihre Informationen als tendenziös ablehnen, man wird gleichzeitig Hunderte Internetseiten finden, in welchen man in seiner Abwertung der Afrikaner bestätigt werden wird. Wenn jedoch ein konkreter Mensch vor einem steht, der durch ein Maß an Kompetenz und Zivilisation überrascht, welche man ihm durch seine Gruppenzugehörigkeit nicht zugetraut hätte, kann man die eigene Überraschung nicht als tendenziöse Einstellung/Meinung abtun. Hier steht ein unleugbarer Gegenbeweis gegen die eigene Arbeitshypothese. Lernt man einzelne Personen aus der mit Klischees beschriebenen Gruppe kennen und liefern diese auffallend andere Eindrücke als die erwarteten, kann man anfangs noch diese Personen als untypisch für die beschriebene Gruppe auffassen, als Ausnahmen, und seine Meinungen beibehalten. Lernt man mehrere Personen aus dieser Gruppe kennen, die dem vermuteten Bild widersprechen, wird man seine Hypothesen meist modifizieren oder aufgeben müssen.

Erfolgreiche Bildungspolitik zum Abbau von Klischees müsste daher folgenden Prinzipien folgen:

    1. sie sollte in einem frühen Alter der Vorurteilsträger beginnen, um eine Verkrustung/Erstarrung früher Vorurteile weitgehend zu unterbinden;

    1. sie sollte Meinungsänderung vor allem durch direkten Kontakt mit Mitgliedern der abgewerteten Gruppen bewirken wollen.

ad 1: Eine ‚Impfung‘ gegen die Erstarrung der frühkindlich überlieferten Vorurteile könnte im Besuch von Afrikanern in Kindergärten/Horten liegen, welche aus der Welt afrikanischer Märchen und Kinderwelten erzählen. Viele Afrikaner können mit Kindern ausgezeichnet umgehen und würden meist einen positiven und bleibenden Eindruck hinterlassen.

ad 2: Eine größere Zahl von Mitgliedern der African Community sollte dem Einzelnen unerwartet an kompetenter Stelle begegnen können. Deren erhöhte Sichtbarkeit an diesen Stellen könnte von Seiten des Staates und der Stadt bewusst gefördert werden[22].

Wir wissen aus einer Vielzahl von Studien, dass sich bildungsferne Schichten überdurchschnittlich stark von Zuwanderern bedroht fühlen (Ängste um Arbeitsplatz etc.) und dass es daher unter ihnen überdurchschnittlich häufig negative Bilder von Zuwanderern gibt .  Wie bereits angeführt, vermuten viele Menschen bei Afrikanern, dass diese der Gesellschaft nichts nichts nützen, da sie intellektuell unterlegen und leistungsunfähig sind und der Gesellschaft als Sozialfälle nur zur Last fallen.

Ein hypothetisches Projekt zum Feindbildabbau von bildungsfernen Jugendlichen:

Man könnte daher afrikanische EDV-Experten – von denen es in Österreich gar nicht so wenige gibt – bei Schulungen von Jugendlichen mit schlechterer Ausbildung einsetzen, um diese z.B. Netzwerktechniken zu lehren. Dies könnte die Berufschancen der Jugendlichen wesentlich verbessern. Dadurch könnten sie Afrikaner bei diesen Ausbildungsprojekten als Helfende in ihrer Situation erleben und nicht als Konkurrenten, was dem Vorurteil entgegenstehen würde, dass Afrikaner Sozialparasiten seien und der Gesellschaft nichts nützen. Darüber hinaus wären die Jugendlichen wohl überrascht, dass Afrikaner äußerst komplexe Sachverhalte beherrschen, die sie wenigen zutrauen. Ihre Vorurteile, dass Afrikaner geistig unterlegen wären, wären einer harten Prüfung ausgesetzt. 

Wie effizient persönlicher Kontakt beim Abbau von Vorurteilen ist, zeigt sich auch in deutlich besseren Bildern von Afrikanern bei jüngeren Menschen. Viele jüngere Menschen kennen Afrikaner vom Kindergarten oder von der Schule her, sie konnten ihre möglicherweise vorher bestehenden Klischeebilder anhand konkreter Personen überprüfen. Nach unseren Untersuchungen können sich nur 28% der über 55jährigen vorstellen, mit Afrikanern befreundet zu sein, bei den unter-25jährigen sind es immerhin 63%. In praktisch jedem Vorurteilsbereich haben jüngere Menschen deutlich seltener Vorurteile gegenüber Afrikanern als ältere Menschen.  Ein wesentlicher Faktor dafür dürfte auch ihre wesentlich  bessere Vertrautheit mit diesen sein.

Die Dauerhaftigkeit der historischen Klischeebilder von Afrikanern wurde durch den Mangel an Kontakt mit dieser Gruppen wesentlich erleichtert. Mit den nun zunehmend besseren Kontaktmöglichkeiten besteht Hoffnung, dass diese Vorurteile zwar wohl nie gänzlich verschwinden werden, die Häufigkeit ihres Auftretens in einigen Jahrzehnten jedoch deutlich reduziert werden wird.  

Literatur:

Bitterli, Urs. 1970. Die Entdeckung des schwarzen Afrikaners. Versuch einer Geistesgeschichte der europäisch-afrikanischen Beziehungen an der Guineaküste im 17. und 18. Jahrhundert. Zürich: Atlantis.

Ebermann, Erwin (Hrg.). 2007 (3. Auflage). Afrikaner in Wien – zwischen Mystifizierung und Verteufelung. Berlin: LIT.

Ki-Zerbo, Joseph. 1978. Histoire de l’Afrique Noire. Paris: Hatier.

Sauer, Walter (Hrg.). 1996. Das afrikanische Wien. Wien: Mandelbaum.


[1] Hunwick, J.D. Ahmad Baba and the Moroccan Invasion of the Sudan (1591)‘. Journal of the Historical Society of Nigeria, ii, 3, 1962, 311-28.

[2]Crone C.R.  The voyages of Cadamosto (London 1937), S. 49

[3]Jannequin C., Voyage du Libye au royaume du Sénégal, le long du Niger. Paris 1643, S. 43f.

[4] Auszüge aus “ Essai sur les moeurs “ et “ Traité Métaphysique“ : Leurs yeux ronds, leur nez épaté, leurs lèvres toujours grosses, leurs oreilles différemment figurées, la laine de leur tête, la mesure même de leur intelligence, mettent entre eux et les autres espèces d’hommes des différences prodigieuses. Et ce qui démontre qu’ils ne doivent point cette différence à leur climat, c’est que des Nègres et des Négresses, transportés dans les pays les plus froids, y produisent toujours des animaux de leur espèce, et que les mulâtres ne sont qu’une race bâtarde d’un noir et d’une blanche, ou d’un blanc et d’une noire.

[5] Je vois des singes, des éléphants, des nègres, qui semblent tous avoir quelque lueur d’une raison imparfaite. Les uns et les autres ont un langage que je n’entends point, et toutes leurs actions paraissent se rapporter également à une certaine fin. Si je jugeais des choses par le premier effet qu’elles font sur moi, j’aurais du penchant à croire d’abord que de tous ces êtres c’est l’éléphant qui est l’animal raisonnable.

[6] Hegel, Georg Wilhelm Friedrich. Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. Im Kapitel ‘Geographische Grundlage der Weltgeschichte S.204ff.

[7] Dem gegenüber behauptet der französische Geistliche Dermant in seiner „Nouvellehistoire de l’Afriquefrancaise“ aus dem Jahre 1767:

„Dieses Volk das keinerlei Reichtümer erstrebt, sich mit wenig zufrieden gibt und keinerlei Auskünfte für seine Bekleidung und Unterkünfte hat, arbeitet nur soweit dies nötig ist, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten; dieses Volk […] lässt die Erde ungenutzt, ahnt nichts von deren Fruchtbarkeit oder verachtet diese und kennt die übrigen Bequemlichkeiten des Lebens nicht […] fremd sind ihm die Verleumdungen, Lästerungen, Prozesse, Verschlagenheit, Betrügereien […] deren man sich anderswo bedient, um Reichtümer anzuhäufen […] und es hat keinerlei [sic.] Ursache, die Ruhe des Nachbarn zu stören“17

[8]Golbéry 1785, zitiert in Bitterli 1970:85

[9] Informationen zu Soliman aus Sauer 1996:34-40

[10] Die nachfolgend zitierten Beispiele von gegenseitigen Einschätzungen zwischen Schwarz und Weiß stammen aus Ebermann 2007. Die Ergebnisse dieser Forschung und die daraus resultierenden Analysen werden regelmäßig im Rahmen von Lehrveranstaltungen zur Integration von AfrikanerInnen am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien überprüft, wobei Gruppen von Studierenden Erhebungen unter der weißen Mehrheitsbevölkerung wie auch unter Personen mit afrikanischem Migrationshintergrund durchführen. Im Wesentlichen können die Aussagen aus dem genannten Werk bis heute aufrechterhalten werden.

[11]Um diese theoretischen Aussagen zu überprüfen, bewarben wir uns bei konkreten Postenausschreibungen in großen Tageszeitungen sowohl im Namen von jeweils konstruierten weißen wie auch schwarzen Bewerbern. Wir konstruierten dabei auch für die schwarzen Bewerber günstige Voraussetzungen: sie waren nach ihrer Biographie mit der lokalen Nationalität versehen, wiesen wie die weißen Bewerber Matura auf und waren aufgrund besserer angegebener Sprachkenntnisse sogar geringfügig besser als ihre weißen Phantombewerber qualifiziert. Dennoch wurden von unseren 21 weißen männlichen Bewerbern 18 zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, von unseren 21 schwarzen männlichen Bewerbern aber nur 8. Bei den weiblichen Bewerberinnen fielen die Unterschiede zwischen Schwarz und Weiß weit weniger drastisch aus. Wir nehmen an, dass dies damit zusammenhängt, dass einige der aggressivsten Klischeebilder, wie z.B. Drogenhandel, v.a. mit afrikanischen Männern verbunden sind.

[12] Die freiheitliche Parlamentsabgeordnete Helene Partik-Pablé in einer Parlamentsdebatte am 11.5.1999.

[13] Siehe http://derstandard.at/2206623?seite=2

[14] Südwind Nr. 9/1999, S. 30

[15] Arndt, Susan & Antje Hornscheidt (Hg.). 2004. Afrika und die deutsche Sprache. Münster: Unrast. S. 30.

[16] Nach Eigenangaben wies ca. 1/3 der Befragten unserer Studie einen akademischen Hochschulabschluss auf und ca. ¾ eine Ausbildung auf Maturaniveau.

[17] Die Massai sind Rinderzüchter in den ostafrikanischen Ländern Tansania und Kenia.

[18] Akinyemi, Rasheed. 2001. Der afrikanische Sozialismus als ein visionäres Modell für die Identität und den Aufbau von Nationen in Afrika. In: Kumpfmüller, Karl. 2000: Europas langer Schatten, 85-92. Wien.

[19] s. Ebermann, Erwin. 1992. Die Schwarzafrikaner und die Österreicher. In: Treffpunkt Studienförderung. Studienjahr 1991/92, S. 6. Wien: Afro-Asiatisches Institut.

[20] Die Erhebungen werden am Institut für Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien im Rahmen einer Lehrveranstaltung zu AfrikanerInnen in Österreich unter Beteiligung zahlreicher Studierender durchgeführt.

[21] 76% der türkischen Migranten konsumieren fast täglich türkischsprachiges Fernsehen, das österreichische Fernsehen wird von nur 30% genutzt. Siehe Potkanski, Monika. 2010. Türkische Migrant/-innen in Österreich: Zahlen. Fakten. Einstellungen. ÖIF-Dossier 13. Wien: Integrationsfonds.

[22] Seit dem 21.2.2011 moderiert zum ersten Mal eine Afro-Österreicherin eine der beliebtesten Nachrichtensendungen des staatlichen Fernsehens ORF. Ich könnte mir vorstellen, dass dies sehr positive Auswirkungen auf verschiedene Einstellungen zu Afrikanern haben könnte.


 

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